Der BGH verwendet im Beschl. v. 9.4.2014 die Surrogatrechtsprechung zum Wohnvorteil bei der Bestimmung des Bedarfs nach § 1578 BGB. Nicht angesprochen wird, dass es dabei zu Konflikten mit den Grundsätzen in der Entscheidung des BVerfG kommen kann, mit der die Rechtsprechung des BGH zu den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen beanstandet wurde. Nach den Ausführungen des BVerfG ist der Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Sinn von § 1578 BGB nach dem Willen des Gesetzgebers an den individuellen Einkommensverhältnissen der Ehegatten im Zeitpunkt der Scheidung ausgerichtet. Bei der Berücksichtigung einer nach der Scheidung aufgenommenen Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten, die das Äquivalent oder Surrogat einer schon während der Ehe in Form der Familienarbeit erbrachten Leistung darstellt, bestehe ein Bezug zur Ehe wie bei Entwicklungen, die schon die Ehe geprägt haben und ihr angelegt worden sind. Es ist zu fragen, ob mit der Nutzung des Vermögens als Wohnung während der Ehe ein hinreichender innerer Bezug zur Ehe zu bejahen ist, der die Zurechung eines nachehelichen Einkommens zu den ehelichen Lebensverhältnissen nach der Surrogattheorie rechtfertigt, wenn das Eigentum am früheren Familienheim scheidungsbedingt an einen Dritten oder den anderen Ehegatten verkauft wird. Dies wird man grundsätzlich bejahen können. Nach der Logik der Surrogatlehre ist es auch grundsätzlich hinzunehmen, dass die mit dem Surrogat verbundenen Verbindlichkeiten einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.
Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass bei der Bedarfsbemessung nach § 1578 BGB aufgrund der Entscheidung des BVerfG nach der Scheidung eingetretene Ereignisse grundsätzlich nicht als bedarfsbestimmend berücksichtigt werden können, insbesondere nicht nachehelich begründete Unterhaltspflichten. Deswegen ist es bedenklich, den Wohnvorteil und damit zusammenhängende Verbindlichkeiten als eheprägend anzusetzen, wenn nicht nur das eigene Wohnbedürfnis befriedigt wird, sondern auch das der nachehelich geborenen Kinder und der neuen Ehefrau, denen der geschiedene Ehemann unterhaltspflichtig ist. Im entschiedenen Fall wurde das neue Haus von dem geschiedenen Ehemann auch für die neue, nicht unterhaltsberechtigte Partnerin angeschafft. Deren Wohnbedürfnis hat indes mit der Ehe nichts zu tun. Das Rechtsgefühl sträubt sich dagegen, insoweit den Wohnvorteil als Surrogat den ehelichen Lebensverhältnissen zuzurechnen. Zumindest muss aufseiten des Ehemannes ein Einkommen in Höhe der Mietersparnis anderer Wohnungsbenutzer angesetzt werden, was allerdings voraussetzt, dass diese die ersparte Miete zahlen können.
Problematisch ist nicht nur eine Veränderung des Wohnvorteils aufseiten des geschiedenen Ehemannes, nachdem dieser unter Einsatz des Erlöses als Surrogat seines Hälfteanteils am Familienheim ein Haus mit Krediten für sich und seine Partnerin gebaut hat. Auch aufseiten der geschiedenen Ehefrau ist es nicht einleuchtend, dass der Wohnwert nach § 1578 BGB, der sich auch nach der Scheidung nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt, bei Übernahme des hälftigen Miteigentumsanteils nach dem Wert der gesamten Wohnung bemisst. Damit kann der während der Ehe erreichte Wohnwert auf bis zu 150 % steigen, indem zu den 50 % aufgrund des früheren Miteigentums des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten weitere 50 % wegen Nutzung der übernommenen Eigentumshälfte kommen und weitere 50 % aufseiten des anderen Ehegatten wegen Nutzung des Verkaufserlöses aus seiner abgegebenen Eigentumshälfte bzw. des mit diesem angeschafften Surrogats. Diese Einkommensänderungen mögen aufseiten des Unterhaltsberechtigten für die Bedürftigkeit nach § 1577 BGB und aufseiten des Unterhaltsverpflichteten für die Leistungsfähigkeit nach § 1581 BGB erheblich sein. Die ehelichen Lebensverhältnisse nach § 1578 BGB werden jedoch nur einmal, nicht zweimal durch die Nutzung des wegen der Scheidung verkauften Miteigentumsanteils bestimmt. Der Erwerb des Miteigentumsanteils ist aufseiten des übernehmenden Ehegatten ein eheunahängiger Vorgang der Vermögensbildung und kein Ersatz für einen ihm bereits während der Ehe zugeordneten Vermögensgegenstand. Dieser stand vielmehr allein dem anderen Ehegatten zu und ist nur bei ihm für die Zurechnung eines Einkommens relevant. Es erscheint deswegen nicht gerechtfertigt, aufseiten des übernehmenden Ehegatten dafür einen Nutzungswert positiv und die zum Erwerb erforderlichen Darlehensverbindlichkeiten negativ zu berücksichtigen.
Der Gedanke des Surrogats rechtfertigt zwar die Fortschreibung des während der Ehe erreichten Wohnvorteils, reicht indes nicht aus, um ohne zusätzliche Wertung alle Veränderungen des Einkommens zu den ehelichen Lebensverhältnissen zu rechnen, auch solche, die mit der Ehe nichts zu tun haben.