1. Mindestunterhalt
Von dem allgemeinen Grundsatz der Darlegungs- und Beweislast des Unterhaltsberechtigten für die Höhe seines Unterhaltsbedarfs gibt es Ausnahmen für minderjährige Kinder. Ein minderjähriges Kind muss seinen Unterhaltsbedarf in Höhe des Mindestbedarfs nicht näher darlegen. Dies wird aus dem Wortlaut des § 1612a BGB in der Fassung ab dem 1.1.2008 unter Berücksichtigung der früheren Gesetzeslage und der dazu ergangenen Rechtsprechung des BGH gefolgert. Der Mindestbedarf, in dessen Höhe ein minderjähriges Kind von seiner Darlegungs- und Beweislast befreit ist, richtet sich nach dem doppelten Freibetrag des sächlichen Existenzminimums eines Kindes (Kinderfreibetrag) gemäß § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG und beträgt für die erste Altersstufe 87 %, für die zweite Altersstufe 100 % und für die dritte Altersstufe 117 % hiervon. Der Mindestunterhalt bildet zugleich den Unterhalt nach der ersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle. Nach der Düsseldorfer Tabelle mit Stand 1.1.2015 beträgt der Mindestunterhalt in der ersten Altersstufe 317 EUR, in der zweiten Altersstufe 364 EUR und in der dritten Altersstufe 426 EUR. In Höhe dieser Beträge ist das Kind von der Darlegungs- und Beweislast für seinen Bedarf befreit.
Sofern der Unterhaltspflichtige geltend macht, er könne diesen Bedarf nicht decken, obliegt ihm die Darlegungs- und Beweislast für seine eingeschränkte oder gänzlich mangelnde Leistungsfähigkeit. Dazu gehört z.B. Vortrag
▪ |
zum Einkommen, |
▪ |
ggf. zur Umrechnung des Einkommens entsprechend der Kaufkraft (z.B. nach Eurostat-Tabellen), wenn der Schuldner im Ausland lebt, |
▪ |
zur Art und Höhe von berufsbedingten Aufwendungen (z.B. Kosten für die Fahrten zur Arbeitsstätte, Arbeitsmittel, Spesen), |
▪ |
zu den Schulden, |
▪ |
zu anderweitigen Unterhaltsverpflichtungen. |
Die Anforderungen an die Darlegungslast des Unterhaltspflichtigen sind hierbei nach der Rechtsprechung des BGH wegen der sog. gesteigerten Unterhaltspflicht nicht zu gering zu bemessen. Denn nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nur derjenige nicht unterhaltspflichtig, der bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Eltern, die sich in dieser Lage befinden, sind gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Darin liegt eine Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Unterhaltsrecht. Aus diesen Vorschriften und aus Art. 6 Abs. 2 GG folgt auch die Verpflichtung der Eltern zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft.
Ist der Unterhaltspflichtige arbeitslos, genügt er seiner Darlegungslast nicht mit der Vorlage eines Bewilligungsbescheides über Leistungen nach dem SGB II. Notwendig ist im Unterhaltsrecht vielmehr ein umfassender Vortrag, der über die Anforderungen des Sozialrechts hinausgeht.
Der bloße Hinweis auf den Bezug von Arbeitslosengeld II durch den Unterhaltspflichtigen reicht nicht aus, um seiner Darlegungslast zu genügen.
Der Unterhaltspflichtige muss umfassend seine Bemühungen um ein neues Arbeitsverhältnis darlegen und beweisen. Hierzu muss er nachprüfbar vortragen, was er im Einzelnen unternommen hat, um einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Dazu gehören Angaben, wann und bei welchem Arbeitgeber er sich beworben hat und was er zur Verbesserung seiner Chancen unternommen hat (z.B. Verbesserung der Sprachkenntnisse).
Im Falle einer nur vorübergehenden Erkrankung (z.B. depressive Episode) ist der Unterhaltsschuldner verpflichtet, sich unverzüglich behandeln zu lassen.
Wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese bei gutem Willen ausüben könnte, können deswegen nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden. Die Zurechnung fiktiver Einkünfte, in die auch mögliche Nebenverdienste einzubeziehen sind, setzt allerdings neben den nicht ausreichenden Erwerbsbemühungen eine reale Beschäftigungschance des Unterhaltspflichtigen voraus. Schließlich darf dem Unterhaltspflichtigen auch bei einem Verstoß gegen seine Erwerbsobliegenheit unter Beachtung der Vorschriften des Arbeitsschutzes und den gesamten Umständen des Einzelfalles (Gesundheitszustand, Ausbildung, Berufserfahrung Umgangstermine mit den Kindern etc.) nur ein Einkommen zugerechnet werden, welches von ihm realistischerweise zu erzielen ist. Auch wenn der Unterhalt aufgrund eines wegen Verletzung der Erwerbsobliegenheit fiktiven Einkommens aus einer in Vollzeit ausgeübten Erwerbstätigkeit festzusetzen ist, trifft den Antragsgegner grundsätzlich daneben eine Obliegenheit zur Ausübung einer Nebentätigkeit im selben Umfang wie einen seine Erwerbsobliegenheit erfüllenden Unterhaltsschuldner.
Sofern sich der Unterhaltspflichtige auf die Unzumutbarkeit einer Nebentätigkeit beruft, obliegt ihm für diese Unzumutbarkeit ei...