Ungeregelt sind nahezu alle Gebiete, in denen die personenstandsrechtliche Geschlechtsbestimmung vorausgesetzt wird, etwa bei der Wahl des Betriebsrats oder im Arbeits- und Anti-Diskriminierungsrecht (vor allem § 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 AGG). Im Familienrecht wird die Frage des Geschlechts vor allem im Abstammungsrechts relevant, denn § 1591 BGB definiert "Mutter" als Frau, die ein Kind gebiert. Vater ist nach §§ 1592 ff. BGB stets ein "Mann". Es fehlt eine Regelung für Personen, die "divers" sind oder gar keinen Geschlechtseintrag aufweisen. Darüber hinaus fehlt eine Regelung zur Eheschließung einer Person, deren Geschlechtseintrag offengelassen wurde. Regelmäßig lässt sich in die Voraussetzung "Geschlecht" auch die Öffnung und Aufbrechung der binären Kategorien hineinlesen, sodass nur kleinere rechtliche Anpassungen notwendig werden.
a) Elternschaft
Die Analogien zu §§ 1591 ff. BGB lassen sich aus zwei BGH-Entscheidungen herleiten, die 2017 im Bereich der Transgeschlechtlichkeit gefällt wurden. Im ersten Fall ging es um die Elternschaft eines Mannes, der ein Kind gebar. Der BGH entschied, dass dieser Mann als "Mutter" des Kindes zu erfassen sei, da § 11 S. 1 TSG den Geschlechtswechsel für ein Eltern-Kind-Verhältnis unberührt ließe. § 1591 BGB habe die Funktion, eine gespaltene Mutterschaft zu vermeiden und knüpfe daher grundsätzlich die Mutterschaft an den Geburtsvorgang an. Etwas später entschied der BGH den umgekehrten Fall, in dem eine Frau mit ihrem Sperma ein Kind zeugte und die Mutterstellung durch Anerkennung erlangen wollte. Hier entschied der BGH:
Zitat
"Eine Mann-zu-Frau-Transsexuelle, mit deren konserviertem Spendersamen ein Kind gezeugt wurde, das nach rechtskräftiger Entscheidung über die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit geboren worden ist, kann abstammungsrechtlich nur die Vater- und nicht die Mutterstellung erlangen.“"
Jedes Kind habe Anspruch auf genau eine Mutter und einen Vater. Die Mutterstellung würde durch die Geburt bestimmt. Damit ist die Begründung einer weiteren Mutterstellung nicht möglich.
Aus den Entscheidungen lassen sich Rückschlüsse für intersexuelle Personen ziehen. Für "Mutter" i.S.d. § 1591 BGB kommt es auf den Geburtsvorgang an. "Vater" ist in Abgrenzung zur Mutter zu verstehen, damit dem Kind stets die Möglichkeit offensteht, Vater und Mutter zu haben. Der BGH legt den Entscheidungen ein biologisches Geschlechtsverständnis zugrunde. "Vater" ist damit jede Person, die nicht Geburtsperson ist und darüber hinaus biologisch zumindest theoretisch als zweiter Erzeuger in Betracht kommt, etwa männliche Fortpflanzungsorgane besitzt oder besessen hat, oder zumindest keine weiblichen Fortpflanzungsanlagen besitzt oder besessen hat und damit nicht als Geburtsperson in Betracht kommt. Zeugungsfähigkeit ist nicht notwendig, da auch die Vaterstellung gemäß §§ 1592 ff. BGB nur im Anfechtungs- und Vaterschaftsfeststellungsverfahren auf den biologischen Erzeuger abstellt.
Auch hier ist eine Reform geplant: § 1600h BGB-Entwurf eines aktuellen Diskussionsteilentwurfs, welcher eine Mit-Mutterschaft parallel zur Vaterschaft einführt, wendet die Regelung entsprechend auf diverse Personen oder solche ohne einen Geschlechtseintrag an.
b) Eheschließung
§ 1353 Abs. 1 BGB sieht vor, dass eine Ehe von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts geschlossen wird. Personen, deren Geschlechtseintrag offengelassen wurde, sind nicht erfasst. Denn diese Option soll gerade nicht als "viertes Geschlecht" verstanden werden, sondern als Nichteintragung. Eine österreichische Person ohne Geschlechtseintrag hätte dieses Problem nicht; in Österreich wird auch der offengelassene Geschlechtseintrag als "Geschlechtseintrag" verstanden, somit lägen "verschiedene Geschlechter" vor. Die Neuregelung des § 22 Abs. 3 PStG soll nicht verhindern, dass eine Person eine Ehe nur mit positivem Geschlechtseintrag schließen kann. Stattdessen ist der Fall bei der Einführung des § 1353 Abs. 1 BGB nicht mitbedacht worden. Diese somit planwidrige Regelungslücke ist im Wege der Analogie zu schließen. § 1353 BGB und die übrigen Regelungen zur Eheschließung sind analog auf geschlechtslose Personen anzuwenden. Auch hier könnte eine Ergänzung der Regelung Rechtsklarheit bringen.