Die gesteigerte Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern entfällt nach § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB, wenn ein anderer leistungsfähiger Verwandter vorhanden ist. In solchen Fällen ist die Leistungsfähigkeit des barunterhaltspflichtigen Elternteils unter Berücksichtigung des angemessenen Selbstbehalts nach § 1603 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen. Dieser Grundsatz gilt, wenn beide Eltern ihren minderjährigen Kindern Barunterhalt schulden, z.B. beim echten Wechselmodell, oder wenn beide Eltern für einen Mehrbedarf des Kindes, z.B. den Kindergartenbeitrag, haften. Aber auch in den normalen Betreuungsfällen kommt ein sonst grundsätzlich nach § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB nicht barunterhaltspflichtiger Elternteil als anderer leistungsfähiger Verwandter i.S.d. § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB in Betracht. Denn nach der Rechtsprechung des BGH gilt der Grundsatz der Gleichwertigkeit von Barunterhalt und Betreuung nicht uneingeschränkt, insbesondere dann nicht, wenn die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des betreuenden Elternteils deutlich günstiger sind als die des anderen Elternteils. Die Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils kann entfallen oder sich ermäßigen, wenn er zur Unterhaltszahlung nicht ohne Beeinträchtigung seines eigenen angemessenen Unterhalts in der Lage wäre, während der andere Elternteil neben der Betreuung des Kindes auch den Barunterhalt leisten könnte, ohne dass dadurch sein eigener angemessener Unterhalt gefährdet würde.
In solchen Fällen entfällt aber lediglich die gesteigerte Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB, also die Beschränkung auf den notwendigen Selbstbehalt. Das bedeutet, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht nur seinen notwendigen Selbstbehalt (bei Erwerbstätigkeit derzeit 1.080 EUR), sondern seinen angemessenen Selbstbehalt (derzeit 1.300 EUR) behalten darf. Die Unterhaltspflicht mit dem Einkommen, das den angemessenen Selbstbehalt übersteigt, wird davon nicht berührt; dieses ist für den Unterhalt einzusetzen.
In der Praxis wird ein Entfallen der gesteigerten Unterhaltspflicht dann angenommen, wenn der betreuende Elternteil über das zwei- bis dreifache Nettoeinkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils verfügt und auch bei Zahlung des vollen Unterhalts für das minderjährige Kind nicht nur seinen angemessenen Selbstbehalt noch wahren kann, sondern darüber hinaus noch über einen angemessenen Betrag verfügt, der seine Betreuungsleistung berücksichtigt.