Nach der Bestimmung des § 10 Abs. 2 S. 1 Nichtehelichengesetz a.F., die das Bundesverfassungsgericht mehrfach für mit dem Grundgesetz, insbesondere mit Art. 6 Abs. 5 GG, vereinbar erklärt hatte,[43] wurde auch nichtehelichen Kindern beim Ableben des Vaters ein Erbersatzanspruch gegen die Erben in Höhe des Wertes des Erbteils zuerkannt, allerdings beschränkt auf die nach dem 1.7.1949 geborenen, im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Nichtehelichengesetzes also nach seinerzeitigem Recht volljährig gewordenen Kinder. Die daraus resultierende Ungleichbehandlung war vom Bundesverfassungsgericht u.a. im Hinblick auf die seinerzeit noch bestehenden praktischen und verfahrensmäßigen Schwierigkeiten beim Nachweis der Abstammung von vor diesem Zeitpunkt geborenen nichtehelichen Kinder sowie damit gerechtfertigt worden, dass das "Vertrauen" des Erblassers und seiner Familie in den Fortbestand der Stichtagsregelung ebenfalls einen gewissen Schutz verdiene.[44]

Nach der Wiederherstellung der deutschen Einheit wurde die genannte Stichtagsregelung im Hinblick auf die Gleichstellung der nichtehelichen Kinder mit ehelichen Kindern in der ehemaligen DDR nach Maßgabe von Art. 235 § 1 Abs. 2 EGBGB dahingehend modifiziert bzw. relativiert, dass einem vor dem 3.10.1990 im Gebiet der ehemaligen DDR nichtehelich geborenen Kind die gleiche Erbberechtigung zustand wie einem ehelichen Kind, wenn der Erblasser nach dem 3.10.1990 verstorben war und zu diesem Zeitpunkt im Gebiet der ehemaligen DDR wohnhaft war. Die daraus wiederum resultierende Ungleichbehandlung zwischen denjenigen unehelichen Kindern, deren Erblasser im Zeitpunkt der Wiederherstellung der deutschen Einheit, also am 3.10.1990, in der ehemaligen DDR wohnhaft war, und denjenigen nichtehelichen Kindern, deren Vater dagegen im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wohnte, hat eine Kammer des BVerfG im Jahr 1996 im Hinblick auf die "gesellschaftlichen Verhältnisse, die der Gesetzgeber bei Erlass des Nichtehelichengesetzes in der Bundesrepublik vorgefunden hat", und diejenigen der "in einer ganz anderen gesellschaftlichen Situation geborenen nichtehelichen Kinder in der ehemaligen DDR" weiterhin für gerechtfertigt erklärt.[45]

[43] BVerfG, Beschl. v. 8.12.1976, BVerfGE 44, 1; BVerfG(K), Beschl. v. 3.7.1996 – 1 BvR 563/96, juris.
[44] Vgl. erneut BVerfG v. 8.12.1976, BVerfGE 44, 1 (31 ff.). Demgegenüber hat es das Gericht allerdings in seinem 10 Jahre später ergangenen Beschl. v. 18.11.1986 (BVerfGE 74, 33) beanstandet, dass einem nichtehelichen Kind ein gesetzliches Erbrecht oder ein Erbersatzanspruch nach seinem Vater nur zustand, wenn bei dessen Tod die Vaterschaft anerkannt, rechtskräftig festgestellt oder das gerichtliche Verfahren zur Feststellung der Vaterschaft anhängig war, und deshalb die dahingehende, durch das Nichtehelichengesetz in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügte Bestimmung des § 1934c BGB für mit Art. 6 Abs. 5 GG unvereinbar und nichtig erklärt.
[45] BVerfG(K), Beschl. v. 3.7.1996 – 1 BvR 563/96, juris.

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