1. Der aktuelle Meinungsstand
Zu allem Überfluss ist mittlerweile ein heftiger Streit zu der Frage entbrannt, ob die Auskunftsverpflichtung sich auch auf Vorgänge bezieht, welche dem § 1375 BGB unterliegen. Ausgangspunkt für die Diskussion ist ein kurzer Passus in der Begründung zum Entwurf des Änderungsgesetzes vom 6.7.2009 der Bundesregierung zu § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB-E.
Nach einem Zahlenbeispiel zur Relevanz eines negativen Anfangsvermögens wird dort wörtlich ausgeführt:
Zitat
"Der Auskunftsanspruch bezieht sich in der Neuformulierung deshalb nicht nur auf Informationen über positives Vermögen. Er umfasst alle für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblichen Informationen. Er schließt damit auch Auskünfte über Vermögensbestandteile ein, die nach § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen und nach § 1375 Abs. 2 BGB dem Endvermögen hinzuzurechnen sind."
Mit dem oben dargelegten Wirrwarr der Auskunftsansprüche geben sich daher verschiedene Kommentatoren nicht zufrieden. Sie postulieren eine zusätzliche Auskunftsverpflichtung zu § 1375 BGB. Allerdings unterscheiden sie sich noch im Anforderungsprofil.
- Teilweise wird vertreten, der Auskunftsanspruch beziehe sich generell auf sämtliche illoyale Vermögensminderungen, ohne dass der Auskunftsberechtigte überhaupt als Anspruchsvoraussetzung konkrete Anhaltspunkte für ein unter § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB fallendes Handeln des Auskunftspflichtigen darlegen müsse.
- Zum Teil wird die Auffassung geäußert, dass konkrete Tatsachen vorgetragen werden müssten, die ein Verhalten i.S.v. § 1375 Abs. 2 BGB nahelegen. Dies würde bedeuten, dass entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BGH anstelle von § 242 BGB als Anspruchsgrundlage nunmehr § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB getreten ist.
- Teilweise wird differenziert: § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB eröffne zwar einen Anspruch auf Auskunft bzgl. der Vermögensminderungen. Aus dem Erfordernis, einen zulässigen und bestimmten Verfahrensantrag zu stellen, werde der Auskunftsberechtigte aber dazu genötigt, den Auskunftsantrag auf einen oder mehrere konkrete Vorgänge zu beziehen. Mit anderen Worten: Er muss zumindest einen äußeren Anhaltspunkt für ein Verhalten i.S.v. § 1375 BGB angeben. Im Ergebnis ist damit keine wesentliche Änderung gegenüber dem bisher auf § 242 BGB gestützten Auskunftsanspruch eingetreten.
2. Eigene Stellungnahme
Die gegenteilige Ansicht, wonach nur unter dem Gesichtspunkt eines konkreten Sachvortrages zu einer illoyalen Verfügung eine ergänzende Auskunft geschuldet wird, erscheint zutreffend. Sie alleine ist praxisgerecht. Mit Jaeger ist darauf hinzuweisen, dass die Gesetzesmaterialien keinerlei Anhalt für die erweiterte Ansicht ergeben. Lediglich an einer einzigen Stelle in der Begründung wird beiläufig erwähnt, dass die Auskünfte über den Vermögensbestand auch solche Informationen einschließen, welche nach § 1375 Abs. 2 BGB dem Endvermögen hinzuzurechnen seien. Die ständige Rechtsprechung des BGH zu § 242 BGB war dem Gesetzgeber sicher bekannt. Sie hat eine damalige, kontrovers diskutierte Streitfrage geklärt. Wäre mit der sprachlichen Umformulierung des § 1379 Abs. 1 Ziff. 2 BGB eine so gewichtige Rechtsänderung beabsichtigt gewesen, hätte man eine eingehende Begründung oder zumindest nähere Erwähnung erwartet. Bei der zu § 1375 BGB relevanten Auskunft geht es im Übrigen nicht um einen Gesamtbestand an Objekten, sondern um Tathandlungen, welche auf das Vermögen eingewirkt haben. Der "soweit-Satz" schränkt denn auch mehr den Auskunftsanspruch ein. Er erweitert ihn nicht etwa.
Im Übrigen wäre eine in einem Beschluss erwähnte pauschale Auskunftsverpflichtung ohnehin nicht vollstreckbar. Wegen Unbestimmtheit wäre ein solcher Antrag vielmehr unzulässig. Ein solcher Tenor würde dem Antragsgegner in der Regel die Möglichkeit eröffnen, aufgrund seiner eigenen Wertung als Auskunftspflichtiger die Auskunft – mit Erfüllungswirkung! – schlicht dahingehend zu erteilen, derartige Tathandlungen eben nicht begangen zu haben. Allerdings ergibt sich dann ein gravierendes Problem: Jeder in seinem Leben hat mehr oder minder häufig unentgeltliche größere oder kleinere Zuwendungen erbracht. Eine solche Auskunft wäre demnach mit Sicherheit falsch. Kann und soll man guten Gewissens Richtigkeit und Vollständigkeit einer solchen Erklärung an Eides statt versichern? Wohl kaum.
Gegen die Ansicht der generellen Auskunftsverpflichtung spricht daher schließlich das Bedenken, welches der BGH bereits in seiner Entscheidung aus dem Jahre 1982 geäußert hatte. Die Gefahr uferloser Streitigkeiten bis hin zu Strafanzeigen droht. Müsste der Auskunftsverpflichtete jedwede Schenkung darle...