Entscheidungsstichwort (Thema)

Klage gegen Sachpfändung

 

Tenor

Die Pfändungsverfügungen vom 14.01.1997 und die Einspruchsentscheidung vom 22.10.1997 werden aufgehoben.

Das Finanzamt trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruches des Klägers abwenden, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Gründe

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Pfändung einer Couchgarnitur, zweier kleiner Tische und einer Schrankwand.

Die Kläger hatten zum Zeitpunkt der Pfändung Steuerrückstände in Höhen von 17.915,– DM zuzüglich steuerlicher Nebenleistungen in Höhe von 4.361,– DM. Die am 14.01.1997 gepfändeten Gegenstände befinden sich im Wohnzimmer der Eheleute und der, nach Angaben der Kläger, im Haushalt lebenden beiden minderjährigen Kinder. Den Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 22.10.1997 als unbegründet zurück.

Die Kläger haben im wesentlichen vorgetragen, die gepfändeten Gegenstände gehörten zum Hausrat. Diese würden sowohl im Haushalt als auch zur Berufsausübung genutzt. Sie seien dringend zur Ausübung des Gewerbes des Klägers notwendig, insbesondere für die Kundenberatung und Aufbewahrung der betrieblichen Unterlagen. Ein nennenswerter Erlös sei durch die Verwertung nicht zu erzielen. Der Zeitwert der Schrankwand liege unter 500,– DM.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Sachpfändung vom 14.01.1997 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22.10.1997 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er vorgetragen, zum Zeitpunkt der Pfändung wären die gepfändeten Gegenstände ausschließlich privat genutzt worden. Eine gewerbliche Nutzung sei nicht erkennbar gewesen. Es handele sich nicht um unpfändbaren Hausrat und der vorgetragene Zeitwert der Schrankwand sei nicht belegt. Das gepfändete Mobiliar habe einen geschätzten Wert von 1.600,– DM. Die Kosten der Vollstreckung und des Transports betrügen schätzungsweise 400, – DM.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die beigezogenen Akten des Beklagten sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Die Klage ist begründet.

Die Pfändung in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 22.10. 1997 verletzt die Kläger in ihren Rechten und ist daher aufzuheben (§ 100 Abs. 1 FGO).

Verwaltungsakte können vollstreckt werden, soweit nicht ihre Vollziehung ausgesetzt oder durch Einlegung eines Rechtsbehelfs gehemmt ist(§ 251 Abs. 1 AO). Die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen erfolgt durch Pfändung. Sie unterbleibt, wenn die Verwertung der pfändbaren Gegenstände einen Überschuß über die Kosten der Vollstreckung nicht erwarten läßt (§ 281 Abs. 1 und 3 AO). Ob dies der Fall ist, ist zu schätzen. Die Pfändung ist unverhältnismäßig, wenn der Überschuß nicht zumindest ein Mehrfaches der Kosten ausmacht (vgl. Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung, Rz. 7 zu § 281).

Die gepfändeten Sachen sollen bei der Pfändung auf ihren gewöhnlichen Verkaufswert geschätzt werden. Ist dies nicht möglich, so soll sie unverzüglich nachgeholt und ihr Ergebnis nachträglich in der Niederschrift über die Pfändung vermerkt werden (§ 813 Abs. 1 und 2 ZPO).

Das Gericht hat erhebliche Zweifel daran, daß bei einer Verwertung der gepfändeten Gegenstände ein die Kosten der Vollstreckung übersteigender Erlös zu erzielen wäre. Die vom Beklagten in der Sitzung widergegebene Einschätzung des Vollziehungsbeamten beruht allein auf Inaugenscheinnahme. Ein Wertgutachten liegt mehr als ein Jahr nach der Pfändung nicht vor; wobei selbst ein solches noch keine verläßliche Aussage zum erzielbaren Erlös zuläßt. Es ist nicht vorgetragen, daß es sich um besonders hochwertiges Mobiliar handelt. Angesichts der vielfältigen, auch preiswerten Angebote, auf dem Möbelmarkt ist ein Mehrfaches der vorgetragenen Kosten bei einer Versteigerung der gebrauchten Wohnzimmereinrichtung als Erlös wohl nicht zu erwarten. Dazu kommt insbesondere, daß ein Abbau, Transport und ggf. für eine Versteigerung notwendiger Wiederaufbau die nicht unerhebliche Gefahr von Beschädigungen und damit eines Wertverlustes in sich birgt.

Sachen deren Aufbewahren oder Fortschaffen unverhältnismäßige Kosten verursachen würde; deren Verwertung schwierig oder nur mit großem Verlust für den Vollstreckungsschuldner möglich wäre, sollen nicht gepfändet werden. Das gilt selbst dann, wenn keine anderen pfändbaren Sachen vorhanden sind; denn in derartigen Fällen wird der Vollstreckungsschuldner dem Staat um so früher zur Last fallen, je rücksichtsloser bei der Zwangsvollstreckung vorgegangen wurde (Tipke/Kruse, a.a.O unter Verweis auf § 42 Abs. 3 VollzA).

Der Pfändung sind nicht unterworfen, die in § 811 ZPO genannten beweglichen Sachen, die dem persönlichen Gebrauch und der Fortsetzung der Berufstätigkeit dienen und einer der Verschuldung angemessenen Lebensführung entsprechen (§ 295 AO i.V.m. § ...

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