Entscheidungsstichwort (Thema)
Günstigerprüfung im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach dem Monatsprinzip -anteiliger Kinderfreibetrag für Monate ohne Kindergeldzahlung nur wegen verspäteter Antragstellung
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die "Günstigerprüfung" nach § 31 Satz 4 des ab 1996 gültigen EStG gilt das Monats- und nicht das Jahresprinzip.
2. Haben Eltern nachweislich nur wegen verspäteter Antragstellung für die ersten Monate im Jahr 1996 kein Kindergeld erhalten, sind bei der Einkommensteuerveranlagung für diese Monate die anteiligen Kinderfreibeträge zum Abzug zu bringen.
Normenkette
EStG § 31 Sätze 3-4, § 32 Abs. 6, § 36 Abs. 2, § 66 Abs. 3
Nachgehend
BFH (Urteil vom 15.01.2003; Aktenzeichen VIII R 69/00) |
Gründe
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der sogenannten Günstigerprüfung nach § 31 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) auf den Kalendermonat oder das Kalenderjahr abzustellen ist.
Die Kläger sind Eltern des am 12.12.1978 geborenen Sohnes A...;. Sie versäumten es, für die Zeit ab Januar 1996 rechtzeitig einen Antrag auf Kindergeld zu stellen. Nach (verspäteter) Antragstellung wurde ihnen für den Zeitraum 01.03. bis 31.12.1996 Kindergeld in Höhe von 2.000 DM (10 × 200 DM) gezahlt bzw. nachgezahlt. Im Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 18.11.1997 gewährte der Beklagte auch für die Monate Januar und Februar 1996 keinen Kinderfreibetrag. Die Kläger legten deshalb Einspruch ein und beantragten, bei der Veranlagung den Kinderfreibetrag anteilig für diese Monate anzusetzen. Der Einspruch hatte insoweit keinen Erfolg.
Mit der gegen die Einspruchsentscheidung gerichteten Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend:
Ihnen stehe für die Monate Januar und Februar 1996 ein monatlicher Kinderfreibetrag für A...;. in Höhe von 522 DM zu. Bei der Günstigerprüfung nach § 31 Satz 4 EStG sei auf den Kalendermonat und nicht auf das Kalenderjahr abzustellen.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung den Einkommensteuerbescheid für 1996 zu ändern und einen Kinderfreibetrag in Höhe von 1.044 DM anzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Günstigerprüfung für den gesamten Veranlagungszeitraum, in dem das Kind steuerlich zu berücksichtigen sei, vorgenommen werden müsse. Eine anteilige Gewährung von Kindergeld und Kinderfreibetrag sei insoweit ausgeschlossen.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Die Klage ist begründet.
Nach § 31 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) wird die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes durch den Kinderfreibetrag nach § 32 oder durch Kindergeld nach dem X. Abschnitt bewirkt. Im laufenden Kalenderjahr wird dabei die gebotene steuerliche Freistellung zunächst durch die Zahlung des Kindergelds als Steuervergütung bewirkt. Die Zahlung erfolgt entsprechend § 71 EStG monatlich (§ 31 Satz 3 EStG). Wird die gebotene steuerliche Freistellung durch das Kindergeld nicht in vollem Umfang bewirkt, ist bei der Veranlagung zur Einkommensteuer der Kinderfreibetrag abzuziehen (§ 31 Satz 4 EStG). Der Abzug bemisst sich nach § 32 Abs. 6 EStG. Auch insoweit gilt das Monatsprinzip. Nach § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG ist in diesem Fall das Kindergeld zu verrechnen.
Nach dem den Familienleistungsausgleich bestimmenden Monatsprinzip ist danach ein Kinderfreibetrag bei der Veranlagung zur Einkommensteuer abzuziehen, wenn für einen Kalendermonat für ein Kind kein Kindergeld bezogen wurde, das Kind aber nach § 63 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen ist (siehe auch Urteil des Finanzgerichts München vom 11. November 1997 13 K 2792/97, EFG 1998, 370; Urteil des Finanzgerichts Münster vom 24. Februar 1999 13 K 7328/98 E, EFG 1999, 607).
Im Streitfall ist deshalb im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 1996 für die Monate Januar und Februar jeweils ein Kinderfreibetrag in Höhe von 522,00 DM in Abzug zu bringen, da die Kläger für diesen Zeitraum nachweislich kein Kindergeld erhalten haben. § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG steht dem nicht entgegen. Die Verrechnung nach dieser Vorschrift gewinnt nur Bedeutung für einen Monat, für den Kindergeld bezogen wurde.
Der Klage war daher stattzugeben.
Die Steuer lt. Urteil errechnet sich wie folgt:
Zu versteuerndes Einkommen lt. Einkommensteuerbescheid vom 27. Januar 1998 |
39.410,00 DM |
abzüglich Kinderfreibetrag in Höhe von (2 × 522,00 DM) |
1.044,00 DM |
Zu versteuerndes Einkommen lt. Urteil |
38.366,00 DM |
Steuer lt. Urteil |
3.780,00 DM. |
Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstellen
Haufe-Index 508776 |
EFG 2000, 569 (Auszug) |
DB 2000, 1439 |