Ist der Brautgabe-Konflikt von einem deutschen Gericht nach deutschem materiellen Recht zu entscheiden, tauchen Fragen der Kompatibilität auf. Die den islamischen Rechtsgepflogenheiten folgenden Brautgabe-Vereinbarungen sind dem deutschen Zivilrecht fremd – das "juristische Kuckucksei aus dem Morgenland", so das Bonmot von Andreas Heldrich, muss in das deutsche Zivilrecht eingefügt werden.
Einigkeit besteht über den Ausgangspunkt. Nach islamisch-rechtlichem Verständnis ist die Brautgabe-Vereinbarung eine vertragliche Absprache. Diese Qualifizierung ist auch nach deutschem Zivilrecht sachgerecht. Die Verpflichtung des Mannes zur Leistung der Brautgabe beruht nämlich auf sich deckenden diesbezüglichen Willenserklärungen des Mannes und der Frau.
Einem der im BGB geregelten Vertragstypen lässt sich die Absprache allerdings nicht zuordnen.
An der Sache vorbei geht es, sie als (formbedürftiges) Schenkungsversprechen i.S.d. §§ 516, 518 BGB oder als (ebenfalls der Form bedürfenden) abstraktes Schuldversprechen i.S.d. § 780 BGB zu qualifizieren. Letzteres verbietet sich schon deshalb, weil in der Vereinbarung der Schuldgrund, nämlich "Brautgabe" angegeben wird. Davon abgesehen hat das Brautgabe-Versprechen nach den Vorstellungen der Ehegatten und den Umständen seines Zustandekommens einen so funktionsbezogenen speziellen eherechtlichen Bezug, dass es sachgerecht nicht unter die Rechtsgeschäfte des allgemeinen Schuldrechts subsumiert werden kann. Auch eine (formbedürftige) Unterhaltsregelung i.S.d. § 1585c BGB stellt diese Vereinbarung nicht dar. Brautgabe und Unterhalt nämlich sind nach islamischem Recht nebeneinander existierende Rechtsinstitute und werden von den Ehegatten auch so verstanden. Dass dem so ist, zeigt sich schon darin, dass sie die Brautgabe ohne Bezugnahme auf die unterhaltsrechtlich wesentlichen Voraussetzungen festlegen – weder die Unterhaltsbedürftigkeit der Ehefrau noch die Leistungsfähigkeit des Mannes spielen bei der Einigung über diese eine Rolle. Ebenfalls keine Rolle spielt bei dieser der Güterstand. Die Ehegatten regeln in dem Brautgabe-Vertrag nicht ihre güterrechtlichen Verhältnisse und vereinbaren hierin auch nichts im Hinblick auf deren Entwicklung. Der Vertrag ist mithin auch kein (der notariellen Beurkundung bedürfender) Ehevertrag i.S.d. § 1408 BGB.
Nichts zu tun hat die Brautgabe auch mit der von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsfigur der unbenannten Zuwendung. Unbenannte Zuwendungen werden zeitlich in der Ehe – und zwar auch vonseiten der Frau – erbracht und haben eine völlig andere Funktion als die Brautgabe. Sie dienen der Ausgestaltung, Erhaltung und Sicherung des ehelichen Lebens in Erwartung von dessen Fortbestand – die islamische Brautgaben-Tradition lässt sich hier nicht unterbringen.
Der Vertrag über die Brautgabe ist im Hinblick auf die Spezifika seines Gegenstandes im deutschen Zivilrechtssystem mithin nur als Vertrag sui generis einzuordnen.