Die Leistungsfähigkeit der elternunterhaltspflichtigen Kinder ist vielfach ein zentraler Prüfungspunkt in Elternunterhaltsfällen. Die Wege, erhöhte Leistungsfähigkeit zu erzielen, sind vielschichtig. Ein Sozialhilfeträger machte nach Erbringen von Sozialleistungen aus übergegangenem Recht einen Anspruch auf Elternunterhalt geltend. In einem Verfahren wurde die Tochter der mittlerweile verstorbenen Mutter in Anspruch genommen. Diese war verheiratet und bezog Vorruhestandsbezüge. Mit ihrem Ehemann, vom Sozialhilfeträger in einem Parallelverfahren für seine verstorbene Mutter ebenfalls auf (rückständigen) Elternunterhalt in Anspruch genommen, bewohnte sie eine Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von 91 m². Ihr jeweils hälftiges Miteigentum übertrugen sie im Oktober 2014 schenkweise auf ihre Tochter und behielten sich ein lebenslanges Nießbrauchsrecht vor. Der Sozialhilfeträger verlangt von den Ehegatten die Rückforderung der Schenkung, um daraus im erweiterten Umfang Elternunterhalt leisten zu können.
Zur Bemessung der Leistungsfähigkeit des elternunterhaltspflichtigen Kindes ist auf dessen laufende Einkünfte und Gebrauchsvorteile abzustellen. Die Grundsätze zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit von verheirateten Kindern für den Elternunterhalt gelten auch dann, wenn beide Ehegatten ihren jeweiligen Eltern zum Unterhalt verpflichtet sind. Dass gleichzeitig auch aufseiten des anderen, über geringere Einkünfte verfügenden Ehegatten eine Unterhaltspflicht gegenüber dessen Elternteil besteht, zwingt nicht zu einer Modifikation der Berechnungsmethode. Denn die Leistungsfähigkeit zur Zahlung von Elternunterhalt ist auch für diesen auf der Grundlage eines individuellen Familienbedarfs zu ermitteln.
Ein Rückforderungsanspruch nach § 528 Abs. 1 BGB rechnet zum einsetzbaren Vermögen gemäß § 1603 Abs. 1 BGB. Der Anspruch setzt nach § 528 Abs. 1 S. 1 BGB voraus, dass der Schenker nach Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen. Der Anspruch setzt nicht voraus, dass diese beiden gesetzlichen Alternativen erfüllt sind. Er kann vielmehr auch dann gegeben sein, wenn allein die Fähigkeit zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten nach der Schenkung vermindert oder ausgeschlossen ist.
Sinn und Zweck des Anspruchs ist es, dem Schenker zu erlauben, mithilfe des zurückgewährten Gegenstands seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen. Dem Gesetzeszweck, die Erfüllung bestehender Unterhaltspflichten zu ermöglichen, kann die Rückforderung nur dienen, wenn durch die Rückgewähr des geschenkten Vermögensgegenstands die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit hergestellt oder gesteigert werden würde. Das setzt aber grundsätzlich voraus, dass der Unterhaltspflichtige aus dem verschenkten Gegenstand entweder (weitere) unterhaltsrelevante Erträge ziehen könnte oder ihn insoweit eine unterhaltsrechtliche Verwertungsobliegenheit treffen würde. Ergibt sich aus der Rückgewähr dagegen keine Verbesserung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Schenkers, könnte ein Rückforderungsanspruch seinen Zweck nicht erfüllen und scheidet daher aus. Es mangelt vorliegend bereits an den Voraussetzungen für eine Schenkungsrückforderung nach § 528 Abs. 1 BGB. Die infolge der Schenkung veränderte Vermögenslage hat zu keiner Beeinträchtigung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit der Tochter geführt. Denn hinsichtlich des Miteigentumsanteils an der selbst genutzten Eigentumswohnung traf diese neben der bestehenden Nutzungsobliegenheit keine Obliegenheit zur Vermögensverwertung.