Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendbarkeit des MiLoG auf ausländische Transportunternehmer. Rechtmäßigkeit einer Prüfungsverfügung. Aussetzung der Vollziehung
Leitsatz (redaktionell)
1. Das MiLoG ist bei summarischer Prüfung auch auf ausländische Transportunternehmer anwendbar.
2. Ernstliche Zweifel daran ergeben sich nicht bereits daraus, dass die Finanzgerichte in bisher zu dieser Frage ergangenen Hauptsacheentscheidungen stets die Anwendbarkeit des MiLoG bejaht, allerdings die Revision zugelassen haben.
3. Jedenfalls für Kabotagefahrten und grenzüberschreitende Beförderungen besteht eine Prüfungsbefugnis der Zollbehörden. Bei den diesbezüglichen Fahrern handelt es sich, soweit sie in Deutschland fahren, um im Inland beschäftigte Arbeitnehmer im Sinne von § 20 MiLoG. Eine Prüfungsverfügung ist jedenfalls nicht willkürlich, wenn die Durchführung derartiger Fahrten ernsthaft in Betracht kommt.
4. Etwaige Grundrechtseingriffe in Art. 12 und 14 GG wären bei summarischer Prüfung auf Grund der geringen Intensität und der Rechtfertigung des Eingriffs jedenfalls gerechtfertigt.
5. Eine Rechtswidrigkeit der Prüfungsverfügung ergibt sich bei summarischer Prüfung auch nicht aus einem etwaigen Verstoß gegen Unionsrecht.
Normenkette
SchwarzArbG § 2; MiLoG § 15 Abs. 1, §§ 17, 20; GG Art. 12, 14; AEUV Art. 28, 56, 153 Abs. 5; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Prüfungsverfügung, die auf Rechtsgrundlagen, die sich aus dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) bzw. dem Mindestlohngesetz (MiLoG) ergeben, gestützt wird.
Die Antragstellerin ist ein Transportunternehmen in der Rechtsform einer GmbH polnischen Rechts (Z, kurz: Z.) mit Sitz in Polen.
Im Rahmen einer Prüfmaßnahme des Antragsgegners im Zusammenhang mit einer Geschäftsunterlagenprüfung bei der A mit Sitz in Y wurde festgestellt, dass Arbeitnehmer der Antragstellerin als Kraftfahrer Einsatzzeiten auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erbracht hatten.
Unter dem Datum 30. August 2016 erließ der Antragsgegner eine „Prüfungsverfügung”, wonach bei der Antragstellerin gemäß §§ 2 ff SchwarzArbG eine Prüfung durchgeführt werden solle. Der Antragsgegner prüfe, ob
- die sich aus den Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Pflichten nach § 28a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch erfüllt werden oder wurden,
- auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen Sozialleistungen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch oder Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz zu Unrecht bezogen werden oder wurden,
- die Angaben des Arbeitgebers, die für Sozialleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch erheblich sind, zutreffend bescheinigt wurden,
Ausländer nicht
- entgegen § 284 Abs. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder § Abs. 3 Satz 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes und nicht zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerinnen beschäftigt werden oder wurden, oder
- entgegen § 4 Abs. 3 Satz 1 und 3 des Aufenthaltsgesetzes mit entgeltlichen Dienst- oder Werkleistungen beauftragt werden oder wurden
und
- Arbeitsbedingungen nach Maßgabe des Mindestlohngesetzes, des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und des § 8 Abs. 5 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes eingehalten werden und wurden.
Weiter wird in der Prüfungsverfügung ausgeführt, „die Behörden der Zollverwaltung prüfen zur Erfüllung ihrer Mitteilungspflichten nach § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 4 SchwarzArbG, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Steuerpflichtige den sich aus den Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht nachgekommen seien. Prüfungen der Geschäftsunterlagen hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitsbedingungen nach dem AÜG werden auch von den Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit als zuständige Erlaubnisbehörde durchgeführt. Die erforderlichen Daten werden beim Auftraggeber/Arbeitgeber, dessen Mitarbeitern und sonstigen Dritten (z.B. Subunternehmer) erhoben. Dies könne auch durch einen Listenausdruck aus einer automatisierten Datei geschehen. Die Prüfung der entsprechenden Unterlagen und Dateien erfolge vor Ort beim Auftraggeber/Arbeitgeber durch Mitarbeiter des Hauptzollamtes. Diese können die Herausgabe der zur Prüfung notwendigen Unterlagen durch den Auftraggeber/Arbeitgeber zur Prüfung in den Räumen des Hauptzollamtes verlangen.”
In der „Prüfungsverfügung” vom 30. August 2016 ist weder die Prüfmaßnahme bei der A erwähnt noch konkrete Arbeitnehmer.
Zusätzlich zur „Prüfungsverfügung” versandte der Antragsgegner ein Schreiben vom 30. August 2016 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung), in dessen Betreff er die „Durchführung des Mindestlohngesetzes (MiLoG)” angab. Die „Prüfungsverfügung” und ein Hinweisblatt waren als Anlagen bezeichnet. In dem Schreiben forderte der Antragsgegner die Antragstellerin unter Bezugnahme auf die Prüfungsmaßnahme bei der A auf, zusätzliche Angaben zu den Arbeitsverhä...