Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstellung der Zwangsvollstreckung
Tenor
Die Zwangsvollstreckung aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Finanzgerichts Berlin vom 28. Dezember 1993 (VII 425/92) und 10. Januar 1994 (VII 427/92) wird bis zur Zustellung des Urteils ohne Sicherheitsleistung eingestellt.
Tatbestand
I.
Die Antragsgegnerin erhob vor dem Finanzgericht Berlin Klage wegen Umsatzsteuer 1984 (VII 427/92) und wegen Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuer 1984 (VII 425/92). Beide Verfahren wurden mit Beschlüssen vom 11. November 1993 bzw. 8. Juni 1993 eingestellt. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Antragsteller auferlegt. Mit Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 10. Januar 1984 und 28. Dezember 1993 wurden die der Antragsgegnerin vom Antragsteller zu erstattenden Kosten auf … DM (VII 427/92) und … DM (VII 425/92) festgesetzt. Mit Umbuchungsmitteilung vom 1. März 1994 und nochmaliger Erklärung vom 30. Mai 1994 hat der Antragsteller gegen die Erstattungsforderung nebst Zinsen aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß VII 427/92 mit seiner Forderung wegen Umsatzsteuer 11/86 (Fälligkeit 20. Januar 1987) in Höhe eines Teilbetrages von … DM die Aufrechnung erklärt. Mit Umbuchungsmitteilung vom 11. Februar 1994 und nochmaliger Erklärung vom 30. Mai 1994 hat der Antragsteller auch wegen der Erstattungsforderung nebst Zinsen aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß VII 425/92 mit einem weiteren Teilbetrag wegen Umsatzsteuer 11/86 (Fälligkeit 20. Januar 1987) von … DM die Aufrechnung erklärt.
Nachdem die Antragsgegnerin beantragt hatte, gemäß § 152 Abs. 1 in Verbindung mit § 151 Abs. 2 Nr. 3 Finanzgerichtsordnung –FGO– die vorzunehmende Vollstreckungshandlung zu bestimmen, erhob der Antragsteller seinerseits Zwangsvollstreckungsgegenklage, mit der er beantragt, die Zwangsvollstreckung aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen für unzulässig zu erklären, hilfsweise eine einstweilige Anordnung ohne Sicherheitsleistung zu erlassen. Die Antragsgegnerin hat daraufhin ihren Antrag dahingehend konkretisiert, daß der Gerichtsvollzieher zur Pfändung des Guthabens des Antragstellers beim Postgiroamt Berlin angewiesen werden.
Der Antragsteller ist der Auffassung, daß die Forderungen der Antragsgegnerin aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen durch die Aufrechnung erfüllt worden sind. Das von der Antragsgegnerin geltend gemachte Aufrechnungsverbot gemäß § 393 Bürgerliches Gesetzbuch –BGB– greife nicht ein, weil er keine vorsätzliche unerlaubte Handlung begangen habe. Es liege weder der objektive noch der subjektive Tatbestand einer vorsätzlichen Amtspflichtverletzung vor. Er verweise auf die Ausführungen der Oberfinanzdirektion Berlin –OFD– in der Beschwerdeentscheidung vom 24. August 1992 betreffend die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide 1984 bis 1986, in der die OFD zusammengefaßt festgestellt habe, daß das Vorgehen des Antragstellers die aus den §§ 88 und 92 Abgabenordnung –AO– abzuleitenden Verfahrensgrundsätze in vollem Umfang beachtet habe. Zweifel an der sachgemäßen Bearbeitung des Falles bestünden daher nach seiner Auffassung nicht. Erst die Ausführungen des Sachverständigen … in der mündlichen Verhandlung vor dem VII. Senat des Finanzgerichts Berlin am 10. Juni 1993 hätten ihn trotz fortbestehender Zweifel veranlaßt, die Auffassung der Antragsgegnerin zu akzeptieren und sodann einen geänderten Bescheid über Umsatzsteuer 1984 zu erlassen. Im übrigen habe die Antragsgegnerin nicht schlüssig dargelegt, daß ein Beamter des Antragstellers eine vorsätzliche Amtspflichtverletzung begangen habe.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, daß eine aufrechenbare Umsatzsteuerforderung für 11/1986 nicht mehr bestehe, da der Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid sich durch den Jahresumsatzsteuerbescheid erledigt habe. Im übrigen greife das Aufrechnungsverbot aus § 393 BGB ein, da eine vorsätzliche Amtspflichtverletzung des Antragstellers gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Grundgesetz –GG– vorliege. Das Aufrechnungsverbot erstrecke sich auch auf Folgeschäden, wie z. B. Kostenerstattungsansprüche (Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 13. November 1968 V U 188/67 in MDR 1969, 483). Die in den Hauptsacheverfahren VII 427/92 und VII 425/92 streitgegenständlichen Verwaltungsakte seien rechtswidrig gewesen. Sie beruhten adäquat kausal auf der Verletzung drittschützender Rechtsnormen. Das Finanzamt habe gegen die aus § 85 AO folgende Amtspflicht verstoßen; es habe nicht sichergestellt, daß Steuern nicht zu Unrecht erhoben oder Steuererstattungen oder -vergütungen nicht zu Unrecht versagt wurden. Das Finanzamt habe auch gegen die sich aus § 88 AO ergebende Amtspflicht, nach der auch die für den Steuerpflichtigen günstigen Umstände zu berücksichtigen seien, verstoßen. Die Behörde sei verpflichtet, das Vorbringen des mitwirkungspflichtigen Steuerpflichtigen zu berücksichtigen und dort fachkompetente Ermittlungen zu veranlassen, wo die als entscheidungserheblich erscheinenden Anknüpfungspunkte als Tatsachen ohne nennenswerten Verwaltungsaufw...