rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendungsbereich von § 70 Abs.3 EStG; rückwirkender Kindergeldantrag; grobes Verschulden bei Verschweigen von bekannten kindergeldrelevanten Informationen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Regelung des § 70 Abs. 3 EStG bezieht sich nur auf die Änderung oder Aufhebung einer zuvor erfolgten materiell fehlerhaften Kindergeldfestsetzung, nicht aber auf einen erneuten Kindergeldantrag, nachdem zuvor ein Kindergeldaufhebungsbescheid oder ein sogenannter Nullbescheid ergangen ist (Anschluss an Urteil des Finanzgerichts Münster vom 23. 10. 2000 4 K 6362/98 Kg, EFG 2001, 82).
2. § 66 Abs. 3 EStG a.F. -rückwirkende Zahlung von Kindergeld nur für die letzten sechs Monate vor Antragstellung- gilt nur für Erstanträge (Anschluss an Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 9. 10. 1998 II 1170/97, EFG 1999, 35), nicht aber für weitere Anträge, wenn z.B. die bestandskräftige Ablehnung eines Erstantrags später wieder korrigiert werden soll.
3. Wusste der Kindergeldberechtigte bei der Antragstellung, dass der zunächst arbeitslose Sohn wieder die Ausbildung aufgenommen hatte, wieviel der Sohn verdiente und dass er aufgrund einer Tätigkeit im Baubereich erhöhte Werbungskosten in Anspruch nehmen konnte (Verpflegungsmehraufwand Einsatzwechseltätigkeit) und hat er das alles der Familienkasse nicht mitgeteilt, so kann später der bestandskräftig gewordene, die Gewährung von Kindergeld ablehnende Bescheid aufgrund groben Verschuldens des Antragstellers nicht nach § 173 Abs.1 Nr.2 AO 1977 geändert werden.
Normenkette
EStG § 70 Abs. 3; EStG 1997 § 66 Abs. 3; EStG 2001 § 52 Abs. 62; AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 2; EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, Nr. 1, § 67
Gründe
Die Klägerin ist Mutter des im Dezember 1978 geborenen Sohnes A…, für den sie im Jahr 1996 Kindergeld erhielt.
Im Streitjahr 1997 befand sich der Sohn A… der Klägerin bis April 1997 in der Berufsausbildung, diese musste er aufgrund des Konkurses des Ausbildungsbetriebes unterbrechen. In der Zeit vom 01. bis 15. Mai 1997 war er arbeitslos, danach konnte er seine Ausbildung in einem anderen Ausbildungsbetrieb (bis Juni 1998) fortsetzen.
An Einkünften und Bezügen erzielte er im Jahr 1997:
Ausbildungsvergütung, Januar |
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DM 1.355,20 |
Ausbildungsvergütung, 15. Mai bis 31. Dezember |
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DM 11.792,89 |
./. Werbungskosten lt. ESt-Bescheid vom 18. Januar 1999 |
./. |
DM 5.364 |
Zwischensumme |
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DM 7.784,09 |
Konkursausfallgeld, Februar bis April |
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DM 3.337,74 |
Arbeitslosengeld, 05. – 15. Mai |
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DM 261 |
./. Unkostenpauschale |
./. |
DM 360 |
Zwischensumme |
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DM 3.238,74 |
Insgesamt |
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DM 11.022,83 |
Auf die Anlage N der Einkommensteuererklärung 1997 des Sohnes der Klägerin wird Bezug genommen.
Da die Klägerin zunächst Unterlagen vorgelegt hatte, aus denen der Beklagte Einkünfte für das Kind A… über der Einkunftsgrenze ermittelt hatte, lehnte er den ursprünglichen Antrag der Klägerin auf Gewährung von Kindergeld mit Bescheid vom 29. November 1996 ab und setzte das Kindergeld für das Kind A… ab Januar 1997 auf DM 0 fest. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Die Klägerin stellte am 09. Mai 1997 einen neuen Antrag auf Gewährung von Kindergeld. Sie erklärte darin, ihr Sohn habe bis 05. Mai 1997 eine Ausbildung zum Maurer gemacht, wobei er monatliche Einkünfte in Höhe von DM 1.355,20 erzielt habe. Darüber hinaus erhielt der Beklagte auf seine Anfrage beim Arbeitsamt Kenntnis, dass das Kind A… in der Zeit vom 05. Mai – 15. Mai 1997 arbeitslos gewesen war und ab 16. Mai 1997 eine Arbeit aufgenommen hatte. Anfragen an die Klägerin, Einkünfte und Bezüge des Kindes A… im Monat Mai 1997 mitzuteilen, blieben unbeantwortet.
Der Beklagte lehnte die Gewährung von Kindergeld mit Bescheid vom 10. Juni 1997 ab, da er davon ausging, das Kind A… sei berufstätig. Mit Bescheid vom 11. August 1997 lehnte er die Gewährung von Kindergeld ab dem Monat Mai 1997 ab. Diese Bescheide wurden bestandskräftig.
Am 09. April 1998 beantragte die Klägerin erneut Kindergeld. Sie teilte dem Beklagten die von ihrem Sohn erzielten Einkünfte und Bezüge mit, gab jedoch nicht an, dass ihr Sohn seine Ausbildung ab dem 15. Mai 1997 fortsetzen konnte. Der Beklagte lehnte den Antrag daher ab.
Der Beklagte hat am 21. Februar 2001 einen Änderungsbescheid erlassen, der gem. § 68 Finanzgerichtsordnung –FGO– zum Gegenstand des Verfahrens erklärt wurde und mit dem der Beklagte eine Korrektur der Bescheide vom 29. November 1996 sowie 11. August 1997 ablehnte.
Die Klägerin hat fristgerecht Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass ihr für ihren Sohn A… Kindergeld zustehe.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 21. Februar 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, Kindergeld für das Kind A… für Januar 1997 bis Dezember 1997 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
Der Beklagte hat zu Unrecht die Gewährung von Kindergeld für die Monate Januar 1997 bis April 1997 und September 1997 bis Dezember 1997 abgelehnt. Dadurch wurde die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Der Sohn der Klägerin ...