rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbegünstigung des Veräußerungsgewinns beim Ausscheiden aus einer Steuerberater-Sozietät und Neueröffnung einer Einzelpraxis

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Scheidet ein Steuerberater aus einer Steuerberater-Sozietät aus, kann der Veräußerungsgewinn auch dann nach § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 4 und § 34 Abs. 2 EStG tarifbegünstigt sein, wenn der Steuerberater ein halbes Jahr später in einer 15 Kilometer von der Sozietät entfernten Gemeinde eine Einzelpraxis eröffnet hat. Nur eine solche Nähe zum Ort der bisherhigen Berufsausübung ist schädlich, die eine nennenswerte Förderung der Marktchancen des sich andernorts niederlassenden Freiberuflers erwarten lässt. Inwieweit dies angenommen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

2. Hat der Steuerberater bei seinem Ausscheiden aus der Sozietät keine Mandanten "mitgenommen", hat die Werbewirksamkeit des Sozietätsnamens dem Steuerberater beim Aufbau eines neuen Mandantenstamms keine nennenswerten Vorteile gebracht und liegt der Schwerpunkt der Einzelpraxis anders als derjenige der Sozietät auf der Betreuung nicht gewerblich tätiger Mandanten, kann aus der Gewinnung neuer Mandate auch innerhalb des Einzugsgebiets der Sozietät nicht geschlossen werden, der Steuerberater habe nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen seiner Beteiligung an der Sozietät übertragen.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 3, § 16 Abs. 2, § 34 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und ggf. in weichem Umfang der vom Kläger bei seinem Ausscheiden aus der mit dem Beigeladenen betriebenen Steuerberatersozietät Ende 1992 erzielte Veräußerungserlös i.H.v. 101.321 DM nach §§ 18 Abs. 3, 16 Abs. 2 bis 4 und 34 Abs. 1 und 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerbegünstigt ist.

Der Kläger und der Beigeladene haben sich 1979 zu einer Steuerberatersozietät zusammengeschlossen. Sie betrieben ihre gemeinsame Praxis in und zwar zunächst in der, später in der. Die zur Führung der Praxis erforderlichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens überließ der Beigeladene der Sozietät zur Nutzung. An den nach § 4 Abs. 3 EStG durch Einnahmeüberschußrechnung ermittelten Gewinnen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) waren der Kläger zuletzt zu 35 v.H., der Beigeladene zu 65 v.H. beteiligt. Die Sozietät erzielte ihre Einnahmen überwiegend aus der Betreuung von Handwerks- sowie kleiner und mittlerer Einzelhandelsbetriebe, für die sie neben den Abschlüssen auch die laufende Buchführung erledigte. Die nahezu ausschließlich (zu 96 v.H.) im Zuständigkeitsbereich der Finanzämter, und wohnhafte bzw. geschäftsansässige Mandantschaft wurde von den beiden Gesellschaftern gemeinsam betreut.

Im November 1992 kamen sie überein, ihre Zusammenarbeit zum Ende des Jahres 1992 zu beenden, wobei die bislang in Sozietät geführte Praxis – wie vor Gründung der GbR – vom Beigeladenen wieder als Einzelpraxis betrieben werden und der Kläger vorübergehend noch – nach gesonderter Vereinbarung – als freier Mitarbeiter für Rechnung dieser Einzelpraxis tätig sein sollte. Unter Ziffer 4 des in diesem Zusammenhang geschlossenen Auflösungsvertrages vom 28. November 1992 (Bl. 8 ff. der Vertragsakten) verpflichtete sich der Kläger, „weder durch direkte noch durch indirekte Einwirkung den Übergang von Mandaten der durch diese Vereinbarung aufgelösten Sozietät auf sich selbst oder auf andere steuerberatende Personen oder Gesellschaften zu bewirken, noch für von der bisherigen Sozietät bzw. von betreute Mandanten in irgendeiner Weise tätig zu werden”. Nach den unter Ziffer 7 dieses Vertrages getroffenen Regelungen ging der auf den Kläger entfallende Anteil des Praxiswerts (Mandantenstammes) auf den Beigeladenen über. Die genaue Berechnung des – zunächst vorläufig mit „ca. DM 100.000” angegebenen – Veräußerungspreises sollte nach der Ermittlung und Verteilung des laufenden Gewinns des Geschäftsjahres 1992 erfolgen. Dies ist dann in der Weise geschehen, daß der Umsatz der letzten drei Jahre durch drei geteilt, der so ermittelte Wert dem Kläger in Höhe seiner Beteiligungsquote (35 v.H.) zugerechnet und hiervon für nicht nachhaltig erzielbare Umsätze (bereits beendete Mandate) ein Abzug vorgenommen wurde. Der nach dieser Methode in Höhe von 101.321 DM ermittelte Anteil des Klägers am Praxiswert der Sozietät wurde diesem vom Beigeladenen durch Verrechnung mit einer ihn aufgrund von Entnahmen treffenden Ausgleichsverpflichtung vergütet (vgl. die von beiden Gesellschaftern unterzeichnete Abrechnung vom 1. März 1994; Bl. 11 der Vertragsakte).

Eine Bilanz zum Stichtag der Auflösung der GbR wurde nicht erstellt. Die Gesellschafter waren sich einig, daß bei der Ermittlung des Gewinns für 1992 schwebende bzw. nicht abgerechnete Geschäfte außer Ansatz bleiben und auch offene Honorarforderungen, die sich per 31.12.1992 unstreitig auf 132.563,30 DM beliefen, nicht einbezogen werden sollten. Hiervon ausgehend wurde der laufende Gewinn der Sozietät des Jahres 1992 unter Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben de...

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