rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Einstellung der Vollstreckung und Erlass von Säumniszuschlägen. freiwillige Ratenzahlung des Schuldners
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Ablehnung der einstweiligen Einstellung der Vollstreckung ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn nicht absehbar ist, dass die Steuerschulden spätestens innerhalb eines Jahres getilgt sein werden, und der Schuldner auch nicht aufgezeigt hat, in welcher Weise seine Abgabenrückstände in absehbarer Zeit ohne Vollstreckungsmaßnahmen ganz oder wesentlich getilgt werden könnten.
2. Auch ohne das Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung kann die Anforderung von Säumniszuschlägen in voller Höhe sachlich unbillig sein, wenn dem Steuerschuldner Ratenzahlung als Maßnahme i. S. d. § 258 AO eingeräumt wurde, um auf die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit für eine längere Zeitspanne Rücksicht zu nehmen. Aus einer freiwilligen Ratenzahlung kann der Schuldner jedoch keinen Anspruch auf Erlass von Säumniszuschlägen ableiten.
Normenkette
AO §§ 5, 249, 258, 240, 227; FGO § 102
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Einstellung der Vollstreckung bis zur Tilgung seiner Abgabenrückstände durch Zahlung von monatlichen Raten.
Der Kläger ist …. Am 2. Januar 2018 begann er ein auf 12 Monate befristetes Arbeitsverhältnis als Produktionshelfer mit dem Unternehmen ….
Der Kläger schuldet dem Land … mit bestandskräftigen Bescheiden festgesetzte und seit dem 14. Dezember 2011 fällige Einkommensteuer 2008, Umsatzsteuer 2008 und Gewerbesteuer 2008 sowie steuerliche Nebenleistungen hierzu (Zinsen und Säumniszuschläge), die aus einer vom Kläger im Jahr 2008 ausgeübten selbständigen Tätigkeit resultieren und vom Beklagten vollstreckt werden. Auf die Abgabenrückstände zahlte der Kläger im Jahr 2011 insgesamt 159,68 EUR, im Jahr 2012 125,00 EUR, in den Jahren 2013 bis 2016 nichts, im Jahr 2018 insgesamt 850,00 EUR und seit Januar 2018 bis zum 3. Oktober 2018 insgesamt 1.550,00 EUR (= 150,00 EUR im Januar 2018, 200,00 EUR im März 2018, 200,00 EUR im Mai 2018 und jeweils 200,00 EUR monatlich seit Juni 2018). Durch vom Beklagten vorgenommene Umbuchungen von Steuererstattungsbeträgen zugunsten des Klägers erfolgte eine weitere Tilgung seiner Abgabenrückstände im Jahr 2011 i. H. v. 47,00 EUR, im Jahr 2016 i. H. v. 1.429,25 EUR und im Jahr 2018 i. H. v. 1.423,42 EUR.
Ausweislich eines Vermerks in den Vollstreckungsakten des Beklagten hatte der Kläger weitere Abgabenschulden gegenüber dem Finanzamt …, die sich am 17. April 2018 auf rund 20.000,00 EUR beliefen.
Am 5. Dezember 2016 machte der Kläger beim Amtsgericht … zum Aktenzeichen DR II … Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen in einem Vermögensverzeichnis. Daraus ergab sich, dass er ein Pfändungsschutzkonto bei der …-Bank unterhält und alleiniger Eigentümer des bebauten Grundstücks B.-Str. in … ist.
Wegen der Abgabenrückstände des Klägers wurden seit Oktober 2017 Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen, z. B. eine Pfändung von Arbeitslohn des Klägers am 24. Oktober 2017 bei der …-AG und eine Pfändung des Anspruchs des Klägers auf Rückgewähr oder Teilrückgewähr einer Grundschuld i. H. v. 160.000,00 EUR auf dem Grundstück B.-Str. am 25. Oktober 2017 bei der Bank … und die Eintragung einer Sicherungshypothek auf dem Grundstück B.-Str. mit Antrag vom 25. Oktober 2017.
Die …-AG teilte mit, dass der Kläger dort nicht mehr beschäftigt sei.
Die Bank … teilte mit, dass nach den mit dem Kläger als Darlehensnehmer getroffenen Vereinbarungen Zahlung ausschließlich auf die durch die Grundschuld gesicherte Forderung angerechnet werden. Die Grundschuld stehe der Bank … in voller Höhe bis zur Rückzahlung des Darlehens zu. Dem Kläger stünden zurzeit keine Ansprüche zu. Sollten solche Ansprüche entstehen, werde sie, die Bank …, die Pfändung des Beklagten beachten.
Die Sicherungshypothek wurde gemäß dem Antrag des Beklagten vom 25. Oktober 2017 am 3. November 2017 in das Grundbuch für das Grundstück B.-Str. eingetragen. Zu diesem Zeitpunkt waren – neben der vorgenannten Grundschuld der Bank … i. H. v. 160.000,00 EUR – eine vorrangige Sicherungshypothek i. H. v. 43.586,86 EUR zugunsten der Stadt …, eine vorrangige Sicherungshypothek i. H. v. 8.583,01 EUR zugunsten der …-Bank, eine vorrangige Sicherungshypothek i. H. v. 750,01 EUR zugunsten der … Leasing GmbH sowie eine weitere vorrangige Sicherungshypothek i. H. v. 25.644,83 EUR zugunsten der … Leasing GmbH in der Dritten Abteilung des Grundbuchs für das Grundstück B.-Str. eingetragen.
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2017 wandte sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers an den Beklagten und teilte Folgendes mit:
Der Kläger sei bestrebt, die Forderungen des Beklagten auszugleichen und höhere Raten zu leisten, und habe bereits dafür Sorge getragen, dass die ursprüngliche Forderung reduziert werde. Er habe zuletzt am 17. November 2017 eine weitere Teilzahlung i. H. v. 150,00 EUR Höhe erbracht....