Entscheidungsstichwort (Thema)
Englisches Nachschlagewerk und Elektro-Orgel als Arbeitsmittel bei Lehrern. Einkommensteuer 1971
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anschaffung eines in englischer Sprache abgefassten Nachschlagewerks führt bei einem Englischlehrer zu Werbungskosten. Es handelt sich um ein Arbeitsmittel, da es der Erweiterung des Sprachschatzes dient und Aufschluss über Verständnis und Verwendung bestimmter Begriffe im Englischen gibt.
2. Eine zum Zwecke der Unterrichtsvorbereitung angeschaffte Philicorda Elektro-Orgel stellt bei einer Musiklehrerin ein Arbeitsmittel dar.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 6
Tenor
Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1971 des Beklagten vom 25. Januar 1973 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 25. Mai 1973 wird die Einkommensteuerschuld 1971 der Kläger auf 7.275,– DM festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 594,– DM festgesetzt.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Die Kläger haben als Lehrer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger unterrichtet u. a. in den Fächern Sport und Englisch, die Klägerin u. a. in den Fächern Sport und Musik.
In der Einkommensteuererklärung 1971 machten die Kläger neben Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte weitere Ausgaben von 2.135,– DM für Bücher in englischer Sprache (20 Bände APE Encyclopedia, 2 Bände F&W Dictionary, 1 Band LC Schallplattenkurs, 10 Bände Book of Art. 1 Band Hammond World Atlas, 100 Fact Research Service, 10 Jahrbücher), von 551,– DM für Schulmappen und Sportbekleidung (3 Trainingsanzüge, 3 Paar Turnschuhe, 1 Turnhose, 1 Gymnastikanzug, 1 Paar Gymnastikschuhe) sowie von 1.512,– DM für eine Philicorda Orgel als Werbungskosten geltend. – Der Beklagte berücksichtigte von diesen weiteren Ausgaben in dem Einkommensteuerbescheid 1971 vom 25. Januar 1973 für den Kläger und die Klägerin pauschal je 300,– DM, insgesamt also 600,– DM als Werbungskosten – und wies den dagegen erhobenen Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 1973 zurück. Mit der Klage haben die Kläger nunmehr Aufwendungen von 2.032,40 DM für Fachliteratur in englischer Sprache, (143,– + 244,– DM =) 387,– DM für Sportbekleidung sowie Absetzungen für Abnutzung in Höhe von 2/12 von 20 v.H. der Anschaffungskosten für die Philicorda Orgel = 50,40 DM, also insgesamt 2.469,40 DM (vermindert um die bereits anerkannten 600,– DM) als Werbungskosten geltend gemacht. Sie haben ergänzend vorgetragen: Bei der Fachliteratur handele es sich im wesentlichen um ein Lexikonwerk in englischer Sprache mit zusätzlichen Spezialbänden (Book of Art, Hammond World Atlas) und Ergänzungsbänden zu der Encyclopedie. Der Fact Research Service bestehe aus Arbeitsblättern für die Ausarbeitung von Einzelproblemen. Der Schallplattenkurs diene der Vorbereitung und Durchführung des Unterrichts. Die Sportbekleidung werde außerhalb des Schulunterrichts nur in sehr geringem Umfang getragen. Die Philicorda Orgel sei zur Vorbereitung des Musikunterrichts erforderlich. Seinerzeit sei in der Schule nur ein sehr alter, defekter Flügel vorhanden gewesen.
Die Kläger haben beantragt,
unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1971 des Beklagten vom 25. Januar 1973 und der Einspruchsentscheidung vom 28. Mai 1973 weitere Werbungskosten von 1.869,80 DM anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dem Gericht lag Bd. I der Einkommensteuerakten des Beklagten zur Steuer-Nr. … vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger dadurch in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung –FGO–). Der Beklagte hat die von den Klägern bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für Bücher und Sportbekleidung sowie die Absetzungen für Abnutzung –AfA– für die Philicorda Orgel in dem angefochtenen Bescheid zu Unrecht weitgehend unberücksichtigt gelassen. Die Gegenstände dienen zumindest ganz überwiegend der Erledigung der beruflichen Aufgaben der Kläger und gehören daher zu den Werbungskosten.
Nach § 9 Abs. 1 Einkommensteuergesetz –EStG– sind Werbungskosten die Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu rechnen auch Ausgaben für Arbeitsmittel sowie Absetzungen für Abnutzung dieser Gegenstände (§ 9 Abs. 1 Nr. 6, 7 EStG). Nicht zu den Werbungskosten gehören dagegen die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung eines Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen; denn diese Aufwendungen dürfen nach § 12 EStG weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.
Ob die Aufwendungen für einen Gegenstand zu den Werbungskosten oder zu den n...