Nach deutschem Recht konnte bis Ende 2007 bekanntlich nach § 1570 BGB a.F. Unterhalt gefordert werden, "solange und soweit ( … ) wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann". Diese Bestimmung wurde von den Gerichten durch ein sog. Altersphasenmodell konkretisiert, wonach die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit neben der Kinderbetreuung beinahe ausschließlich vom Alter des Kindes abhängig war. Nach dem bisweilen abfällig als "08/15-Modell" bezeichneten, von der Rechtsprechung fast schon gesetzesgleich angewandten Schema konnte vor dem 8. Lebensjahr des Kindes vom betreuenden Elternteil überhaupt keine Erwerbstätigkeit erwartet werden. Zwischen dem 8. und 15. Lebensjahr war lediglich eine Teilzeittätigkeit zumutbar, die nicht stets den Umfang einer Halbtagsbeschäftigung erreichen musste, und erst, wenn das Kind 15 Jahre alt war, wurde regelmäßig eine vollzeitige Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils angenommen.
Vor dem Hintergrund des Wandels der sozialen Wirklichkeit und der unflexiblen, starren Handhabung des Altersphasenmodells durch die Unterhaltspraxis forderte der Gesetzgeber der Unterhaltsrechtsreform 2008 eine Korrektur; an die Stelle von unreflektiert angewandten Altersgrenzen sollte eine stärker einzelfallorientierte, an den tatsächlich bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung orientierte Betrachtung treten. Nach anfänglichen Unsicherheiten in der Rechtsprechung und vereinzelten Vorstößen in der Literatur, das überholte Altersphasenmodell neu zu justieren, hat sich der Bundesgerichtshof dem angeschlossen und in mehreren Leitentscheidungen klargestellt, dass es im Hinblick auf den eindeutigen Willen des Gesetzgebers nicht haltbar sei, wenn die Verlängerung des Betreuungsunterhalts über das 3. Lebensjahr des Kindes hinaus allein oder überwiegend von dessen Alter abhängig gemacht werde. Nach Auffassung der Karlsruher Richter sollen sowohl die kindbezogenen Verlängerungsgründe, insbesondere die Betreuungsbedürftigkeit, als auch die elternbezogenen Verlängerungsgründe als Ausdruck der nachehelichen Solidarität anhand einer Einzelfallprüfung entsprechend den individuellen Verhältnissen ermittelt werden. Die Forderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nach unbedingter Einzelfallgerechtigkeit hat indessen ihrerseits wieder vielfältige Kritik hervorgerufen, die darauf verweist, dass es sich insbesondere beim Betreuungsunterhalt um ein "Massengeschäft" handelt und der deshalb, um für die Gerichte, aber auch für die Rechtsberatung handhabbar zu bleiben, nach einem hohen Maß an Verlässlichkeit, Vorhersehbarkeit und Vergleichbarkeit von gerichtlichen Entscheidungen verlangt. Mit der Entscheidung vom 18.4.2012 hat der Bundesgerichtshof hierauf möglicherweise reagiert und konzediert, dass an die Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen keine überzogenen Anforderungen zu stellen seien sowie weiter, dass das Kindesalter im Rahmen der individuellen Prüfung der Betreuungsbedürftigkeit durchaus ein gewichtiges Kriterium sei: Die Entscheidung belegt, dass in Deutschland die Suche nach dem richtigen Gleichgewicht zwischen einer passgenauen Individuallösung einerseits und den Erfordernissen der Praxis andererseits noch unverändert andauert.