Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachholung des Hinweises nach § 181 Abs. 5 Satz 2 AO in der in einem späteren Jahr als der Ausgangsbescheid ergangenen Einspruchsentscheidung bei für eine Einheitswertfortschreibung bereits eingetretener Feststellungsverjährung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei für eine Einheitswertfortschreibung bereits eingetretener Feststellungsverjährung stehen dem Finanzamt mit § 25 BewG und § 181 Abs. 5 AO zwei alternative Methoden (vgl. FG Hamburg, Beschluss v. 30.7.2013, 3 K 55/13) zur Verfügung. Bei Anwendung von § 25 BewG ergeht der Bescheid als Ganzes auf den entsprechenden Fortschreibungszeitpunkt, bei Anwendung von § 181 Abs. 5 AO ergeht der Bescheid auf den eigentlich zutreffenden Fortschreibungszeitpunkt mit Zusatz.
2. Ist in einem Grundlagenbescheid (hier: Zurechnungsfortschreibung Einheitswertbescheid) der erforderliche Hinweis gemäß § 181 Abs. 5 Satz 2 AO unterblieben und ergeht die die Nachholung des Hinweises enthaltende Einspruchsentscheidung in einem späteren Jahr als der Ausgangsbescheid, so ist die Nachholung des Hinweises gemäß § 181 Abs. 5 Satz 2 AO nicht mehr möglich – soweit zum Zeitpunkt der Nachholung die Festsetzungsfrist für die abhängigen Folgesteuern (hier: Grundsteuer) bereits abgelaufen ist. Zwar kann in dem nachgeholten Hinweis auch ein konkreter Zeitpunkt angegeben werden, aber dieser muss dann auch richtig sein bzw. darf jedenfalls nicht zu früh liegen.
Normenkette
AO § 181 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 S. 2, § 171 Abs. 3a, § 169; BewG § 25 Abs. 1, § 132 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Der Einheitswertbescheid – Zurechnungsfortschreibung – auf den 01.01.1991 vom 02.11.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16.05.2018 wird aufgehoben.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Der Gerichtsbescheid ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine Einheitswert-Zurechnungsfortschreibung, die nach Eintritt der Feststellungsverjährung erfolgt ist.
I.1.
Gegenstand ist das im Jahr 1936 mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück im Siedlungsbereich B… des Ortsteils C… der Gemeinde D…, heute postalisch E…-straße 12 in C…, im Kataster der Gemarkung C… Flur 14 Flurstück 151/44, vorgetragen im Grundbuch von C… des Amtsgerichts F… Blatt 759, früher postalisch E…-straße 7 im C…-B… und im Grundbuch von B… in Band 4 Blatt 101 vorgetragen.
2.
Aufgrund Kaufvertrags vom 10.05.1937 wurde das Grundstück mit Fortschreibungsbescheid vom 08.02.1938 (EW-A Bl. 8, neufoliiert Bl. 12) dem Erwerber G… zugerechnet.
Aufgrund eines Erweiterungsbaus kam es zur Wertfortschreibung auf den 01.01.1942 mit Bescheid vom 22.01.1942 (EW-A Bl. 21, neufoliiert Bl. 27). Hierbei wurde als Einheitswert 12.200 RM festgestellt. Der Einheitswert wurde dabei in einen (gemeint wohl: voll) steuerpflichtigen Teil in Höhe von 8.400 RM und einen steuerbegünstigten Teil von 3.800 RM aufgeteilt, was Auswirkungen auf die seinerzeitige Festsetzung des Steuermessbetrages hatte (EW-A Bl. 22, neufoliiert Bl. 28), der auf 90,00 RM festgesetzt wurde.
3.
Gemäß Erbschein vom 01.11.1938 (EW-A Bl. 56) wurde der am XX.XX.1938 verstorbene G… von seiner Ehefrau H… und seiner Tochter I… beerbt.
Gemäß Erbschein vom 24.05.1955 (EW-A Bl. 54) wurde die am XX.XX.1953 verstorbene H… von ihrer Tochter J… geb. I… allein beerbt.
Gemäß Erbschein vom 02.08.1983 (EW-A Bl. 57) wurde die am XX.XX.1978 verstorbene J… geb. I… vom Kläger, ihrem 1949 geborenen Sohn, allein beerbt.
Am 05.05.2017 war immer noch G… im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.
4.
Die Gemeinde D… setzte mit Bescheiden der Jahre von 1995 bis 2014 Grundsteuer gegen den Kläger fest. Als Bemessungsgrundlage wird in den Grundsteuerbescheiden ein Grundsteuermessbetrag von 13,36 DM (6,83 EUR), der sich aus dem Grundsteuermessbescheid vom 22.01.1942 ergeben soll, und ein Einheitswert von 3.800 DM genannt (EW-A Bl. 76, 75). Die näheren Hintergründe sind nicht bekannt. Die sich hieraus ergebende Grundsteuer wurde vom Kläger jeweils entrichtet.
5.
Am 20.09.2011 (EW-A Bl. 85) wurde für den Kläger Rechtsanwalt K… als Betreuer bestellt ohne Einwilligungsvorbehalt. Aufgabenkreise des Betreuers waren u. a. Vermögens-, Behörden- und Rechtsangelegenheiten.
Mit Beschluss vom 22.12.2017 (EW-A Bl. 120) hat das Amtsgericht F… die Betreuung des Klägers aufgehoben. In dem Beschluss ist ausgeführt, dass der Kläger sich der Zusammenarbeit mit seinem Betreuer vollständig entziehe, so dass dieser die Angelegenheiten des Betroffenen nicht besorgen könne. Der Kläger beziehe eine feste Leibrente in Höhe von ca. 6.000 EUR und komme damit gut aus. Er regele seine Finanzen mit der Bank selbst. Er sei auch für den mit der Untersuchung beauftragten Arzt für Neurologie und Psychiatrie n...