Anpassungen im Versorgungsausgleich – Kindeswohl und Inobhutnahme – Familiengerichte an ihrer Belastungsgrenze
Einführung
Auf dem Deutschen Anwaltstag (DAT), der vom 15. bis 17.5.2019 in Leipzig unter dem Motto "Rechtsstaat leben" stattfand, war die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht wieder mit eigenen Veranstaltungen vertreten, die auf großes Interesse stießen und gut besucht waren.
Anpassungen im Versorgungsausgleich
Ob "Szenen einer Ehe" von Ingmar Bergmann oder "Adams Rippe" mit Katharine Hepburn und Spencer Tracy – für die verschiedenen Teile ihres anderthalbstündigen Vortrags hatte Dr. Gudrun Lies-Benachib jeweils den passenden Filmtitel parat. So gelang es der Vorsitzenden Richterin am OLG Frankfurt am Main, eine überaus komplizierte und schwierige Materie anschaulich und unterhaltsam darzustellen. Es ging um das Versorgungsausgleichsgesetz, das in diesem Jahr 10 Jahre alt wird. Der Ausgleich der Anrechte ist kompliziert, wenn Anpassungen nötig sind. Entsteht durch die Kürzung der Versorgung eine besondere Härte, kann der Ausgleichspflichtige die Kürzung seiner Versorgung aussetzen lassen. Grund dafür können Unterhaltszahlungen sein, die Invalidität eines Ex-Ehegatten oder vorgezogene Altersgrenzen. Anpassungsfähig sind die Beamtenversorgung, die Versorgungswerke, die Alterssicherung der Landwirte und die Versorgungen der Abgeordneten aus Bund und Ländern. Nicht anpassungsfähig sind hingegen privat- und öffentlich-rechtliche Betriebsrenten und Lebensversicherungen aller Art.
Lies-Benachib erläuterte alle möglichen Konstellationen im Detail und brachte zahlreiche Beispiele aus der Rechtsprechung. Bei diesen Anpassungen sind vier Fachgerichtsbarkeiten zuständig: das Familiengericht, aber auch das Verwaltungs-, das Sozial- oder das Arbeitsgericht. Es sei fraglich, ob die Aufteilung der Zuständigkeit auf vier Gerichtszweige in dem sehr speziellen Bereich des Versorgungsausgleichs überhaupt sachgerecht sei, so Lies-Benachib. Vor allem sei zweifelhaft, ob die Anwendung des stark richterrechtlich geprägten Unterhaltsrechts außerhalb der Familiengerichtsbarkeit so gelingen könne, dass die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gewahrt ist. Insgesamt sprach sie sich für eine eigene Familiengerichtsbarkeit mit speziell ausgebildeten Richterinnen und Richtern aus. Gerade im Versorgungsausgleich sei es wichtig, dass Experten entscheiden. Ob diese – wenn z.B. das Unterhaltsrecht berührt ist – in den Sozial-, Verwaltungs- oder Arbeitsgerichten sitzen, sei doch eher zu bezweifeln. Mit dieser Ansicht stieß Lies-Benachib bei den Familienanwältinnen und -anwälten auf offene Ohren.
Kindeswohl und Inobhutnahme
Dr. Christine Hohmann-Dennhardt, ehemalige Richterin des Bundesverfassungsgerichts, sprach über Fälle, in denen Behörden Kinder von ihren Eltern trennen, weil sie das Kindeswohl gefährdet sehen. In Art. 6 GG wird das Recht der Eltern, ihre Kinder zu pflegen und zu erziehen, festgeschrieben. Gleichzeitig wird ihnen aber die Pflicht zugewiesen, Sorge für ihre Kinder zu tragen. Dabei können Eltern zunächst einmal grundsätzlich frei von staatlichem Einfluss darüber entscheiden, wie sie ihrer Verantwortung für ihre Kinder nachkommen wollen. Richtschnur ihres Handelns muss allerdings stets das Wohl des Kindes sein, denn das Elternrecht ist ein Recht im Interesse des Kindes. Das Kind hat als Grundrechtsträger seinerseits ein Recht darauf, dass seine Eltern ihrer Verantwortung ihm gegenüber nachkommen. Es gelingt leider nicht allen Eltern, in diesem Sinne gut zu ihren Kindern zu sein. Die Behörden dürfen und müssen in schlimmen Fällen eingreifen.
Hier kommt wieder Art. 6 GG ins Spiel, wie Hohmann-Dennhardt ausführte. Die Grundrechtsnorm nehme gewissermaßen als Pendant zur Elternverantwortung auch den Staat in Verantwortung. Er solle darüber wachen und ggf. sicherstellen, dass die Ausübung der elterlichen Verantwortung sich auch tatsächlich am Kindeswohl ausrichtet und dieses nicht gefährdet. Insofern sei er gehalten, zum einen gesetzlich zu regeln, wann und unter welchen Voraussetzungen der freien Ausübung des Elternrechts um des Kindes willen Grenzen zu setzen sind. Und er habe helfend und schützend tätig zu werden, wenn im Einzelfall eine Kindeswohlgefährdung droht, eingetreten sein könnte oder gar schon eingetreten ist.
Der Staat übt also mit allen seinen drei Gewalten sein Wächteramt aus: Die Legislative setzt die Normen im Familienrecht. Die Judikative hilft mit den Familiengerichten bei Streitigkeiten zwischen Eltern und Behörden. Die Exekutive schließlich, hier mit den Jugendämtern, soll die Eltern beraten, ihnen bei der Erziehung helfen und notfalls eben Kinder von ihren Eltern trennen.
Solche Fälle hätten seit 2006 stetig zugenommen, konstatierte Hohmann-Dennhardt. Das könne u.a. daran liegen, dass es in den letzten Jahren einige schwerwiegende Fälle von Kindesvernachlässigung, -missbrauch, -misshandlung oder sogar Kindestötung mit großem Medienecho gegeben habe. Den Jugendämtern wurde in diesem Zusammenhang immer wieder vorgeworfen, sie hätten zu spät eingegriffen, um Schlimmstes zu verhindern. Mög...