rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Einstufung eines Kombifahrzeugs
Leitsatz (redaktionell)
Für die steuerliche Einstufung von Kraftfahrzeugen sind nach Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO die verbindlichen Vorschriften über die Begriffsbestimmungen für Fahrzeugklassen und Fahrzeugtypen des EU-Gemeinschaftsrechts anzuwenden.
Bei nicht eindeutigen Abgrenzungsmerkmalen (z.B. bei sog. Kombifahrzeugen) gelten die von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungsmerkmale für die Zuordnung eines Fahrzeugs zum Bereich "Pkw" oder "Lkw" weiter.
Normenkette
StVZO § 23 Abs. 6a; KraftStG § 2 Abs. 2 S. 1; KrafStG § 8 Nr. 1
Tatbestand
Der Antragsteller ist seit dem 26. Februar 2004 Halter des streitigen Kraftfahrzeugs des südkoreanischen Herstellers KIA mit der Verkaufsbezeichnung SORENTO und dem amtlichen Kennzeichen xxx. Aus dem Fahrzeugschein ergibt sich die verkehrsrechtliche Fahrzeugart "Pkw geschlossen" mit dem Ergänzungshinweis: Das Fahrzeug ist technisch ein Kombinationskraftwagen. Der Fahrzeugschein enthält folgende weitere Daten: Erstzulassung 26.02.2004, Dieselmotor, Hubraum 2497 ccm, zulässiges Gesamtgewicht 2810 kg, fünf Sitzplätze.
Der Antragsgegner hatte das Fahrzeug zunächst nach dem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2800 kg als Lkw besteuert. Nach Aufhebung des § 23 Abs. 6a Straßenverkehrszulassungsordnung -StVZO- wurde das Fahrzeug mit Bescheid vom 17. November 2005 nach Maßgabe des Hubraums gemäß § 8 Kraftfahrzeugsteuergesetz -KraftStG- besteuert. Die bisherige (Lkw-)Jahressteuer von 172,00 Euro erhöhte sich dadurch auf 401,00 Euro jährlich. Zur Begründung des Änderungsbescheides führte der Antragsgegner in den Erläuterungen aus: "Die Besteuerungsgrundlagen für Ihr Fahrzeug haben sich infolge der Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO zum 1. Mai 2005 geändert. Die Besteuerung richtet sich ab diesem Stichtag ausschließlich nach objektiven Beschaffenheitskriterien, insbesondere nach Bauart, Einrichtung und äußerem Erscheinungsbild des Fahrzeugs. Bei hiernach vorrangig zur Personenbeförderung ausgelegten und gebauten Fahrzeugen (z. B. Geländewagen, Großraumlimousinen, Kleinbusse, Pickups) ist die Steuer nach dem Hubraum und den Schadstoffemissionen zu bemessen."
Der Einspruch des Antragstellers vom 15. Dezember 2005 ruht gemäß § 363 Abgabenordnung -AO-. Die Aussetzung der Vollziehung hat der Antragsgegner durch Bescheid vom 28. Dezember 2005 abgelehnt.
Mit seinem Antrag vom 26. Januar 2006 an das Gericht begehrt der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des streitigen Kraftfahrzeugsteuerbescheides. Er trägt - wie bereits im Vorverfahren - zur Begründung vor, die vom Antragsgegner vorgenommene Einstufung des streitigen Kraftfahrzeugs ab dem 1. Mai 2005 sei unzutreffend. Der Wegfall des § 23 Abs. 6a StVZO habe keine Auswirkung auf die Kraftfahrzeugbesteuerung. Das streitgegenständliche Fahrzeug müsse daher als "anderes Fahrzeug" unverändert auf der Grundlage des zulässigen Gesamtgewichts besteuert werden.
Da der Begriff des Personenkraftwagens im Kraftfahrzeugsteuergesetz nicht definiert sei, müsse auf die Bindungswirkung der verkehrsrechtlichen Bestimmungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG abgestellt werden. Nach Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO richte sich die steuerliche Einstufung nunmehr nach dem Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union, im Besonderen nach der EU -Richtlinie 2001/116/EG i. V. mit der EU -Richtlinie 70/156/EWG.
Danach würden Personenkraftwagen der Klasse M1 zugeordnet. Fahrzeuge der M1-Klasse mit der Aufbauart AF, die außer dem Fahrersitz nicht mehr sechs Sitzplätze hätten und zusätzlich die Formel P - (M + N x 68) ≫ N x 68 hinsichtlich ihrer technischen Beschaffenheit erfüllten, gehörten nicht zur Fahrzeugklasse M1.
Das Fahrzeug des Antragstellers erfülle diese Voraussetzungen.
Das Fahrzeug habe folgende technische Daten:
technisch zulässige Gesamtmasse in kg (P) 2810
Masse im fahrbereiten Zustand in kg (M) 2059
Zahl der Sitzplätze außer dem Fahrersitz (N) 4
Es ergebe sich folgende Berechnung:
2810 -(2059 + 4 x 68) ≫ 4 x 68
479 ≫ 272
Da das streitige Kraftfahrzeug bei Anwendung der Begriffsbestimmungen für Fahrzeugklassen und Fahrzeugtypen entsprechend der EU-Richtlinien die Merkmale eines AF Mehrzweckfahrzeugs erfülle, gehöre das Fahrzeug des Antragstellers nicht zur M1-Klasse und sei mithin kein Pkw und dürfe daher auch nicht als solcher besteuert werden.
Das streitige Fahrzeug sei nie ein Personenkraftwagen gewesen, sei es bis heute nicht und deshalb auch nicht wie ein Personenkraftwagen zu besteuern. Auf irgendwelche Eintragungen in irgendwelchen Fahrzeugscheinen und -briefen oder Zertifizierungen irgend-welcher Hersteller komme es bei korrekter und verpflichtender Anwendung der EU-Richtlinien überhaupt nicht an.
Die Annahme des Antragsgegners, mit dem ersatzlosen Wegfall der nationalen Pkw-Begriffsbestimmung sei ein beliebiger und definitionsfreier Beurteilungsspielraum, insbesondere nach den Gesichtspunkten der äußeren Fahrzeugerscheinung gegeben, sei unzutreffend. Sie widerspre...