Nebenwirkungen von Eheverträgen
Gerd Uecker
Die Geschichte der Rechtsprechung über die Wirksamkeit von Eheverträgen ist uns allen in groben Zügen bekannt. In den 1980er und 1990er Jahren war es nahezu erfolglos, Angriffe gegen Eheverträge zu starten. Nur dann, wenn der Kindesbetreuungsunterhalt betroffen war, gab es Diskussionen darüber, inwieweit eine Abänderung des Ehevertrages geboten oder ob der abgeschlossene Ehevertrag wirksam war. Im Übrigen wurden die Grundsätze des § 138 BGB äußerst zurückhaltend auf Eheverträge angewandt. Dies hat dazu geführt, dass in dieser Zeit übliche Vorsichtsmaßnahmen in Bezug auf Eheverträge nicht ergriffen wurden. Eheverträge wurden häufig ohne Vorbereitung abgeschlossen. Vertragsentwürfe wurden nicht übersandt. Der Zeitablauf zwischen Abschluss des Vertrags einerseits und der Eheschließung andererseits war oft genug denkbar kurz.
Die Rechtsprechung des BVerfG und des BGH hat dann in den Jahren seit 2001 bei allen ein gewisses Gefühl der Vorsicht im Umgang mit Eheverträgen hervorgerufen. Heute wird jeder darauf achten, dass beiden Ehegatten eine hinreichende Frist zur Prüfung des Ehevertrages eingeräumt wird. Soweit darin Verzichtserklärungen enthalten sind, sollte man darauf achten, inwieweit dieser Verzicht in den sogenannten Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts fällt. Kompensationslose Verzichtserklärungen sind häufig Ausdruck der Dominanz eines Ehegatten. Sie sind mit äußerster Vorsicht zu behandeln. Insbesondere sollte darauf geachtet werden, dass es keine Widersprüchlichkeiten zwischen dem Ehevertrag einerseits und dem geplanten Ehebild andererseits gibt. Ein umfassender Verzicht auf die üblichen Folgen der Eheschließung ist erheblich gefährdet, wenn eine Haushaltsführungsehe mit gemeinsamen Kindern geplant ist und keine Besonderheiten, etwa ein hohes Vermögen aufseiten des haushaltsführenden Ehegatten, vorliegen. Die Grundsätze über die Prüfung der Wirksamkeit eines Ehevertrages sind in einer aktuellen Entscheidung des BGH nochmals zusammengefasst worden. Die lesenswerte Entscheidung vom 20.3.2019 (XII ZB 310/18) befasst sich zunächst mit den Wirkungen eines zweisprachigen Vertrages.
Im zweiten Teil der Entscheidung (unter Rn 33 ff.) sind die Grundsätze zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen zusammenfassend dargestellt worden. Von besonderem Interesse ist der Hinweis des BGH auf die Feststellungen zum geplanten Ehemodell. Bei langjährigen Ehen lässt sich häufig gerade nicht ermitteln, welche Vorstellungen die Ehegatten bei Eheschließung über das zukünftige Ehemodell hatten. Zu Recht weist der BGH in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein ganz wesentliches Indiz für das geplante Ehemodell das später verwirklichte darstellt.
Der BGH bestätigt mit dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung zum Feststellungsantrag und seiner Zulässigkeit im Verbund. Es ist zulässig, im Scheidungsverbund einen Feststellungsantrag auf Wirksamkeit des Ehevertrages zu stellen. Denn das Feststellungsinteresse geht über eine Entscheidung in einer Folgesache, etwa der Folgesache Versorgungsausgleich, hinaus. Beide Ehegatten sind nach der derzeitigen Rechtsprechung gut beraten, wenn sie sich anlässlich des Abschlusses des Ehevertrages anwaltlich beraten lassen. Dies ist zwar nicht notwendige Voraussetzung für die Wirksamkeit des Ehevertrages nach deutschem Recht. Die anwaltliche Beratung führt jedoch dazu, dass die möglicherweise zur Unwirksamkeit führende Dominanz eines Ehegatten von vornherein ausgeschlossen ist. Soweit eine beiderseitige anwaltliche Beratung vorliegt, verhandeln die Ehegatten über den Inhalt des Ehevertrages auf Augenhöhe.
Nach internationalem Recht empfiehlt es sich allemal, eine anwaltliche Beratung vor Abschluss des Ehevertrages vorzunehmen. Insbesondere im anglo-amerikanischen Rechtsbereich hängt die Anerkennung von Eheverträgen weitestgehend davon ab, ob eine solche Beratung stattgefunden hat. Nicht nur wegen der anglo-amerikanischen Rechtspraxis, sondern auch zur Dokumentation der offen geführten Verhandlungen sollte bei Abschluss des Ehevertrages das Vermögen der jeweiligen Ehegatten aufgedeckt werden.
Autor: Gerd Uecker
Gerd Uecker, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht, Hamburg
FF, S. 265