I. Vorschläge für sprachliche Veränderungen
Auch wenn die Experten als "Arbeitskreis Abstammungsrecht" ihren Bericht erstellt haben, möchten sie doch das "Abstammungsrecht" durch den Begriff "rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung" ersetzt sehen. Der Begriff "Abstammung" rufe zu Unrecht die Assoziation hervor, es gehe ausschließlich um Personen, die genetisch miteinander verwandt seien. Die genetische Abstammung sei aber nur ein, wenn auch zentrales Prinzip für die rechtliche Zuordnung der Eltern. Weitere auch für den AK maßgebliche Prinzipien seien u.a. Rechtsklarheit, Rechtssicherheit und Verlässlichkeit, ferner die Trennung von Primär- und Sekundärzuordnung, der Wille zur rechtlichen Elternschaft, das Verursacherprinzip, die tatsächliche Verantwortungsübernahme, Nichtdiskriminierung und nicht zuletzt das Kindeswohl.
Ob sich dieser neue Begriff wird durchsetzen können, erscheint mir zweifelhaft. Das Argument, von der Fixierung auf die biologische Zeugung abzurücken, ist zwar zweifellos zutreffend. Andererseits hat sich der Begriff "Abstammung" im Sprachgebrauch eingebürgert und es spricht nichts dagegen, die vom AK aufgelisteten Prinzipien im Abstammungsrecht zu berücksichtigen, wie dies ja auch im geltenden Recht bereits zumindest teilweise geschieht. Buch 2 Abschnitt 4 des FamFG künftig möglicherweise als "Verfahren betreffend die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung" überschrieben zu sehen, erscheint recht sperrig. Den Begriff der rechtlichen Eltern-Kind-Zuordnung allerdings gleich als "grotesk" zu bezeichnen, halte ich für völlig überzogen.
Der AK verabschiedet sich auch von der Verwendung des Begriffs der "leiblichen Mutter". Dieser rechtlich und medizinisch unscharfe Begriff umfasse sowohl die genetische Mutter als auch die "Geburtsmutter" (alternativ: "Schwangerschaftsmutter" oder "austragende Mutter"); beides könne, müsse aber nicht zwingend zusammentreffen. Der "leibliche Vater" bezeichne zwar den biologischen und damit auch genetischen Vater, der Begriff solle aber möglichst "wegen der Unschärfe des Begriffs bei der Mutter" auch nicht länger verwendet werden.
II. Festhalten an bewährten Prinzipien
1. Zwei-Eltern-Prinzip
Der AK hält daran fest, dass ein Kind rechtlich nicht mehr als zwei Eltern gleichzeitig haben soll. Das ist keinesfalls diskussionslos: Forderungen nach einer "pluralen Elternschaft" sind in mehr oder minder großem Ausmaß in den vergangenen Jahren immer wieder erhoben worden. Konkurrenz um eine Elternstelle kann es z.B. geben, wenn der genetische Vater mit dem Ehemann der Mutter um die rechtliche Vaterschaft streitet, bei der Familiengründung in lesbischen Beziehungen oder auch in Fällen eines "3-Eltern-Babys" bei einem – im Ausland möglicherweise legal – vorgenommenen "Vorkerntransfer". Tatsächlich kennt ja auch das deutsche Recht eine Mehrelternkonstellation, begründet allerdings nur durch Volljährigenadoption mit schwachen Wirkungen nach §§ 1767, 1770 BGB, da in diesen Fällen die verwandtschaftlichen Beziehungen des Angenommenen zu den bisherigen Eltern unberührt bleiben. Der AK will aber – m.E. mit guten Gründen – am bisherigen Zwei-Eltern-Prinzip festhalten. Die Einräumung der rechtlichen Elternschaft auf mehr als zwei Personen würde nach der Auffassung des AK Inhaberschaft und Ausübung der elterlichen Sorge vor allem nach Trennung ebenso verkomplizieren wie Fragen der Unterhaltspflicht, des Erbrechts und des Namensrechts. Wer als Praktiker täglich mit den elterlichen Auseinandersetzungen um Sorge- und Umgangsrechts befasst ist, mag sich gar nicht die Probleme im Einzelnen vorstellen, die entstehen können, wenn entsprechende Streitfragen nicht nur zwischen zwei, sondern drei oder noch mehr Personen auftauchen – von den Loyalitätskonflikten für die betroffenen Kinder ganz zu schweigen. Ob das Bundesverfassungsgericht eine rechtliche Mehrelternschaft akzeptieren würde, erscheint ebenfalls zweifelhaft, hat es doch u.a. im Beschluss vom 9.4.2003 wörtlich ausgeführt:
Zitat
"Ein Nebeneinander von zwei Vätern, denen zusammen mit der Mutter jeweils die gleiche grundrechtlich zugewiesene Elternverantwortung für das Kind zukommt, entspricht nicht der Vorstellung von elterlicher Verantwortung, die Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG zugrunde liegt."
Der AK hält es dagegen mit großer Mehrheit für möglich, einzelne Teile der Elternverantwortung an mehr als zwei Personen zu übertragen. Zutreffend verweist er darauf, dass dies zum Teil schon nach geltendem Recht erfolgt, z.B. beim Umgangs- und Auskunftsrechts des genetischen, nicht rechtlichen Vaters nach § 1686a BGB oder beim "kleinen" Sorgerecht für soziale Eltern (§ 1687b BGB). Zu unterstreichen ist aber der Hinweis des AK, bei etwaigen Ausweitungen des P...