Abfindungen können in arbeitsrechtlicher Hinsicht verschiedene Zwecke verfolgen. Sie können im Rahmen eines Sozialplans als zukunftsbezogene Entschädigung für Lohneinbußen gezahlt werden, als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage dienen oder auch als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und des damit einhergehenden sozialen Besitzstandes gedacht sein. Im Anschluss an die Darstellung dieser arbeitsrechtlichen Sichtweise verweist der Senat darauf, dass sich hieraus keine zwingende Vorgabe entnehmen lässt, wie die Abfindung unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen ist.
Der BGH bleibt bei seiner Rechtsprechung, nach der eine Abfindung bei der Unterhaltsberechnung außer Betracht zu bleiben hat, wenn der Unterhaltspflichtige unmittelbar nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eine neue Erwerbstätigkeit aufnimmt und hieraus Einkommen in unveränderter Höhe bezieht.
Ebenfalls nicht neu ist die unterhaltsrechtliche Berücksichtigung der Abfindung als Ersatz für eine Einkommensreduzierung, wenn der Unterhaltspflichtige nach dem (nicht vorwerfbaren) Verlust des Arbeitsplatzes ausschließlich Lohnersatzleistungen bezieht und damit eine erhebliche Einkommensverringerung einhergeht. In einem solchen Fall wird die Abfindung zur Aufstockung des reduzierten Einkommens verwendet.
Geändert hat der BGH jedoch seine Rechtsprechung insoweit, als die Abfindung und die mit ihrer Hilfe erzielten Erträge nunmehr auch zu berücksichtigen sind, wenn der Unterhaltspflichtige ein neues Arbeitsverhältnis eingeht und das hieraus erzielte Einkommen geringer ist als das früher bezogene. Die Änderung der Rechtsprechung ist konsequent, beruhte doch die gegenteilige Auffassung auf der – nach dem Beschluss des BVerfG vom 25.1.2011 nicht mehr haltbaren – Annahme, dass der Unterhaltsbedarf nach dem aktuellen Arbeitseinkommen zu bemessen sei. Unter Berücksichtigung des mit der Entscheidung vom 7.12.2011 herausgearbeiteten Grundsatzes, dass nach Rechtskraft der Scheidung eingetretene Umstände bedarfsprägend zu berücksichtigen sind, wenn sie einen gewissen Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen haben, hebt der Senat nunmehr hervor, dass "die Quelle der Abfindung in dem beendeten Arbeitsverhältnis liegt und dadurch der notwendige Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen hergestellt ist."
In welcher Höhe die Abfindung in die Unterhaltsberechnung einzustellen ist, hat der Tatrichter im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und der beiderseitigen Interessen festzulegen. Es ist denkbar, dass die Abfindung die bestehende Einkommensdifferenz vollständig ausgleicht oder aber – etwa bei dauerhafter Arbeitslosigkeit oder bei fehlender Aussicht auf eine künftige Einkommenssteigerung – das tatsächliche Einkommen nur teilweise aufgestockt wird und damit eine Verteilung der Abfindung auf einen längeren Zeitraum erfolgt. Das OLG hat der Abfindung unterhaltsrechtlich eine Lohnersatzfunktion beigemessen und sie zum vollständigen Ausgleich der Einkommensreduzierung um etwa ein Drittel des zuvor erzielten Einkommens herangezogen. Hieraus resultierte eine Verteilung auf einen Zeitraum von eineinhalb bis zwei Jahren, innerhalb dessen die Unterhaltsberechtigte die Anpassung ihrer Lebensverhältnisse an die veränderten Einkommensverhältnisse vorbereiten könne. Der BGH hat diesen Zeitraum zwar als recht kurz bemessen eingeschätzt, aber gleichwohl keinen Anlass gesehen, die tatrichterliche Beurteilung zu beanstanden. Tragender Grund hierfür war der Umstand, dass der Antragsteller in seinem neuen Arbeitsverhältnis die Möglichkeit habe, sein Einkommen zu steigern, was auch zu einem längeren Verteilungszeitraum führen könne.
Da das OLG die Unterhaltsverpflichtung der Höhe nach einheitlich und nicht zeitlich gestuft mit unterschiedlichen Beträgen tituliert hat, ist es Aufgabe des Unterhaltsverpflichteten, den vollständigen Verbrauch der Abfindung mit Hilfe eines Abänderungsverfahrens nach § 238 FamFG geltend zu machen; hierauf weist der BGH zutreffend hin.
Mit einer am gleichen Tag erlassenen Entscheidung hat der BGH festgestellt, dass bei der Berechnung von Kindesunterhalt grundsätzlich die gleichen Anforderungen für die Verwendung einer arbeitsrechtlichen Abfindung zur Aufstockung des für die Bemessung des Unterhaltsbedarfs maßgeblichen Einkommens gelten.