Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung von Kapitaleinkünften bei nicht nachgewiesenem Treuhandverhältnis. Auskunftsverweigerungsrecht eines Rechtsanwalts. Benennungsverlangen. Schätzung der Zinserträge einer Kapitalanlage in der Schweiz
Leitsatz (redaktionell)
1. Überlässt ein Steuerpflichtiger im eigenen Namen und für eigene Rechnung Kapitalvermögen einer Schweizer Bank zur Nutzung gegen Entgelt und erwirbt er Anteile an einem Fonds, bezieht er Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG.
2. Gemäß § 1006 Abs. 1 und 3 BGB ist derjenige, der ein Konto auf seinen Namen einrichtet, auch Inhaber der Forderung.
3. Dem steht nicht die Angabe des Verwendungszwecks „für fremdes Konto” entgegen, wenn die Zahlung auf das eigene Konto erfolgt und mit der unwahren Angabe offenkundig der Zweck verfolgt wird, die Erträge im Inland zu verschleiern.
4. Bestehen keinerlei Anhaltspunkte für die Existenz eines Treuhandverhältnisses und kommt der Steuerpflichtige dem rechtmäßigen Verlangen des FA nach § 159 AO, den Treugeber zu benennen, nicht nach, so sind die Zinseinkünfte dem Steuerpflichtigen zuzurechnen, der sich auf die Treuhandschaft beruft.
5. Das Auskunftsverweigerungsrecht hinsichtlich eines Berufsgeheimnisträgers (im Streitfall ein Rechtsanwalt) beschränkt sich auf das, was ihm in dieser Eigenschaft anvertraut worden ist und nicht auf private eigene Geschäfte.
6. Bei der Schätzung der Kapitalerträge einer Kapitalanlage in der Schweiz ist ein Zinssatz von 2 % sachgerecht.
Normenkette
AO § 102 Abs. 1 Nr. 3b, § 159 Abs. 2, § 162 Abs. 2 S. 2, § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 169 Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 171 Abs. 5; EStG § 20; BGB § 1006 Abs. 1, 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
Der Kläger (Kl) erzielte in den Streitjahren neben selbständigen Einkünften aus seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt weitere Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen.
Der Kl ist Inhaber des Kontos 111 bei der X Bank K. Am 12. November 1993 hob er von diesem Konto einen Geldbetrag in Höhe von 130.000 DM und außerdem noch von dem auf „A.B…” lautenden Konto 222 einen Betrag in Höhe von 92.417,03 DM ab. Die jeweils vom Kl unterzeichneten Quittungen über die Auszahlung beider Beträge tragen die fortlaufenden Formularnummern /345 und …/346. Ebenfalls an diesem Tag wurde ein Betrag von 221.000,00 DM „für fremdes Konto” mit dem Verwendungszweck „Y 55” auf das Konto 444 bei der X Bank Schweiz eingezahlt. Wenig später, am 16. November 1993, ließ sich der Kl von seinem Konto Nr. 111 bei der X Bank in K 302.335,00 DM auszahlen. Auch diesmal wurde am selben Tag ein Betrag in Höhe von 300.000 DM wiederum „für fremdes Konto” mit dem Verwendungszweck „Y 55” auf das Konto 444 bei der X Bank AG Schweiz einbezahlt. Die X Bank K erfasste die Einzahlungen auf das Schweizer X Bankkonto jeweils unter der Belegart Bar-Transfer.
Unabhängig davon wurden am 12. November 1993 bei der X Bank-Filiale 9… in K 370 Anteile des Fonds „Z” sowie 580 Anteile des Fonds „P” eingeliefert und die mit Stücke-Nummern bezeichneten Wertpapiere zur X Bank-Zentrale in B weitergeleitet. Am 1. Dezember 1993 bestätigte die X Bank AG in B den Eingang dieser Stücke unter gleichzeitiger Einlieferung in das Depot der X Bank AG Schweiz. Die X Bank K erfasste den Vorgang unter der Belegart Effekteneingang Haben zugunsten der ausländischen Konto-Nr. 55.
Über das Schweizer Konto legte der Kl ein Schreiben der X Bank Schweiz vom 30. Oktober 2009 mit folgendem Inhalt vor (Anmerkung des Gerichts: Schwärzung erfolgte durch den Kl):
„Ihrem Wunsch entsprechend bestätigen wir, dass bis zum … eine Geschäftsbeziehung mit der CIF-Nr. 66… (Y-Nr 55) mit unserem Institut bestand. Ueber die genannte Geschäftsbeziehung war – neben dem Kontoinhaber – eine Drittperson uneingeschränkt verfügungsberechtigt. Als wirtschaftlich Berechtigte waren uns drei Personen bekannt. …”
In seinen Steuererklärungen der Streitjahre 1994 bis 1998, die er für das Jahr 1994 am 17. April 1996, für das Jahr 1995 am 9. Juni 1997, für das Jahr 1996 am 9. September 1998, für das Jahr 1997 am 28. Mai 1999 und für das Jahr 1998 am 7. Januar 2000 eingereicht hatte, gab der Kl zwar inländische, jedoch keine ausländischen Einkünfte aus Kapitalvermögen an.
Der Beklagte (Bekl) erließ erstmalige Einkommensteuer-(ESt)-Bescheide am 26. September 1996 für das Jahr 1994, am 20. November 1998 für die Jahre 1995 und 1996, am 21. Juli 1999 für das Jahr 1997 und am 23. Februar 2000 für das Jahr 1998. Dabei berücksichtigte er für die Jahre 1994 bis 1997 die Kapitaleinkünfte zunächst erklärungsgemäß. Nach einer Betriebsprüfung ergingen dann wegen im hiesigen Verfahren nicht streitgegenständlicher Punkte unter anderem auch hinsichtlich der Kapitaleinkünfte des Kl geänderte Bescheide. Für das Jahr 1998 berücksichtigte der Bekl die Feststellungen der Betriebsprüfung im erstmaligen Steuerbescheid.
Nachdem die Steuer...