Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung eines ehrenamtlichen Richters nach dem Justizvergütungs- und Justizentschädigungsgesetz ist steuerpflichtig
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Vergütung nach dem Justizvergütungs- und Justizentschädigungsgesetz (JVEG) für die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter (Schöffe) ist als Einkünfte aus selbstständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG steuerpflichtig.
2. Die Aufwandsentschädigung ist nicht nach § 3 Nr. 12 S. 1 Nr. 26 EStG steuerfrei.
Normenkette
EStG § 2 Abs. 2, § 3 Nrn. 12, 26, § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 24 Nr. 1a, § 24; JVEG §§ 16, 18
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger, ein nicht selbstständig tätiger Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, war im Streitjahr 2010 auch als ehrenamtlicher Richter (Schöffe) beim Landgericht X tätig und hat hierfür eine Vergütung nach dem Justizvergütungs- und Justizentschädigungsgesetz –JVEG– erhalten. Ihm wurde u.a. eine Entschädigung i.H.v. 2.320 EUR für Verdienstausfall und i.H.v. 565 EUR für Zeitversäumnis bezahlt.
Nach § 16 JVEG beträgt die Entschädigung für Zeitversäumnis 5 EUR je Stunde. § 18 JVEG sieht eine Entschädigung für Verdienstausfall vor. Danach wird für den Verdienstausfall neben der Entschädigung nach § 16 JVEG eine zusätzliche Entschädigung gewährt, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge richtet, jedoch höchstens 20 EUR je Stunde beträgt. Die Entschädigung beträgt bis zu 39 EUR je Stunde für ehrenamtliche Richter, die in demselben Verfahren an mehr als 20 Tagen herangezogen oder innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen an mindestens sechs Tagen ihrer regelmäßigen Erwerbstätigkeit entzogen werden.
Im Haushaltsplan Baden-Württemberg 2010/11 sind unter 0503 Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften Titel 412 01 FKZ 052 Entschädigungen an ehrenamtliche Richter u. dgl. ausgewiesen. Erläutert wird: Die bei Gerichten als ehrenamtliche Richter zugezogene Personen werden nach dem JVEG in der jeweils geltenden Fassung entschädigt.
Die Kläger erklärten in ihrer Einkommensteuererklärung 2010 u.a. die Entschädigungen nach dem JVEG i.H.v. 2.860 EUR als Arbeitslohn ohne Steuerabzug (ohne den Fahrtkostenersatz und den Ersatz sonstiger Aufwendungen, wie z.B. Parkgebühren). Wegen der Einzelheiten wird auf die Abrechnungen des Landgerichts X Bezug genommen (Einkommensteuerakten, S. 47-53).
Der Beklagte behandelte die Vergütungen nach dem JVEG (mit Ausnahme des Ersatzes von Fahrtkosten und sonstiger Aufwendungen) als steuerpflichtige Einnahmen (Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 10. Juli 2012).
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Sie führten im Wesentlichen aus, die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit des Klägers seien um 2.860 EUR zu kürzen. Denn die Entschädigung für die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter (Schöffe) nach JVEG sei nicht steuerbar.
Während des Einspruchsverfahrens fiel dem Beklagten auf, dass der Kläger insgesamt 2.885 EUR erhalten habe. Er änderte dennoch den Einkommensteuerbescheid nicht, da der Mehrbetrag von 25 EUR zu keiner höheren Einkommensteuer führt.
Mit ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend, die ihm, dem Kläger, zugeflossenen Vergütungen gemäß §§ 16, 18 JVEG seien keine Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1-7 Einkommensteuergesetz –EStG–. Die Entschädigungen für Verdienstausfall und Zeitversäumnis seien nicht steuerbar. Sie könnten keiner der sieben Einkunftsarten zugeordnet werden. Das Amt als ehrenamtlicher Richter bedeute gleichermaßen Ehre wie auch Verpflichtung. Wer ein solches Amt auszuüben habe, dürfe es nur aus gewichtigen Gründen ablehnen. Dieses Ehrenamt sei mit Einsatz von Zeit verbunden und könne auch, je nach Wohnort und persönlichen Verhältnissen, erheblichen Aufwand mit sich bringen. Als ehrenamtlicher Richter werde er für den zeitlichen Aufwand, den seine Dienste von ihm abverlangen, entschädigt. Denn der ehrenamtliche Richter stehe nicht, wie ein Berufsrichter, in einem festen Dienst- oder Arbeitsverhältnis. Der ehrenamtliche Richter erhalte eine Wiedergutmachung für einen staatlichen Eingriff, der darin bestehe, dass ihm hoheitlich das Schöffenamt auferlegt werde, ohne dass es dazu auf seine Einwilligung ankomme. Charakteristisch für die Entschädigung sei, dass sie nicht die tatsächlich entstandene Einbuße vollumfänglich kompensiere, sondern dem Betroffenen in der Regel nur einen angemessenen Ausgleich biete. Die Entschädigung für ehrenamtliche Richter sei im JVEG geregelt und setze sich aus mehreren Einzelpositionen, im Wesentlichen einer Entschädigung für Fahrtkostenersatz und sonstige Aufwendungen, einer Entschädigung für Zeitversäumnis sowie ei...