Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen eines Laborarztes bzw. Facharztes für klinische Chemie auch ohne persönliches Vertrauensverhältnis zu den jeweiligen Patienten nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG 2009 steuerfrei
Leitsatz (redaktionell)
Die Leistungen eines nicht über eine eigene kassenärztliche Zulassung verfügenden Facharztes für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik können auch dann nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG 2009 steuerfreie Heilbehandlungen darstellen, wenn kein persönliches Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient im konkreten umsatzsteuerlich zu beurteilenden Leistungsverhältnis besteht (gegen Tz. 4.14.1 und Tz. 4.14.5 Abs. 9 UStAE sowie BMF v. 26.6.2009, IV B 9 – S 7170/08/1009, BStBl I 2009, 756 und v, 20.11.2013, IV D 3-S 7170/11/10005, BStBl I 2013, 1581; Anschluss an FG Hamburg v, 23.10.2013, 2 K 349/12). Weder die Wortlaute noch die Zielsetzungen und Systematik des § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG 2009 oder des Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL noch die zur Auslegung heranziehbare Rspr. des EuGH und des BFH rechtfertigen die von der FinVerw. vertretene einengende Auslegung von § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG 2009 unter Abstellen auf das Erfordernis eines persönlichen Vertrauensverhältnisses.
Normenkette
UStG 2009 § 4 Nr. 14 Buchst. a, b S. 2 Doppelbuchst. bb; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. c
Nachgehend
Tenor
Die Umsatzsteuerbescheide 2009 bis 2012 jeweils in der Form der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 02.12.2013 werden dahingehend geändert, dass die Umsatzsteuer jeweils auf 0,00 EUR festgesetzt wird.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Umsätze des Klägers in den Jahren 2009 bis 2012 umsatzsteuerfrei sind.
Der 1944 geborene Kläger ist Facharzt für klinische Chemie und Laboratoriumsdiagnostik. Mit einem Vertrag über die Zusammenarbeit und Beratung vom xxxx.2009 zwischen ihm und der B. GmbH, einem Laborunternehmen, das entsprechende Leistungen für niedergelassene Ärzte, Rehakliniken, Gesundheitsämter und Krankenhäuser erbringt, wurde vereinbart, dass der Kläger diese Gesellschaft ab dem xxxx.2009 insbesondere diagnostisch auf dem Gebiet der Transfusionsmedizin, der Infektionsserologie, der Endokrinologie, der Autoimmundiagnostik und der Hämostaseologie sowie bei der Optimierung labororganisatorischer Abläufe unterstützt. Er sollte ferner transfusionsmedizinische Beratungen für die von der B. GmbH betreuten Krankenhäuser und Rehabilitationskliniken erbringen. Der Kläger sollte ferner nach dem Vertrag, von dem eine Abschrift in den beigezogenen Verwaltungsakten (Vertragsakte) enthalten ist, bei Bedarf in der Transfusionskommission mitarbeiten. Für seine Tätigkeit sollten dem Kläger monatliche Honorare von x.xxx,00 EUR zustehen. Seine eigene Laborpraxis hatte der Kläger früher an die B. GmbH veräußert. Er verfügte danach in den Streitjahren weder über eine eigene kassenärztliche Zulassung noch erfüllte er die besonderen Voraussetzungen, wie sie in § 4 Nr. 14 Buchst. b Umsatzsteuergesetz – UStG – in der durch das Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008 geänderten, mit Wirkung ab dem 01.01.2009 geltenden Fassung – nachfolgend: UStG 2009 – aufgeführt sind.
In den Streitjahren flossen dem Kläger nur Einnahmen aus dem mit der B. GmbH geschlossenen Vertrag zu, und zwar im Jahr 2009 xx.xxx,00 EUR und in den Jahren 2010 bis 2012 jeweils xx.xxx,00 EUR. Der Kläger gab hierfür keine Umsatzsteuererklärungen ab, weil er davon ausging, dass seine Umsätze aus dem Vertrag mit der B. GmbH als Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gemäß § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG 2009 steuerfrei seien. Das beklagte Finanzamt behandelte hingegen nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung seine Umsätze als zum Regelsteuersatz von 19 % steuerpflichtig. Leistungen klinischer Chemiker wie auch von Laborärzten beruhten nicht auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis zu den Patienten, wie es Voraussetzung für die Annahme von Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG 2009 sei. Die Leistungen des Klägers hätten höchstens unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 Buchst. b Satz 2 Doppelbuchstabe bb) oder cc) UStG 2009 steuerbefreit sein können, wenn die weiteren dort genannten Voraussetzungen, insbesondere Zulassungen oder Versorgungsverträge nach dem Fünften Buch des Sozialgesetzbuches – SGB V – vorgelegen hätten. Zwar verfüge die B. GmbH al...