Entscheidungsstichwort (Thema)
Indizien für das frühere Vorhandensein eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft. Fortführung durch die Rechtsnachfolger. Grundstücke als landwirtschaftliches Betriebsvermögen. Betriebsaufgabe
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Existenz eines landwirtschaftlichen Anwesens mit Wirtschaftsgebäuden und das Eigentum an umfangreichen fruchtbaren landwirtschaftlichen Flächen sowie die von mehreren Vorfahren des Steuerpflichtigen absolvierte qualifizierte landwirtschaftliche Ausbildung (Studium der Landwirtschaft) sind Beweisanzeichen dafür, dass die Familie ihre landwirtschaftlichen Güter seit Generationen selbst verwaltet und bewirtschaftet hat und die landwirtschaftlich genutzten Flächen entsprechend zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörten.
2. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sind demjenigen zuzurechnen, auf dessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wird. Dies ist derjenige, dem die Nutzungen des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, insbesondere des Grund und Bodens, zustehen, in der Regel also der Eigentümer der Grundstücke und sonstigen Betriebsmittel. Dies gilt selbst dann, wenn der Eigentümer den Betrieb nicht selbst führt, sondern durch einen Dritten, z. B. einen Verwalter, bewirtschaften lässt.
3. Landwirtschaftliche Grundstücke bleiben in der Hand der Rechtsnachfolger Betriebsvermögen, wenn ursprünglich ein landwirtschaftlicher Betrieb bestanden hat und die Grundstücke später nicht entnommen wurden oder der Betrieb aufgegeben wurde.
4. Eine (parzellenweise) Verpachtung der Ackerflächen und die allmähliche Aufgabe der Selbstbewirtschaftung führen für sich genommen regelmäßig nicht zu der Betriebsaufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs. Aus Beweisgründen kann die Absicht, den Betrieb bei einer Verpachtung der wesentlichen Betriebsgrundlagen endgültig aufzugeben, nur bei einer – im Streitfall nicht abgegebenen – unmissverständlichen und eindeutigen Aufgabeerklärung des Steuerpflichtigen angenommen werden.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1, §§ 13, 14 S. 2, § 16 Abs. 3
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 23.05.2019; Aktenzeichen VI B 31/18) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob landwirtschaftliche Grundstücke zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Eigentümers gehörten mit der Folge, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Grundstücke bei dessen Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft der (Boden-) Besteuerung unterliegt.
1. Die Klägerin stammt aus einer Adelsfamilie, [___]
Die Klägerin wurde Gesamtrechtsnachfolgerin ihres Großvaters G (G; … bis 1942). Die von der Klägerin geerbten landwirtschaftlichen Grundstücke in X hatten im Jahre 1955 eine Gesamtfläche von mehr als … ha (vgl. Einkommensteuererklärung für 1955, Anlage K5 – Anlagenband –; s. ferner Besitzstandsbogen für das landwirtschaftliche Vermögen zum 1. Januar 1964; Einheitswertakten). Zu den geerbten Grundstücken gehörten die (im Streitjahr 2007 veräußerten) Flurstücke Nrn. xxx, yyy, zzz (K. wiesen), die im Besitzstandsbogen als landwirtschaftliche Nutzfläche (Ackerland) gekennzeichnet und als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (Stückländerei) bewertet waren.
Die Erb- und Vermögensnachfolge wurde in der Familie in der Vergangenheit so geregelt, dass das Familienvermögen in X und in Y – es handelt sich jeweils um frühere (al-lodifizierte) Lehensgüter – getrennt und jeweils auf die übernächste Generation übertragen wurde (unter Überspringen einer Generation von „1 auf 3” und „von 2 auf 4” nach der Erläuterung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin). Entsprechend war das Familienvermögen in Y von der Gesamtrechtsnachfolge nach dem Tod des G nicht betroffen. Eigentümerin war beim Tod des G (bereits) dessen einzige Tochter, die Mutter der Klägerin, M. M hatte [___] zusammen mit ihrer Tochter (Klägerin) und ihrem Vater auf dem Hofgut der Familie in X gelebt [___].
In den Jahren 1992 und 1995 trafen die Mitglieder der Familie mehrere Regelungen zur vorweggenommenen Erbfolge. Der Sohn der Klägerin (C), der zugleich Adoptivsohn seiner Großmutter M ist, erhielt von M wesentliche Teile des Grundvermögens in Y übertragen, insbesondere Waldflächen (rd. xx ha) und Ackerland (rd. xx ha) sowie den Schlossgarten mit Grün- und Umland. In dem Übergabevertrag hat C zugleich seiner Mutter (der Klägerin) den umfassenden Nießbrauch an den erworbenen Grundstücken eingeräumt.
Wegen der Einzelheiten der Eigentumsverhältnisse wird Bezug genommen auf die vorgelegten Unterlagen (s. Übergabevertrag vom 22. Dezember 1995, Rechtsbehelfsakte, sowie Anlagenband Anlagen K46 f).
2. Im Rahmen der Bodenschätzung im Jahre 1937 waren die landwirtschaftlichen Betriebe in der Gemeinde X in Betriebsgrößengruppen eingeteilt worden. Ein Betrieb „KF” war dabei in der Gruppe „5 – 10 ha” mit einer Fläche von 8 ha erfasst worden (s. Betriebsprüfungsakten Bd. 1 Bl. 91 f).
Die Mutter der Klägerin (M...