Die Einstellung zur Erwerbstätigkeit ist in unterhaltsrechtlicher Sicht ein ganz entscheidender Faktor. Denn wenn bereits während der bestehenden Ehe beide Ehegatten berufstätig sind, werden sie im Falle einer Scheidung seltener auf finanzielle Unterstützung des früheren Partners angewiesen sein. In dieser Hinsicht ist in beiden Ländern in den letzten Jahrzehnten ein starker Wandel zu verzeichnen: Die Erwerbsquote von Frauen hat deutlich zugenommen; das Bild von der Familie, in der die Mutter sich der Kindererziehung und Hausarbeit widmet, wohingegen der Vater das Geld verdient, gehört mehr und mehr der Vergangenheit an. Mit 73,5 % weist die Schweiz eine der höchsten Frauenerwerbsquoten in Europa auf; sie übersteigt diejenige in Deutschland, wo sie im gleichen Jahr – 2008 – lediglich 65,4 % betragen hat, deutlich. Das Ansteigen der Beschäftigungsquote geht jedoch vor allem auf Teilzeitarbeit zurück. Es verwundert daher nicht, dass die gängigsten Familienerwerbsmodelle ein Vollzeit arbeitender Vater und eine Teilzeit erwerbstätige Mutter bzw. die Unterbrechung der Erwerbsbiographie eines Elternteils durch eine "Familienpause" mit späterem Wiedereinstieg in den Beruf sind.
Voraussetzung für einen erfolgreichen beruflichen Wiedereinstieg sind freilich gute und verlässliche Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Und insoweit besteht sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz, obwohl die jeweiligen Betreuungsmöglichkeiten zuletzt stark ausgebaut wurden, unverändert noch viel Verbesserungsbedarf: Merkmal der Betreuungsinfrastrukturen beider Länder sind die starken regionalen Unterschiede. Während beispielsweise in einzelnen schweizerischen Kantonen ein relativ breites Angebot an Kinderkrippen besteht, gab es in anderen Kantonen bis vor wenigen Jahren noch überhaupt kein Angebot. Ähnliches ist auch aus Deutschland zu berichten: In Ostdeutschland arbeiten Frauen dank der besseren Kinderbetreuung mit einem nahezu flächendeckenden Ganztagesangebot für die Betreuung von Kindern im Krippen-, Kindergarten- und Hortalter deutlich häufiger in Vollzeit als im Westen, wo das Betreuungsangebot für Klein- und Grundschulkinder vielfach zu wünschen lässt. In die gleiche Richtung weist auch die Betreuungsquote: Während in den ostdeutschen Bundesländern bereits im Jahr 2009 für mehr als 45 % der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung standen, fehlten in den westdeutschen Bundesländern zum gleichen Zeitpunkt rund 320.000 Betreuungsplätze, um die anvisierte Quote von 35 % aller Kinder unter drei Jahren zu erreichen. Von Bedeutung ist dabei freilich nicht nur, dass entsprechende Einrichtungen existieren, sondern auch, dass die Angebote auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf Bedacht nehmen und flexible Betreuungszeiten und -modelle angeboten werden. Auch insoweit bestehen in der Schweiz und in Deutschland beträchtliche regionale Unterschiede.