Gesetzliche Regelungen für nichteheliche Lebensgemeinschaften kennt das schweizerische Recht nicht. Das gilt selbst dann, wenn aus der Lebensgemeinschaft betreuungsbedürftige Kinder hervorgegangen sind. Denn die wirtschaftliche Unterstützung des nicht verheirateten, betreuenden Elternteils wird bislang weniger als zivilrechtliche denn als sozialstaatliche Aufgabe angesehen.
Lediglich zugunsten der Mutter eines nichtehelichen Kindes sieht Art. 295 Abs. 1 Nr. 2 ZGB eine Regelung vor; hier ist bestimmt, dass die Mutter vom Vater Ersatz für die Kosten ihres Unterhalts während mindestens vier Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt verlangen kann. Trotz der mit § 1615l BGB durchaus vergleichbaren Formulierung handelt es sich bei diesem Anspruch indessen keineswegs um einen Unterhaltsanspruch der ledigen Mutter gegen den Vater des Kindes, sondern in der Schweizer Lehre wird Art. 295 ZGB als eine Art von Entschädigungsanspruch mit haftpflichtrechtlichem Charakter qualifiziert. Daher verwundert es nicht, dass diese Bestimmung in der Praxis kaum Bedeutung hat. Nachdem dieser Befund vor noch nicht allzu langer Zeit Cyril Hegnauer, einen der bedeutendsten schweizerischen Familienrechtler, zu der Kritik veranlasste, dass der Betreuungsunterhalt in der Schweiz die rechtspolitische Schwelle noch nicht erreicht habe, scheint in der jüngsten Zeit ein deutliches Umdenken eingesetzt zu haben: In der Schweiz wird derzeit mehr und mehr die Forderung diskutiert, das Interesse des Kindes an einer persönlichen Betreuung durch einen Elternteil in den Vordergrund zu stellen und den Unterhaltsanspruch von der Statusfrage zu entkoppeln.
Auf diese Diskussion hat mittlerweile der schweizerische Gesetzgeber reagiert: Der Schweizer Bundesrat, die Bundesregierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, hat im Juli 2012 einen innovativen Gesetzentwurf zur Stärkung der gemeinsamen elterlichen Verantwortung und des Rechtes des Kindes auf Unterhalt verabschiedet und in die öffentliche Anhörung gegeben: Der Entwurf sieht eine Neufassung der Bestimmung zur Bemessung der Unterhaltsbedürftigkeit des Kindes vor (Art. 285 ZGB); künftig sollen – in Anlehnung an frühere Vorschläge der Baseler Professorin Ingeborg Schwenzer – die Kosten der Betreuung des Kindes, also die Kosten, die der betreuende Elternteil oder ein Dritter für die tägliche Pflege und Erziehung des Kindes aufzuwenden hat, in die Bemessung des Unterhaltsbeitrages für das Kind einbezogen werden. Soweit das Kind die persönliche Betreuung durch einen Elternteil benötigt – Art. 276 Abs. 2 ZGB-E –, sollen die mit dieser Betreuung verbundenen Kosten als konstitutiver Bestandteil des Kindesunterhalts begriffen werden. Dies hat – auch das ist neu – unabhängig vom Status der Eltern zu erfolgen; zur Beseitigung der bisherigen Diskriminierung von Kindern nicht verheirateter Eltern sollen die mit der Kindesbetreuung verbundenen Kosten der elterlichen Betreuungsperson in den Kindesunterhalt eingestellt werden ohne Rücksicht darauf, ob die Eltern verheiratet, geschieden oder ledig sind. Erstmals soll mit dem Entwurf auch die Rangfolge der Unterhaltsansprüche jedenfalls in einem Teilbereich gesetzlich geregelt werden; der erweiterte Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes soll allen anderen familienrechtlichen Unterhaltsansprüchen vorgehen (Art. 276a ZGB-E). Die Neudefinition des Kindesunterhalts soll nicht nur im Fall einer "klassischen Betreuung" gelten – "einer zahlt und eine betreut" –, sondern der schweizerische Gesetzgeber möchte mit der Neuregelung das – auch in Deutschland drängende – Problem neuartiger Betreuungsformen wie beispielsweise der geteilten oder wechselnden Betreuung lösen; auch insoweit sollen die jeweiligen Betreuungskosten in die Berechnung des Kindesunterhalts einfließen. Mit dem Inkrafttreten dieser Regelung würde der nacheheliche Betreuungsunterhaltsanspruch – Art. 125 Abs. 2 Ziff. 6 ZGB – aufgehoben werden. Die weitere Diskussion des spannenden Entwurfs, mit dem stellenweise unterhaltsrechtliches Neuland beschritten wird, bleibt abzuwarten.