Der genetische Vater, der die rechtliche Vaterschaft einnehmen will, soll eine bereits bestehende rechtliche Vaterschaft unmittelbar nach der Geburt anfechten können, ohne dass auf eine sozial-familiäre Beziehung zwischen rechtlichem Vater und Kind Rücksicht zu nehmen wäre.[42] Einen konkreten Vorschlag, welche kurze Frist hier angemessen wäre, macht der AK nicht, verweist nur darauf, es seien Fristen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren nach der Geburt diskutiert worden. Bei Anfechtung durch den genetischen Vater innerhalb dieses Zeitraumes komme der genetischen Abstammung verbunden mit dem Willen zur Übernahme der Elternschaft größeres Gewicht zu als dem Willen des rechtlichen Vaters und der Mutter.[43]

Weiterhin solle der Gesetzgeber klarstellen, dass eine sozial-familiäre Beziehung des Kindes zum genetischen Vater neben einer solchen Beziehung des Kindes zum rechtlichen Vater berücksichtigt und gewichtet werden soll. Eine zum Zeitpunkt der Anfechtung nicht mehr bestehende sozial-familiäre Beziehung des Kindes zum rechtlichen Vater soll der Anfechtung durch den genetischen Vater nicht entgegenstehen können. In den Fällen, in denen eine sozial-familiäre Beziehung des Kindes zum rechtlichen und zum genetischen Vater bestehe, könne weder dem rechtlichen noch dem genetischen Vater von vornherein ein Vorrang eingeräumt werden; vielmehr seien die widerstreitenden Interessen im Einzelfall abzuwägen.[44] Zu den insoweit maßgeblichen Kriterien sagt der AK nichts, verweist aber darauf, dass die Kriterien der sorgerechtlichen Kindeswohlprüfung für die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung nicht sachgerecht seien, weil es nicht darum gehe, dem "besseren" Vater die rechtliche Elternstellung zuzuweisen. Für die geltende Rechtslage hat der BGH noch kürzlich klargestellt, dass abweichend von einer in Rechtsprechung[45] und Literatur[46] vertretenen Auffassung eine bestehende sozial-familiäre Beziehung zwischen rechtlichem Vater und Kind eine Anfechtung durch den genetischen Vater selbst dann ausschließt, wenn Letzterer eine intensivere sozial-familiäre Beziehung zum Kind unterhält.[47]

[42] Abschlussbericht S. 31, Kernthese 8; Abschlussbericht S. 53, These 30.
[43] Abschlussbericht S. 53.
[44] Abschlussbericht S. 52, These 29.
[45] OLG Hamm FamRZ 2016, 2135.
[46] JurisPK/Nickel, Stand 16.8.2017, § 1600 Rn 45 f.
[47] BGH FF 2018, 118 ff. mit Anm. Keuter.

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