Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerberichtigung wegen Uneinbringlichkeit einer auf absehbare Zeit nicht durchsetzbaren Forderung trotz Vereinbarung eines Kontokorrentverhältnisses zwischen Gläubiger und Schuldner
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Forderung ist nicht schon dann uneinbringlich i. S. von § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG, wenn der Leistungsempfänger die Zahlung nach Fälligkeit verzögert, sondern erst, wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann (Anschluss an BFH-Rechtsprechung).
2. Die von der Finanzverwaltung (vgl. Abschn. 223 Abs. 5 UStR 2000) vertretene Auffassung, wonach jedenfalls bei Überschreiten des Zahlungsziels um das zwei- bis dreifache der Zahlungsfrist, mindestens aber um mehr als sechs Monate bei objektiver Betrachtung von einer Uneinbringlichkeit auszugehen ist, ist grundsätzlich zutreffend. Von einer Uneinbringlichkeit kann auch bei späterer Vereinbarung eines Kontokorrentverhältnisses bzw. einer Stundung auszugehen sein, wenn dieser Einforderungsverzicht des Gläubigers einer baldigen Durchsetzung seiner Forderung entgegensteht.
Normenkette
UStG § 17 Abs. 2 Nr. 1 Sätze 1-2, Abs. 1 S. 2; UStR 2000 Abschn. 223 Abs. 5
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin (Erbin) ihres am 04.03.1996 verstorbenen Ehemannes A.. In der mündlichen Verhandlung hat ihr Prozessbevollmächtigter vorgetragen, Herr A. habe bis zu seinem Tode eine Steuerberater-Einzelpraxis in L. betrieben. Die Klägerin habe gemäß einer mündlichen Vereinbarung vom 30.12.1998 das Anlagevermögen sowie teilfertige Arbeiten dieses Steuerbüros auf die A. & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbH übertragen. Der Mandantenstamm sei von der Klägerin mit Wirkung vom 01.01.1999 an die A. & Partner GmbH verpachtet worden. Diese habe außerdem die Abwicklung der Praxis treuhänderisch für die Klägerin übernommen. Sie habe Kundenforderungen eingezogen und auch Verbindlichkeiten für die Klägerin getilgt. Soweit sich aus den Akten ein anderer Sachverhalt ergebe, sei dieser unrichtig. Der Beklagte hat dieser Sachverhaltsdarstellung nicht widersprochen.
Im Januar 2002 fand bei der Klägerin für die Einzelpraxis A., L., eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung betreffend den Zeitraum 1998 bis 2000 statt. In ihrem Bericht vom 25.02.2002 stellte die Prüferin u. a. fest, dass der Vorsteuerabzug aus mehreren Eingangsrechnungen zu versagen sei, weil die Rechnungen nicht beglichen worden seien. Es handelt sich hierbei um insgesamt sechs Rechnungen der X. Beratungs- und Treuhand GmbH und der L.-er Unternehmensberatung GmbH. Auf Ziffer 14. des Prüfungsberichts sowie die in der Prüfungsakte des Beklagten befindlichen Rechnungskopien wird Bezug genommen.
Den Einspruch der Klägerin gegen die entsprechend dem Prüfungsergebnis geänderten Umsatzsteuerbescheide 1999 und 2000 wies der Beklagte zurück, da die Klägerin die behaupteten Zahlungen auf die offenen Rechnungen nicht nachgewiesen habe.
Nach Klageerhebung hat der Beklagte die Vorsteuern aus drei, im Schriftsatz vom 17.11.2003 näher bezeichneten Rechnungen aus den Jahren 1996 und 1997 anerkannt und im geändertem Umsatzsteuerbescheid für 1998 berücksichtigt. Im Erörterungstermin vom 24.05.2005 hat die Klägerin erklärt, sie schränke ihr Klagebegehren auf die Berücksichtigung der Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen der X. GmbH vom 08. Februar 1999 und 16. März 2000 ein.
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die rechtliche Würdigung des Beklagten entspreche nicht der Gesetzeslage. Zudem habe sie der Prüferin alle in den Jahren ab 1999 bis zum Prüfungszeitpunkt geleistete Zahlungen nachgewiesen. Sie – die Klägerin – habe mit der X. GmbH laufende und umfangreiche Kontokorrentbeziehungen unterhalten. Seit 1997 habe sie – die Klägerin – monatliche Abschlagszahlungen geleistet, ab dem Frühjahr 2000 vereinbarungsgemäß und ununterbrochen regelmäßige monatliche Zahlungen von 5.800 DM. Nach Tilgung älterer Rechnungen seien aus den in 2001 geleisteten Zahlungen insgesamt 10.942,31 DM und alle in 2002 gezahlten Beträge von insgesamt 35.585,88 EUR auf die Rechnung vom 08.02.1999 angerechnet worden. Die per 31.12.2002 bestehenden Restverbindlichkeiten seien bis Juli 2003 restlos getilgt worden. Dieser Sachverhalt werde durch die vorgelegte Bescheinigung der Rechnungsausstellerin bestätigt. Auf den Schriftsatz vom 22.07.2005 nebst Anlagen wird Bezug genommen. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Bevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt, auf die Rechnung aus 1999 sei im Jahre 1999 nichts gezahlt worden, weil noch ältere Verbindlichkeiten vorhanden gewesen seien. Dasselbe gelte hinsichtlich der Rechnung aus 2000.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide 1999 und 2000 in der Fassung der Einspruchsentscheidung derart zu ändern, dass die Umsat...