[1] I. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen einen Sorgerechtsentzug nach § 1666 BGB für seine beiden minderjährigen Kinder in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren.

[2] 1.a) Der Beschwerdeführer ist Vater einer erwachsenen Tochter und zweier minderjähriger Kinder, eines im Jahr 2004 geborenen Sohnes und einer im Jahr 2007 geborenen Tochter. Die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern leben getrennt. Ihr Verhältnis ist konfliktbehaftet. Der Beschwerdeführer lebte zeitweilig in einem Container und wohnt jetzt in einer Obdachlosenunterkunft. Die Kinder lebten zunächst bei ihrer Mutter. Nachdem ihr eine Zwangsräumung gedroht hatte, wurde die Mutter ab 2007 für vier Jahre von einer Familienhilfe unterstützt. Anfang 2017 berichtete die Grundschule der Tochter, dass diese verwahrlost wirke, kaum spreche und verstört erscheine. Hieraufhin wurde erneut eine Familienhilfe installiert. Die Zusammenarbeit der Eltern mit dem Jugendamt gestaltete sich schwierig. Termine wurden nicht wahrgenommen. Das Mädchen wies am Schuljahresende 2016/2017 diverse Fehlzeiten auf. Mangels Entscheidung der Eltern über die weitere Schullaufbahn der Tochter besuchte diese zu Beginn des Schuljahrs 2017/2018 zunächst gar keine Schule mehr. Aufgrund wiederkehrend geäußerter Suizidgedanken des Sohnes empfahl eine Kinder- und Jugendtherapeutin eine stationäre Behandlung des Jungen. Daraufhin ließen die Eltern ihn zunächst in einer Tagesklinik behandeln, brachen diese Behandlung jedoch gegen den Rat der Fachärzte ab. Die Tochter wurde ambulant in der Kinder- und Jugendpsychiatrie behandelt.

[3] b) Auf Gefährdungsmeldungen des Jugendamts hin leitete das Amtsgericht ein Kindesschutzverfahren ein. Mit angegriffenem Beschl. v. 5.10.2017 entzog das Amtsgericht den Eltern im Wege einstweiliger Anordnung für beide Kinder zunächst ohne mündliche Erörterung das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Regelung der ärztlichen Versorgung, das Recht zur Zuführung zu medizinischen Behandlungen, das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten und das Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen nach §§ 27 ff. SGBV III und ordnete diesbezüglich eine Ergänzungspflegschaft an.

[4] c) Die Kinder wurden am 6.10.2017 in einer Inobhutnahmegruppe untergebracht.

[5] d) Aufgrund des Antrags der Eltern auf erneute Entscheidung aufgrund mündlicher Erörterung hörte das Amtsgericht die Kinder, die Eltern, die Ergänzungspflegerin, die Verfahrensbeiständin und das Jugendamt am 16.10.2017, 17.10.2017 und am 19.10.2017 persönlich an. Im Termin sagten die Eltern zu, eine Erziehungsberatung in Anspruch zu nehmen, bei der Regelung des Umgangs mit ihren Kindern kooperativ mitzuwirken, die beanstandete Wohnungssituation zu verbessern (Reinigung, Möbelbeschaffung) und eine Beratungsstelle wegen häuslicher Gewalt aufzusuchen. Die Eltern sollten die Gelegenheit erhalten, die Kooperation mit dem Jugendamt wieder aufzunehmen, um die geforderten Maßnahmen umzusetzen. Im November 2017 hörte das Amtsgericht die Beteiligten nochmals an. Das Jugendamt teilte insbesondere mit, dass keine Kommunikation mit den Eltern stattfinde, die eigentlich problematischen Punkte – häusliche Gewalt, Vernachlässigung und psychische und physische Gefährdung der Kinder – nicht abgewendet worden seien und die Eltern hierzu keine Fragen beantworteten. Die Ergänzungspflegerin teilte mit, dass die Mutter zwar bemüht sei. Gleichwohl sei die Wohnung derzeit noch nicht bewohnbar. Auch die psychischen Bedürfnisse der Kinder könnten in der Familie nicht erfüllt werden.

[6] Mit angegriffenem Beschl. v. 23.11.2017 bestätigte das Amtsgericht seine einstweilige Anordnung, da weiterhin eine Gefährdung des Kindeswohls bestehe. Im Abschlussbericht der Kinder- und Jugendpsychiatrie vom 1.9.2017 zum tagesklinischen Aufenthalt des Sohnes sei die Hauptdiagnose einer mittelgradigen depressiven Episode gestellt worden. Dennoch hätten die Eltern das Kind gegen den ausdrücklichen ärztlichen Rat wieder aus der Tagesklinik herausgenommen. Nach dem während der ambulanten Behandlung der Tochter erstellten Bericht habe sich das Mädchen auf einer Gesamtskala im Störungsbereich "Depression" auffällig gezeigt. Im Störungsbereich "Angst" und "soziale Phobie" sei das Kind ebenfalls sehr auffällig gewesen. Im Kontakt habe sich das Mädchen sehr scheu, unsicher und misstrauisch sowie in depressiver Stimmung gezeigt. Im Rahmen der gerichtlichen Ermittlungen habe sich ergeben, dass bei den Eltern keine hinreichende Problemeinsicht vorhanden sei. Damit fehle es an einer ausreichenden Grundlage für die Zusammenarbeit mit den sozialen Diensten. Zwar sei die Wohnung der Mutter inzwischen besser eingerichtet. Dies allein genüge jedoch nicht. Denn es fehle den Eltern an der ausreichenden Einsicht in die konkreten psychischen und physischen Probleme ihrer Kinder. Angesichts der Erfahrungen aus der Vergangenheit und den Bekundungen, nur in Grenzen bereit zu sein, Hilfe anzunehmen, sei eine ausreichende Mitwirkung der Elt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge