rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsregress eines Scheinvaters gegenüber dem leiblichen Vater: Regresszahlungen bei dem leiblichen Vater keine außergewöhnliche Belastung. Einkommensteuer 1987
Leitsatz (amtlich)
1. Leistet eine Person in der fälschlichen Annahme eigener Vaterschaft (Scheinvater) Unterhaltszahlungen für sein (vermeintliches) Kind, sind auf Regresszahlungen im Verhältnis leiblicher Vater/Scheinvater die Grundsätze des § 33a EStG anwendbar.
2. Ein Abzug der Regresszahlungen bei dem leiblichen Vater als außergewöhnliche Belastung nach § 33 Abs. 1 EStG scheidet insoweit jedenfalls für die Zeiträume der ursprünglichen Unterhaltsgewährung aus, in denen die leibliche Mutter (als „andere Person”) einen Anspruch auf Kindergeld nach dem Bunderkindergeldgesetz (bis VZ 1985) bzw. einen Anspruch auf einen Kinderfreibetrag (ab VZ 1986) hatte.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1, § 33a; BGB §§ 1615b, 1615d
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Bei der Einkommensteuer- (ESt-)Veranlagung 1987 ist streitig, ob Regreßzahlungen des Vaters eines nichtehelichen Kindes an den früheren Ehemann der Mutter des Kindes (Scheinvater) wegen von diesem gewährtem Unterhalt als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind.
Der im Jahre 1944 geborene unverheiratete Kläger ist Vater zweier nichtehelicher Kinder und zwar einer am 05. August 1967 geborenen Tochter und eines am 26. September 1978 geborenen Sohnes. Seine Vaterschaft zu seiner Tochter blieb über viele Jahre hinweg verborgen. Sie galt zunächst als eheliches Kind des seinerzeitigen Ehemannes ihrer Mutter in dessen Haushalt sie bis zur Trennung der Ehegatten im Jahre 1976 lebte. Bis zu diesem Zeitpunkt gewährte der Scheinvater dem Kind Unterhalt durch Naturalleistungen und im Anschluß daran mit Unterbrechungen bis Dezember 1983 Unterhaltszahlungen von monatlich 200,– DM. Nach der Scheidung von der Mutter des Kindes focht der Scheinvater die Ehelichkeit des Kindes an. Das Amtsgericht G. stellte mit Urteil vom 02. Februar 1984 … fest, daß er nicht Vater des Kindes ist. Daraufhin erwirkte das Kind vertreten durch seine Mutter durch Urteil des Amtsgerichts G. vom 28. März 1985 … die Feststellung, daß es die leibliche Tochter des Klägers des vorliegenden Verfahrens ist. Dessen Berufung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts … – vom 25. April 1986 (…) als unbegründet zurückgewiesen.
Der Scheinvater nahm daraufhin den Kläger des vorliegenden Verfahrens gemäß § 1615 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf Erstattung von Unterhaltsleistungen für die Zeit von der Geburt des Kindes am 05. August 1967 bis Dezember 1983 in Höhe von insgesamt 35.670,26 DM in Anspruch. Der Kläger des vorliegenden Verfahrens erkannte diese Forderung dem Grunde nach an und leistete darauf die folgenden Abschlagszahlungen:
für die Zeit von August 1967 |
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bis Juni 1976 am 08. Juli 1986 |
11.757,– DM |
für die Zeit ab November 1976 |
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am 10. September 1986 |
5.500,– DM |
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17.257,– DM. |
Gegen die Höhe der Regreßforderung wandte er u. a. ein, der Scheinvater müsse sich auf seine Ansprüche, die ihm als Beamten infolge der Zurechnung des Kindes gewährten erhöhten Ortszuschläge, das über Jahre hinweg bezogene Kindergeld sowie sonstige Kinderzuschläge und steuerliche Vorteile anrechnen lassen. Dieser Rechtsstreit endete vor dem Amtsgericht O. mit einem Vergleich vom 23. April 1987 … in dem sich der Kläger des vorliegenden Verfahrens verpflichtete, bis zum 30. Juni 1987 weitere 17.500,– DM an den Scheinvater zu bezahlen und 4/5 der Prozeßkosten zu tragen. Für diesen Rechtsstreit zahlte er neben der genannten Vergleichssumme im streitigen Veranlagungszeitraum 1987 Rechtsanwalts- und Gerichtskosten in Höhe von insgesamt 6.168,– DM. Außerdem zahlte er in diesem Jahr für das von seiner Tochter gegen ihn geführte Vaterschaftsfeststellungsverfahren Rechtsanwalts- und Gerichtskosten in Höhe von 7.400,– DM. Laufenden Unterhalt für seine im streitigen Veranlagungszeitraum 1987 20-jährige in Berufsausbildung befindliche Tochter zahlte er in diesem Jahr und den Vorjahren nicht. Der Kinderfreibetrag für 1987 wurde daher durch Verfügung vom 20. Dezember 1988 des Wohnsitzfinanzamtes der Mutter des Kindes gemäß § 32 Abs. 6 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) auf die Mutter übertragen.
In seiner ESt-Erklärung 1986 machte der Kläger die in diesem Jahr geleisteten o.a. Abschlagszahlungen von 17.257,– DM nicht als außergewöhnliche Belastung geltend. Im Gegensatz dazu beantragte er in der ESt-Erklärung für den streitigen Veranlagungszeitraum 1987 ohne nähere Aufgliederung und Erläuterung „Unterhaltszahlungen für die Jahre ab 1967” in Höhe von 25.500,– DM als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Nachdem das beklagte Finanzamt (FA) seinen Steuerberater wiederholt ohne Erfolg aufgefordert hatte, hierzu nähere Nachweise vorzulegen, lehnte es die Anerkennung der beantragten außergewöhnlichen Belastung im ESt-Bescheid 1987 vom 08. Mai 1990 ab. Dagegen legt...