Auf den ersten Blick mag die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Ergebnis her zweifelhaft erscheinen. Während der Minderjährigkeit des Angenommenen ist die Möglichkeit der Aufhebung des Annahmeverhältnisses durch das Familiengericht aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes gemäß § 1763 BGB eröffnet. Dies soll aber nicht gelten, wenn der Angenommene zwischenzeitlich volljährig geworden ist, sich deswegen erstmals zur selbstständigen Wahrnehmung seiner Rechte in der Lage sieht und sich zur Begründung seines Aufhebungspetitums auf schwerwiegende Gründe beruft, die auf Begebenheiten während seiner Minderjährigkeit beruhen.
Dennoch erscheint das Erkenntnis des Bundesgerichtshofs bei genauerer Betrachtung richtig.
Die Kernaussagen, aufgrund derer der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das zu einem Minderjährigen begründete Annahmeverhältnis nach dem Eintritt der Volljährigkeit auch bei schwersten Verfehlungen eines Beteiligten nicht mehr aufhebbar ist, lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Dem Wortlaut nach sieht das Gesetz die Aufhebung einer Minderjährigenadoption (bis auf den – hier nicht in Rede stehenden – Fall schwerwiegender Mängel bei der Begründung des Annahmeverhältnisses i.S.v. §§ 1759, 1760 BGB) nicht vor.
- Eine analoge Anwendung der Vorschrift des § 1771 BGB, der die Aufhebung des zu einem Volljährigen begründeten Annahmeverhältnisses aus wichtigem Grund vorsieht, auf die Minderjährigenadoption nach Eintritt der Volljährigkeit scheidet aus.
- Die geltende Rechtslage begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Ad 1.: Der Wortlaut der die Aufhebung einer Adoption regelnden Vorschriften, nämlich die Begriffskombinationen "während der Minderjährigkeit des Kindes" (§ 1763 BGB) bzw. "Annahmeverhältnis, das zu einem Volljährigen begründet worden ist" (§ 1771 BGB), eröffnet die Aufhebung des zu einem Minderjährigen begründeten Annahmeverhältnis nach Volljährigkeit zweifellos nicht.
Ad 2.: Nach dem Vorstehenden liegt zwar eine Regelungslücke vor, die aber die analoge Anwendung einer der genannten Aufhebungstatbestände deswegen nicht zulässt, weil sie nicht planwidrig ist. Diese Annahme liegt bereits bei gesetzessystematischer Betrachtung nahe. Die Vorschrift des § 1772 BGB, die ebenfalls die Volljährigenadoption betrifft, aber weitergehend als § 1771 BGB mit den Wirkungen der Minderjährigenadoption, beschränkt die Möglichkeit der Aufhebung des Annahmeverhältnisses ausdrücklich auf Mängel bei der Begründung des Annahmeverhältnisses. Dieser Regelungszusammenhang lässt den Schluss auf den Willen des Gesetzgebers bei Normenerlass zu, dass das zu einem Volljährigen bestehende Annahmeverhältnis selbst bei wichtigem Grund nicht mehr aufhebbar ist, wenn es zu diesem bereits als Minderjährigem oder erst später, aber mit den Wirkungen der Minderjährigenadoption, begründet worden ist. Der vom Bundesgerichtshof aus den Gesetzesmotiven herausgearbeitete Wille des Gesetzgebers bestätigt dieses Auslegungsergebnis, das denn auch – soweit ersichtlich – in jüngerer Zeit weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur angezweifelt worden ist. Auf dieser Grundlage ist dem in Art. 20 Abs. 3 GG normierten Gewaltenteilungsprinzip Rechnung zu tragen.
Ad 3.: Aufgrund der von der Rechtsbeschwerde angeregten Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 S. 1 GG sah sich der Bundesgerichtshof auch zur Stellungnahme veranlasst, ob er die geltende Rechtslage nicht für verfassungswidrig hält, und hat unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Ermessens Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit nicht geteilt. An dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gemessen ist die Ungleichbehandlung des während seiner Minderjährigkeit Angenommenen vor und nach der Vollendung des 18. Lebensjahres im Wesentlichen durch die besondere Schutzbedürftigkeit des minderjährigen Kindes gerechtfertigt, während diesem ab Volljährigkeit die Gestaltung seines Lebens einschließlich seiner familiären Beziehungen freisteht. Zwar lässt sich das statusrechtliche Band zu dem Annehmenden nicht gänzlich abschneiden, es bleiben dem Angenommenen aber Möglichkeiten zur Milderung seiner aus dem Annahmeverhältnis erwachsenen Belastungen, sei es, indem er sich erneut adoptieren lässt (auch möglich von seinen leiblichen Eltern, sog. Rückadoption), sei es, dass er seinen Namen ändert, und weil er im Übrigen die auch einem leiblichen Kind zustehenden Abwehrrechte in unterhalts- und erbschaftsrechtlicher Hinsicht in Anspruch nehmen kann, also letztlich Möglichkeiten, das fortbestehende Annahmeverhältnis auf eine in Akten festgehaltene Formalie zu beschränken. Der Sinn der von Frank aufgeworfenen Kritik, dass für eine Minderjährigenadoption anders als für das leibliche Eltern-Kind-Verhältnis mit § 1763 BGB überhaupt eine Aufhebungsmöglichkeit geschaffen worden ist, erschließt sich in diesem Zusammenhang nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass die Bewertung dieser aufgeworfenen Rechtsfrage entsc...