Die beim Scheitern der Ehe von der Ehefrau erhobene Forderung auf Leistung der Brautgabe wird seitens des Mannes vielfach mit dem Argument zurückgewiesen, hierzu mangels Zustandekommens eines wirksamen Vertrages nicht verpflichtet zu sein. Das Brautgabe-Versprechen sei von ihm bei der Heirat nur formaliter abgegeben worden – allein in der Absicht, der gesellschaftlichen Konvention Genüge zu tun und den familiären Erwartungen zu entsprechen, keinesfalls aber mit dem Willen, sich rechtlich zu binden.
Unabhängig davon, ob solches Vorbringen zum fehlenden Rechtsbindungswillen vom Tatsächlichen her zu überzeugen vermag – es ist rechtlich nicht schlüssig.
Denn selbst wenn der Ehemann lediglich den äußeren Schein eines Brautgabe-Vertrages hervorrufen wollte, nicht aber im Sinn hatte, einen solchen wirklich abzuschließen, ist seine diesbezügliche Willenserklärung hier nicht nichtig. Ein (nichtiges) Scheingeschäft i.S.d. § 117 Abs. 1 BGB liegt nämlich nur vor, wenn das Geschäft im Einverständnis mit dem Vertragspartner simuliert wird – und das ist hier nicht der Fall. Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass die Ehefrau damit einverstanden ist, die Absprache über die – für sie wirtschaftlich existentielle – Brautgabe nur zum Schein und ohne rechtliche Verbindlichkeit zu treffen.
Aus dem gleichen Grund ist die Willenserklärung des Mannes in aller Regel auch nicht wegen Mangels der Ernstlichkeit nichtig (§ 118 BGB). Dass der Ehemann die Erklärung nicht ernsthaft gemeint hat, mag ja noch der Fall sein. Dass er aber davon ausgegangen ist, die Frau werde dies erkennen und akzeptieren, ist mehr als fernliegend. Und auch der geheime Vorbehalt des Mannes, das Erklärte nicht zu wollen, würde nur zur Nichtigkeit seiner Erklärung führen, wenn die Frau diesen Vorbehalt gekannt hätte (§ 116 BGB).
Die Unverbindlichkeit des Brautgabe-Vertrages lässt sich auch nicht aus § 138 Abs. 1 BGB herleiten. Die Leistung einer Brautgabe bei der Heirat ist dem deutschen Rechtsdenken zwar fremd, doch ist ein Verstoß gegen die guten Sitten nicht ersichtlich. Die Funktion dieser Vermögensleistung – Absicherung der Ehefrau für den Fall der Auflösung der Ehe – steht mit den Wertvorstellungen der deutschen Rechtsordnung durchaus in Einklang.
Im Einzelfall allerdings kann sich die Sittenwidrigkeit der Absprache über die Brautgabe daraus ergeben, dass die versprochene Vermögensleistung den Ehemann wirtschaftlich krass überfordert und die Übernahme dieser Verpflichtung darauf beruht, dass er aufgrund des familiär-gesellschaftlichen Erwartungsdrucks in eine Zwangslage geraten war, die ihm die Möglichkeit frei bestimmten Aushandelns des Vertragsinhalts genommen hat. Dass es – offensichtlich aus Prestigegründen – vielfach zu Brautgabeversprechen kommt, die die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Mannes weit übersteigen, zeigen die Gesetze, mit denen islamische Staaten der Eingehung solcher Verpflichtungen gegensteuern. Dass allerdings die Entscheidungsfreiheit des Mannes bei Vertragsschluss wirklich in einem solchen Maße beeinträchtigt ist, dass er seine Willenserklärung gänzlich fremdbestimmt abgibt und dies sittenwidrig ausgenutzt wird, ist auch im Falle einer ihn überfordernden Leistungszusage nur im Ausnahmefall denkbar.
Zum Scheitern verurteilt ist in der Regel auch der Versuch des Mannes, sich der Leistung der Brautgabe unter Berufung auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zu entziehen. Zwar kommt der Entfall der Geschäftsgrundlage des Brautgabe-Vertrages insofern in Betracht, als sich die bei seinem Abschluss gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen grundlegend geändert haben, wenn das Ehepaar nach deutschem Recht geschieden wird. In diesem Fall nämlich wird das Vertragsziel – wirtschaftliche Absicherung der Frau bei Scheidung – vom deutschen gesetzlichen Scheidungsfolgenrecht sichergestellt. Im Hinblick auf das Leerlaufen der Funktion der Brautgabe liegt die Annahme nahe, die Ehegatten hätten bei Kenntnis der jetzt gegebenen Ansprüche der Frau auf nachehelichen Unterhalt, Zugewinn- und Versorgungsausgleich nicht zusätzlich noch die Leistung einer Brautgabe vereinbart. Dass diese Annahme allerdings nicht zwingend ist, dokumentieren die Brautgabe-Vereinbarungen, die in Deutschland aufgewachsene und sozialisierte, mit dem deutschen Recht vertraute Ehepaare treffen – ganz offensichtlich der islamischen Tradition verpflichtet. Unabhängig aber hiervon scheitert die Vertragsanpassung jedenfalls daran, dass dem Ehemann das Festhalten an dem Vertrag über die Brautgabe nicht, wie von § 313 Abs. 1 BGB gefordert, unzumutbar ist. Denn das als Brautgabe geleistete Vermögen wird unterhaltsrechtlich wie auch güterrechtlich zu seinen Gunsten – und zuungunsten der Frau – berücksichtigt.
Unterhaltsrechtlich mindert sich die Bedürftigkeit der Frau, soweit sie das als Brautgabe geleistete Vermögen in die Lage versetzt, sich selbst zu unterhalten (§ 1577 BGB). Bedarfsmindernd sind insoweit jedenfalls die Erträge anzurechnen, die sie aus der Anlage ...