Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufgaben eines Betriebsprüfers. Zulässigkeit eines auf die Ermittlung steuerlicher Verhältnisse Dritter gerichteten Auskunftsersuchens. Zulässigkeit eines Auskunftsersuchens nach § 93 AO im Rahmen einer Außenprüfung
Leitsatz (redaktionell)
1. Zu den typischen Aufgaben eines Betriebsprüfers gehört es nicht, die steuerlichen Verhältnisse Dritter – hier: der Kunden der geprüften Bank – zu ermitteln. Letzteres ist nur im Rahmen des § 194 Abs. 3 AO zulässig, soweit der Prüfer die Erkenntnisse über Dritte anlässlich er Außenprüfung gewonnen hat.
2. „Anlässlich” im Sinne des § 194 Abs. 3 AO bedeutet mehr als einen bloß zeitlichen Zusammenhang zwischen der Außenprüfung und der Feststellung steuerrelevanter Verhältnisse Dritter. Der Anlass des Prüfers, steuerliche Verhältnisse Dritter festzustellen, muss in sachlichem Zusammenhang mit einer konkreten, durch § 194 Abs. 1 Satz 1 AO bestimmten Prüfungstätigkeit stehen. Es ist nicht gestattet, dass der Prüfer während einer regulären Betriebsprüfung seine auf die Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen gerichtete Prüfungshandlung unterbricht, und sich im Rahmen der Betriebsprüfung mit den Machtmitteln eines Betriebsprüfers, aber außerhalb des durch § 194 Abs. 1 Satz 1 AO festgelegten Prüfungsauftrags Kenntnisse über die steuerlichen Verhältnisse Dritter verschafft.
3. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob die durch die rechtswidrigen Prüfungsmaßnahmen angestrebten Kenntnisse auf rechtmäßige Weise außerhalb der Betriebsprüfung etwa durch ein auf § 93 Abs. 1 AO gestütztes Auskunftsersuchen oder durch Einschaltung der Steuerfahndung gewonnen werden könnten.
Normenkette
AO 1977 § 93 Abs. 1, § 194 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
Nachgehend
Tenor
I. Das Auskunftsverlangen des Beklagten vom 30. Oktober 1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 05. März 1999 wird insoweit aufgehoben, als es die Namen der Kunden verlangt, deren Tafelgeschäfte auf dem Konto „Fällige eigene IHS Tafelemissionen” verbucht wurden.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Tatbestand
Bei der Klägerin als Rechtsnachfolgerin der … bank (Bank) fand im Jahre 1998 eine Betriebsprüfung statt, die sich auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse für die Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, gesonderte Feststellung des Teilbetrags des verwendbaren Eigenkapitals, des Einheitswerts des Betriebsvermögens und des Zinsabschlags für die Jahre 1993 bis 1996 bezog.
Die Bank hat den Verkauf von Tafelpapieren auf dem Konto „Fällige eigene IHS Tafelemissionen” verbucht. Die Barzahlung für die Tafelpapiere wurden auf dem Kassenkonto festgehalten. In einigen Fällen standen den Bareinzahlungen für die Tafelpapiere auf dem Kassenkonto zeit- und pfenniggleiche Barauszahlungen von Giro-, Spar- oder anderen Geldkonten der Kunden der Bank gegenüber. Dem Beklagten war schon vor Prüfungsbeginn bekannt, dass Banken auf diese Weise Tafelgeschäfte mit denjenigen Kunden anonymisieren, die bei ihnen Geldkonten unterhalten. Bei den Barauszahlungen waren nicht die Namen der Bankkunden, sondern nur deren Kontonummern auf dem Kassenkonto vermerkt.
Mit Schreiben vom 30. Oktober 1998 forderte die Betriebsprüfungshauptstelle beim Beklagten unter dem Betreff „Betriebsprüfung bei der … [Bank] hier: Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 Abgabenordnung (AO)” die Klägerin auf, die Namen der jeweiligen Kontoinhaber zu benennen, damit den Veranlagungsfinanzämtern der Kontoinhaber Kontrollmitteilungen über die Tafelgeschäfte versendet werden könnten.
Gegen diese Aufforderung richtet sich nach erfolglosem Einspruch die vorliegende Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, § 93 AO gestatte es dem Prüfer nicht, die Namen der Kunden zu verlangen. Neben § 93 AO gingen die spezialgesetzlichen Vorschriften über die Betriebsprüfung vor. Hierzu zähle § 194 Abs. 3 AO. Dieser gestatte die Verwertung der vom Betriebsprüfer erlangten Kenntnisse über die steuerlichen Verhältnisse Dritter nur, wenn sie anlässlich einer Betriebsprüfung erlangt worden seien. Maßnahmen im Rahmen einer Betriebsprüfung, die ausschließlich darauf gerichtet seien, steuerliche Verhältnisse von dritten Personen zu ermitteln, seien nicht erlaubt.
Die Klägerin beantragt,
das Auskunftsersuchen vom 30. Oktober 1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 05. März 1999 insoweit aufzuheben, als es sich auf die Namen der Kunden bezieht, deren Tafelgeschäfte auf dem Konto „Fällige eigene IHS Tafelemissionen” verbucht worden sind.
Der Beklagte beantragt
Klagabweisung.
Er trägt vor, der Prüfer habe den Komplex Tafelpapiere bei der Bank untersucht und zu Beginn der Untersuchung von den Ansprechpartnern in der Bank die Vorlage des Kontos Fällige eigene IHS Tafelemissionen verlangt und gleichzeitige darauf hingewiesen, dass er sich auf Tafelgeschäfte über 100.000 DM beschränken würde. Er habe hierauf von den Mitarbeite...