Entscheidungsstichwort (Thema)
Erschließungsbeitrag für Ausbau einer bislang unbefestigten Straße durch Teilerrichtung einer Fahrbahn mit Fahrbahnentwässerung keine steuerbegünstigte Handwerkerleistung
Leitsatz (redaktionell)
Die Voraussetzung des § 35a Abs. 4 EStG für eine steuerermäßigte Handwerkerleistung, dass die Handwerkerleistung „in” einem Haushalt” des Steuerpflichtigen erbracht wird, ist bei der gebotenen räumlich-funktionalen Auslegung der Vorschrift nicht erfüllt, wenn das Grundstück schon bisher durch eine unbefestigte Straße erschlossen ist, diese Straße nunmehr von der Gemeinde durch Teilerrichtung einer Fahrbahn ohne Gehweg sowie Herstellung einer Oberflächenentwässerung ausgebaut sowie in einen Anliegerweg umqualifiziert wird und wenn der Grundstückseigentümer hierfür an die Gemeinde einen Erschließungsbeitrag zahlen muss (Abgrenzung zu BFH v. 20.3.2014, VI R 56/12).
Normenkette
EStG § 35a Abs. 3, 4 S. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen
Tatbestand
Die Klägerin und ihr Ehemann sind seit 2005 zu jeweils 50% Eigentümer des bebauten und zu eigenen Wohnzwecken genutzten Grundstücks B.-straße 11 in C.. Zugunsten des Landkreises D. sind im Grundbuch für dieses Grundstück zwei beschränkte persönliche Dienstbarkeiten (Geh- und Fahrrecht sowie Leitungsrecht) eingetragen.
Im Oktober 2009 beschloss die Gemeindevertretung C. unter anderem, die bislang unbefestigte B.-straße, in der das Grundstück der Kläger belegen ist, auszubauen. Dabei sollte die B.-straße ohne Gehweg ausgebaut und in einen Anliegerweg umklassifiziert werden. Der Senat nimmt Bezug auf die Amtliche Bekanntmachung im Amtsblatt für die Gemeinde C., Nr. 11/2009.
Mit Bescheid vom 22. Juli 2011 – adressiert an den Ehemann der Klägerin – setzte die Gemeinde C. für die Herstellung der B.-straße in C. eine Vorausleistung für die Teileinrichtung der Fahrbahn und der Oberflächenentwässerung in Höhe von EUR 3 115,77 fest. Die Klägerin überwies am 25. August 2011 einen Betrag in Höhe von EUR 1 115,77 an die Gemeinde C.. Einen weiterer Betrag in Höhe von EUR 2 000,– überwies der Ehemann der Klägerin von seinem betrieblichen Konto an die Gemeinde C..
Die Klägerin erhob gegen den Bescheid über Einkommensteuer 2011 Einspruch und begehrte nunmehr die Gewährung einer Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 Einkommensteuergesetz – EStG –. Insoweit machte die Klägerin 50% der Aufwendungen geltend.
Mit Endbescheid vom 15. November 2013 – adressiert an den Ehemann der Klägerin – setzte die Gemeinde C. für die Herstellung der B.-straße in C. einen Teil-Erschließungsbeitrag in Höhe von EUR 1 711,19 (als Restforderung aus der Erschließung) fest. Die Klägerin überwies diesen Restbetrag am 16. Dezember 2013 an die Gemeinde C..
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2013 machte die Klägerin den Restbetrag in Höhe von EUR 1 711,19 nach § 35a Abs. 3 EStG geltend. Der Beklagte erkannte diese Aufwendungen nicht an. Mit ihrem hiergegen erhobenen Einspruch begehrte die Klägerin nunmehr die Berücksichtigung von 50% der Aufwendungen.
Auf eine entsprechende Nachfrage der Klägerin teilten die Gemeinde C. und das beauftragte Unternehmen mit, sie könnten die entstandenen Baukosten nicht in Material- und Arbeitskosten aufschlüsseln.
Der Beklagte wies die Einsprüche als unbegründet zurück. Die Straße gehöre räumlich nicht mehr zum Haushalt der Klägerin. Zudem fehle es an der Haushaltsbezogenheit der Maßnahme.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, die Gemeinde C. habe den Ausbau der B.-straße als Erstausbau deklariert. Die Straßenentwässerung aus DDR-Zeiten sei zerstört gewesen. Deshalb sei immer wieder Niederschlagswasser in die Grundstücke und die Keller gedrungen. Der Ausbau der Straße sei daher auch im Hinblick auf die Herstellung einer geeigneten Entwässerung erfolgt. Die Straße sei ohne Gehweg erstellt worden. Jedoch sei beiderseits der Straße jeweils ein ca. 1,20 m breiter Grünstreifen angelegt worden, der weiterhin im Eigentum der jeweiligen Grundstückseigentümer stehe. Dementsprechend gehöre die Straße zu ihrem, der Klägerin, Haushalt. Die Arbeitskosten seien mit 70% zu schätzen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über Einkommensteuer 2011 vom 15. Februar 2013 und den Bescheid über Einkommensteuer 2013 vom 5. November 2014, in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11. Dezember 2014, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2015, dahingehend zu ändern, dass bei den Veranlagungen weitere Aufwendungen in Höhe von EUR 1 090,52 (2011) und in Höhe von EUR 598,92 (2013) nach § 35a Abs. 3 EStG berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung seines Antrags auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet gemäß § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – ohne mündliche Verhandlung.
Die zulässig...