Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Bestellung als Steuerberater. Vermögensverfall und dauerhafte Gefährdung der Auftraggeberinteressen
Leitsatz (redaktionell)
1. Von einem Steuerberater, der in Vermögensverfall geraten ist und keinerlei erkennbare und bewertbare Anstrengungen unternimmt, seine Vermögenslage durch Tilgungen und Bemühungen um Tilgungsstreckungen oder Stillhalteabkommen mit den Gläubigern zu stabilisieren, ist eine dauerhafte Gefährdung der Auftraggeberinteressen zu befürchten, weil die mangelnde Bereitschaft, die eigenen Vermögensverhältnisse zu ordnen, jederzeit auch bei der Bearbeitung der steuerlichen Angelegenheiten von Mandanten auftreten kann.
2. Die auf Grund seiner nicht widerlegten Untätigkeit hinsichtlich der eigenen Angelegenheiten begründete Befürchtung der Gefährdung von Mandanteninteressen kann der Steuerberater nicht dadurch ausräumen, dass er sich auf Bescheinigungen seiner Mandanten beruft, wonach diese keinerlei Veranlassung für die Gefährdung ihrer Interessen sehen, die der Berater bisher in vollem Umfang gewahrt habe.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4 Fassung: 1975-11-04
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A.
Streitig ist, ob die Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls zu widerrufen ist.
Der Kläger wurde mit Urkunde des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 27. November 1973 als Steuerberater bestellt. Er unterhielt seine berufliche Niederlassung bis zum 31.12.1993 in … Zu diesem Zeitpunkt veräußerte er seine Steuerberatungskanzlei an Rechtsanwalt und Steuerberater … und verlegte seine berufliche Niederlassung nach … Mit Schreiben vom 10. Januar 1995 teilte ihm die Senatsverwaltung für Finanzen von Berlin mit, dass beabsichtigt sei, seine Bestellung als Steuerberater zu widerrufen, weil er im Zentralschuldnerverzeichnis des Amtsgerichts … eingetragen sei und am 4. Oktober 1994 unter dem Az.: … die eidesstattliche Versicherung abgelegt habe, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15. Februar 1995.
Mit Schreiben seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 3. April 1995 erklärte der Kläger: Die Interessen seiner Auftraggeber seien durch seinen Vermögensverfall nicht gefährdet, da er diese ausschließlich berate, jedoch keine Steuererklärungen und Bilanzen erstelle, keine Buchhaltungsarbeiten vornehme und insbesondere keine Gelder seiner Klienten verwalte und an solche nicht herankomme. Vorschüsse verlange er nicht und habe dies noch nie getan. Seine verbliebenen zwei Auftraggeber kennten seine Vermögenssituation. Im Hinblick auf eingegangene Wettbewerbsverpflichtungen werde er diese Situation künftig nicht ändern. Er sei bemüht, seine Vermögensverhältnisse im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten zu ordnen. Die Forderung des Gläubigers, auf dessen Veranlassung er die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe, habe er beglichen. Mit weiteren Gläubigern, die ganz erhebliche Forderungen gegen ihn geltend gemacht hätten, habe er sich geeinigt.
Auf ein weiteres, die wirtschaftliche Situation des Klägers darlegendes Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 5. Oktober 1995 teilte die Senatsverwaltung mit Schreiben vom 6. November 1995 mit, die Entscheidung über den Widerruf der Bestellung werde bis zum 30. Juni 1996 ausgesetzt; es werde um Unterrichtung gebeten, wenn die Eintragung des Klägers im Zentralschuldnerverzeichnis des Amtsgerichts … gelöscht sei. Die Prozessbevollmächtigten trugen mit Schreiben vom 4. September 1996 vor, die eidesstattliche Versicherung sei durch die Befriedigung des Gläubigers obsolet geworden; weitere Forderungen seien erledigt oder es gebe erfolgversprechende Verhandlungen mit den Gläubigern. Die Senatsverwaltung forderte mit Schreiben vom 14. November 1996 den Kläger nochmals auf, die Löschung der eidesstattlichen Versicherung sowie die Vereinbarungen mit anderen Gläubigern bis 31. März 1997 nachzuweisen. Diese Frist wurde von der Senatsverwaltung bis zum 20. Mai 1997, wegen zwischenzeitlich mitgeteilter Verhandlungen mit der Volksbank … über die Bereinigung der finanziellen Verhältnisse des Klägers bis 5. September 1997 und letztmals bis 15. Dezember 1997 verlängert. Der Kläger machte gegenüber der Senatsverwaltung keine Angaben mehr zum Sachstand, sondern teilte mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 27. Januar 1998 mit, dass er seine Steuerberatungspraxis in den Großraum … verlegen werde. Eine entsprechende Anzeige machte er mit Schreiben vom 25. Februar 1998 bei der Steuerberaterkammer … Die Senatsverwaltung für Finanzen in … gab darauf mit Schreiben vom 12. März 1998 die Berufsakte an das Finanzministerium (FM) … unter Hinweis auf das eingeleitete Widerrufsverfahren ab.
Die Oberfinanzdirektion (OFD) … nahm das Widerrufsverfahren auf und gab dem Kläger mit Schreiben vom 9. Dezember 1999 nochmals Gelegenheit, sich bis zum 12. Januar 2000 zu der Sache zu äußern und die erforderlichen Nachweise beizubringen; andernfalls sei nach ...