Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzungszinsen bei Aussetzung der Vollziehung (AdV) eines wegen fehlender Bedeutung für eine Besteuerung letztlich nicht umgesetzten, aber infolge Klagerücknahme bestandskräftig gewordenen Feststellungsbescheids
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird ein Grundlagenbescheid angefochten und Aussetzung der Vollziehung gewährt, ist für die Beurteilung der endgültigen Erfolglosigkeit im Sinne des § 237 Abs. 1 Satz 2 AO ausschließlich auf das Ergebnis des gegen diesen Bescheid gerichteten Rechtsbehelfsverfahrens und nicht auf das Ergebnis des gegen den Folgebescheid gerichteten Rechtsbehelfsverfahrens abzustellen. Ist die Klage gegen den Feststellungsbescheid zurückgenommen worden, fallen also Aussetzungszinsen unabhängig davon an, dass der Feststellungsbescheid tatsächlich rechtswidrig war und deswegen später geänderte Feststellungsbescheide sowie geänderte Folgebescheide ergangen sind.
2. Bei bestandskräftigen Feststellungsbescheiden über Grundbesitzwerte tritt dadurch, dass das Erbschaftsteuerfinanzamt später die Bedeutung für die Besteuerung verneint, keine Änderung ein. Sie bleiben so, wie sie sind (vgl. Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil v. 23.10.2019, 3 K 3179/19, EFG 2020 S. 431). Ein wegen fehlender Bedeutung für eine Besteuerung letztlich nicht umgesetzter, aber infolge einer Klagerücknahme bestandskräftig gewordener Feststellungsbescheid kann daher im Falle einer zuvor aufgrund der Aussetzung dieses Feststellungsbescheides gewährten Aussetzung des Folgebescheides zur Festsetzung von Aussetzungszinsen führen.
Normenkette
AO § 171 Abs. 10, § 237 Abs. 1 Sätze 1-2, § 238 Abs. 1 S. 1, § 351 Abs. 2, § 361 Abs. 3 S. 1; BewG § 151 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit von Bescheiden über die Festsetzung von Aussetzungszinsen.
Die Eltern der Klägerin, Herr C… und Frau B…, gründeten mit notariellem Vertrag vom 22. November 2011 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Mit demselben notariellen Vertrag brachten sie in die neu gegründete Gesellschaft das Erbbaurecht an dem Grundstück D…-straße in E… einschließlich sämtlicher damit in Zusammenhang stehender Aktiva und Passiva ein. Sowohl die Neugründung der Gesellschaft als auch die Einbringung erfolgten jeweils mit Wirkung zum Ablauf des 31. Dezember 2011.
Mit demselben Vertrag schenkten die Mutter und der Vater der Klägerin ihrer Tochter jeweils einen Gesellschaftsanteil an der neu gegründeten Gesellschaft in einer Beteiligungsquote von einem Zehntel und traten diese Gesellschaftsanteile an sie ab. Die Schenkungen und Übertragungen der Gesellschaftsanteile erfolgten mit Wirkung zum 1. Januar 2012.
Die beiden Schenkungen wurden dem Beklagten mit Schreiben vom 9. Dezember 2011 durch den beurkundenden Notar angezeigt.
Das Finanzamt F… erließ aufgrund der Anforderungen des – für die Schenkungsteuer zuständigen – Beklagten am 16. August 2013 jeweils Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 22. November 2011 -Feststellungsbescheide I-, also den Tag des Abschlusses des notariellen Vertrages, für das Erbbaurecht an der D…-straße in E….
Der Beklagte setzte daraufhin mit Schenkungsteuerbescheiden vom 18. August 2014 – Schenkungsteuerbescheide I – gegenüber der Klägerin aus der Zuwendung ihrer Mutter und ihres Vaters „zum 22.11.2011 (notarieller Vertrag)” jeweils Schenkungsteuer in Höhe von EUR 59.925,00 fest.
Gegen die Feststellungsbescheide I legte die Klägerin jeweils fristgerecht Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt F… setzte die Vollziehung jeweils antragsgemäß aus und informierte den Beklagten über die gewährten Aussetzungen der Vollziehung.
Mit Bescheiden vom 25. August 2014 setzte der Beklagte jeweils die Vollziehung der Schenkungsteuerbescheide I gegenüber der Klägerin aus. Die Aussetzung der Vollziehung erfolgte jeweils „wegen der Aussetzung der gesonderten Feststellung des Grundstückswerts vom 16. August 2013 (Mitteilung des Finanzamtes F…)”.
Die Schenkungsteuerbescheide I wurden nicht angefochten.
Mit Einspruchsentscheidungen vom 6. Januar 2016 entschied das Finanzamt F… über die Einsprüche gegen die Feststellungsbescheide I und hob jeweils die Aussetzung der Vollziehung zum 8. Februar 2016 auf.
Die Klägerin erhob fristgerecht Klagen vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg gegen die Feststellungsbescheide I vom 16. August 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 6. Januar 2016. Weiter beantragte sie bei dem Finanzamt F… mit Schreiben vom 27. Januar 2016 die Feststellungsbescheide I für die Dauer der Klageverfahren auszusetzen. Das Finanzamt F… setzte die Vollziehung der Feststellungsbescheide I daraufhin antragsgemäß aus.
Die Aussetzung der Vollziehung der Schenkungsteuerbescheide I wurde von der Klägerin durch Zahlung der ...