Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifierung von ACE Getränken. Vorlage an den EuGH
Leitsatz (redaktionell)
1. Dem EuGH wird die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob ein nichtalkoholisches Getränk, das überwiegend aus Wasser, zu 12% aber aus Fruchtsäften besteht und neben Zucker eine Vitaminmischung enthält, die über den auf den Saftanteil bezogenen Vitamingehalt natürlicher Fruchtsäfte deutlich hinausgeht, in die Unterposition 2202 1000 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen ist.
2. Sollte der EuGH dies verneinen, wird die Frage gestellt, ob es sich bei einem solchen Getränk um einen mit Wasser verdünnten Fruchtsaft der Codenummer 2202 9010 11 TARIC handelt.
3. Sollte der EuGH auch diese Frage verneinen, stellt das FG die Frage, ob es sich bei einem solchen Produkt um eine Ware der Codenummer 2202 9010 19 TARIC handelt.
Normenkette
EWGV 2658/87 Art. 2; EGV 1719/2005 TARIC Codenummer 2202 1000 00; EGV 1719/2005 TARIC Codenummer 2202 1000 00 Unterposition 2202 9010 11; EGV 1719/2005 TARIC Codenummer 2202 1000 00 Unterposition 2202 9010 99; AEUV Art. 267
Nachgehend
Tenor
I. Dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) wird gem. Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
- Ist ein nichtalkoholisches Getränk, das überwiegend aus Wasser, zu 12% aber aus Fruchtsäften besteht und neben Zucker eine Vitaminmischung enthält, die über den auf den Saftanteil bezogenen Vitamingehalt natürlicher Fruchtsäfte deutlich hinausgeht, in die Unterposition 2202 1000 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen?
- Wenn die erste Frage verneint wird: Handelt es sich bei einem solchen Getränk um einen mit Wasser verdünnten Fruchtsaft der Codenummer 2202 9010 11 TARIC?
Wenn die ersten beiden Fragen verneint werden:
Handelt es sich bei einem solchen Produkt um eine Ware der Codenummer 2202 9010 19 TARIC?
II. Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des EuGH über die Vorabentscheidungsfrage ausgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist eine Getränkeherstellerin. Unter anderem im Jahr 2006 hat sie das Getränk „Y xx” in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes ACE-Getränk mit den folgenden Inhaltsstoffen:
Wasser, Zucker, konzentrierter Orangen-, Zitronen-, Trauben-, Ananas-, Mandarinen-, Nektarinen- und Maracujasaft, Aprikosen- und Guavenmark, Säuerungsmittel: Citronensäure, Vitaminmischung (Vitamin C, Niacin, Vitamin E, Pantothensäure, Beta-Carotin [Provitamin A], Vitamin B6, Vitamin B1, Folsäure, Biotin, Vitamin B12), Konservierungsstoffe: E 242 und E 202, Stabilisatoren; E 440 und E 410, Aroma aus Aromaextrakten, natürlichen Aromastoffen und naturidentischen Aromastoffen. Der Fruchtgehalt beträgt insgesamt 12 %. Dabei entspricht der Vitamingehalt in 100 ml jeweils 15 %, hinsichtlich des Vitamins A 30 % der empfohlenen Tagesdosis.
Die Klägerin meldete das Getränk jeweils als Schweizer Ursprungsware als „Wasser, einschließlich Mineralwasser und kohlensäurehaltiges Wasser, mit Zusatz von Zucker, anderen Süßmitteln oder Aromastoffen” unter der Codenummer 2202 1000 00 des mit Art. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den gemeinsamen Zolltarif (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft – ABl. – Nr. L 256/1) eingeführten und in Anhang II der Verordnung enthaltenen Integrierten Tarifs der Europäischen Gemeinschaften in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1719/2005 vom 27. Oktober 2005 (ABl. Nr. L 286/1) – TARIC – zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Die Waren wurden aufgrund einer für diese Tarifnummer bestehenden Präferenz für Schweizer Ursprungswaren zollfrei belassen.
Im Rahmen einer Zollprüfung im Jahr 2008 ging der Prüfer aufgrund einer entsprechenden Auskunft der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt Z bei der Bundesfinanzdirektion vom 29. Dezember 2008 davon aus, dass es sich bei dem Getränk um „Frucht- oder Gemüsesäfte, mit Wasser verdünnt oder kohlensäurehaltig” und damit um eine Ware der Unterposition 2202 9010 11 TARIC (Abgabensatz 9,6%) handelt (Prüfungsbericht vom 5. Mai 2009). Daraufhin teilte das beklagte Hauptzollamt (HZA) der Klägerin für einzeln aufgelistete, zwischen dem 6. und 28. Februar 2006 erfolgte Einfuhren des Getränks „Y xx” mit Nacherhebungsbescheid AT/S/0/000018/02/2009/4100 vom 2. Februar 2009 auf der Grundlage einer Einreihung in die Unterposition 2202 9010 11 TARIC Zoll in Höhe von xxx EUR mit. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 2010) erhob die Klägerin Klage.
Am 25. Februar 2014 wurde die Sache mündlich verhandelt.
Entscheidungsgründe
II.
Der Senat setzt das Verfahren aus und legt dem EuGH die aus dem Tenor ersichtlichen Fragen gem. Art. 267 AEUV zur Vorabentscheidung vor.
1. Rechtlicher Rahmen
Position 2202 und die vorliegend relevanten Unterpositionen haben den folgenden Wortlaut:
2202 |
Wasser, einschließlich ... |