a) Abzug von berufsbedingten Aufwendungen: Fahrtkosten zur Arbeitsstelle
Berufsbedingte Aufwendungen sind vom Einkommen abziehbare Werbungskosten, wenn sie zur Einkommenserzielung notwendig sind. Sie können pauschal in Höhe von 5 % des Nettoeinkommens angesetzt werden, wenn hinreichende Anhaltspunkte für eine Schätzung bestehen. Ansonsten, insbesondere im Mangelfall, sind sie im Einzelnen darzulegen, konkret aufzuschlüsseln und nachzuweisen. Wenn den Unterhaltspflichtigen gemäß § 1603 Abs. 2 BGB eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit gegenüber minderjährigen Kindern trifft, kann ein Unterhaltspflichtiger, der die Wegstrecke zu seiner Arbeitsstelle mit dem privaten Pkw zurückgelegt, auf die Inanspruchnahme der kostengünstigeren öffentlichen Verkehrsmittel zu verweisen sein. Dies gilt auch, wenn dies umständlich ist; ein arbeitstäglicher Zeitaufwand von 2½ bis 3 Stunden erscheint zumutbar. Der Verweis auf die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel kommt auch dann in Betracht, wenn bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen die berufsbedingten Fahrtkosten zu dem erzielten Nettoeinkommen außer Verhältnis stehen.
b) Wohnvorteil des barunterhaltspflichtigen Elternteils
Das OLG Brandenburg vollzieht die Rechtsprechung des BGH zum Wohnvorteil beim Kindesunterhalt nach und bemisst diesen bei der Leitungsfähigkeit des barunterhaltspflichtigen Elternteils auf den objektiven Mietwert der Immobilie (hier im Miteigentum der Eltern). Es legt dem barunterhaltspflichtigen Elternteil die Obliegenheit auf, einen Gesamtschuldnerausgleichsanspruch gegen den anderen, das Kind betreuenden Elternteil zu realisieren, um seine wirtschaftliche Situation zu verbessern.
c) Voraussetzungen fiktiver Einkommenszurechnung
Den Unterhaltspflichtigen trifft die Obliegenheit, im Interesse der Unterhaltsberechtigten seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen. Tut er dies nicht, so muss er sich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit fiktive Einkünfte anrechnen lassen, die er durch eine angemessene und zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen könnte. Der gesteigert Unterhaltspflichtige kann sich gegenüber seinen minderjährigen Kindern deshalb nicht darauf berufen, eine völlig unwirtschaftliche Tätigkeit zu ihren Lasten fortsetzen zu wollen. Die Ermittlung des fiktiv zurechenbaren Einkommens kann sich etwa auf das Tarifregister Nordrhein-Westfalen und das WSI-Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung stützen. Die jeweilige Lebens- und Arbeitsbiografie des Unterhaltspflichtigen ist in die Beurteilung einzubeziehen.
Dem Unterhaltspflichtigen kann auch bei Verstoß gegen die gesteigerte Erwerbsobliegenheit nur ein solches Einkommen fiktiv zugerechnet werden, das er realistischerweise erzielen kann.
Im Rahmen der gesteigerten Erwerbsobliegenheit des § 1603 Abs. 2 BGB können dem Unterhaltspflichtigen fiktive Einkünfte aus einer Nebentätigkeit zugerechnet werden, soweit ihm eine solche Tätigkeit unter Abwägung seiner von ihm darzulegenden besonderen Lebens- und Arbeitssituation sowie gesundheitlichen Belastungen mit der Bedarfslage des Unterhaltsberechtigten zumutbar ist. Dabei ist u.a. zu prüfen, ob es Nebentätigkeiten entsprechender Art überhaupt auf dem Arbeitsmarkt gibt und ob der Aufnahme einer solchen Tätigkeit rechtliche Hindernisse entgegenstünden, wobei auch insoweit die Darlegungs- und Beweislast beim Unterhaltspflichtigen liegt.