rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Für die Kostenfestsetzung maßgeblicher Umsatzsteuersatz auf die Vergütung des Rechtsanwalts bei einvernehmlicher Erklärung der Hauptsache: Beendigung des Rechtszugs im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 RVG erst im Zeitpunkt der gerichtlichen Kostenentscheidung über die Erledigung der Hauptsache. Rechtskraft eines Kostenfestsetzungsbeschlusses
Leitsatz (redaktionell)
1. Die nach dem RVG abzurechnende (Teil-) Leistung eines Rechtsanwalts ist die Prozessvertretung zur Durchsetzung des Klageanspruches und daher regelmäßig dann erbracht, wenn der Rechtsstreit in der jeweiligen Instanz in der Hauptsache (durch Urteil, Gerichtsbescheid, Beschluss mit Kostenentscheidung) beendet ist (§ 8 Abs. 1 Satz 2 RVG). Dieser Zeitpunkt bestimmt bezüglich der nach Nr. 7008 VV RVG zu erstattenden Umsatzsteuer auf die Vergütung, welcher Umsatzsteuersatz anzuwenden ist.
2. Ob ein Rechtszug beendet ist, bestimmt sich nach den jeweiligen verfahrensrechtlichen Bestimmungen. Haben die Verfahrensbeteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, findet das Klageverfahren in der Hauptsache zwar damit sein Ende, anhängig bleibt jedoch der Rechtsstreit wegen der Kosten, über die das Gericht durch Beschluss entscheiden muss. Dies bedeutet für die Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 RVG, dass der Rechtszug erst mit Ergehen der Kostenentscheidung vollständig beendet ist.
3. § 8 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 RVG begründet auch bei einer (noch) nicht rechtskräftigen bzw. nur vorläufig vollstreckbaren Kostenentscheidung die Fälligkeit der Vergütung des Rechtsanwaltes. Eine Kostenentscheidung ist mithin erst dann im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 RVG „ergangen,” wenn sie nach der maßgeblichen Verfahrensordnung wirksam ist. Voraussetzung ist mithin, dass die Kostenentscheidung den Verfahrensbeteiligten zugestellt oder bekannt gegeben worden ist.
4. Ist in einem Kostenfestsetzungsbeschluss – wenn auch mit unzutreffender Begründung – rechtskräftig über die Höhe der dem Prozessgegner zu erstattenden außergerichtlichen Kosten entschieden worden, bewirkt die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses, dass das Gericht an die getroffene Entscheidung gebunden ist. Die Änderung eines rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschlusses ist weder auf Antrag noch vom Amts wegen möglich (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 20.12.2019, 18 W 27/19, JurBüro 2020 S. 141).
Normenkette
RVG § 8 Abs. 1 Sätze 2-3; VV RVG Nr. 7008; FGO § 138 Abs. 1-2, § 149 Abs. 1; ZPO § 103 Abs. 1, § 104 Abs. 1, 2 S. 3; FGO § 155 S. 1; UStG § 12 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, § 28 Abs. 1
Tenor
Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
Die Erinnerungsführerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten des Erinnerungsverfahrens streiten um die Höhe der (zu erstattenden) Umsatzsteuer.
Die Erinnerungsgegnerin erhob mit anwaltlichem Schriftsatz vom 02. Februar 2017 Klage gegen die Erinnerungsführerin. Das Klageverfahren wurde unter dem gerichtlichen Aktenzeichen 5 K 0/19 geführt. Nachdem sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hatte, bestimmte das Gericht mit Beschluss (Aktenzeichen: 5 K 0/19) vom 03. Juli 2020, dass die Erinnerungsgegnerin [Klägerin] und die Erinnerungsführerin [Beklagte] jeweils 50 % der Prozesskosten zu tragen haben. Die Geschäftsstelle hat den Beschluss am 06. Juli 2020 ausgefertigt und an die Verfahrensbeteiligten versandt.
Mit Schriftsatz vom 09. Juli 2020 beantragte die Erinnerungsgegnerin unter Bezugnahme auf den Beschluss vom 03. Juli 2020 die Festsetzung der Kosten (Kostenausgleich). Sie machte dabei unter anderem einen Umsatzsteuerbetrag geltend, den sie unter Ansatz eines Steuersatzes von 19 % errechnet hatte. Hierzu führte sie aus, dass die dem Kostenfestsetzungsantrag zugrundeliegenden Leistungen – die Erstellung und Einreichung der Klageschrift, die Teilnahme an dem nichtöffentlichen Erörterungstermin am 08. August 2019, die Abgabe der Erledigungserklärung mit Schriftsatz vom 20. April 2020 – durchgängig in Zeiten erbracht wurden, zu denen ein Umsatzsteuersatz von 19 % maßgebend gewesen sei.
Die Erinnerungsführerin hielt dem Festsetzungsantrag unter anderem entgegen, dass die Umsatzsteuer lediglich 16 % betrage, weil das Prozessverfahren erst im Juli 2020 beendet worden sei. Maßgebendes Ereignis für die Bestimmung des Umsatzsteuersatzes sei die verfahrensbeendende Entscheidung des Gerichts in Gestalt des Beschlusses vom 03. Juli 2020.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die der Klägerin (Erinnerungsgegnerin) von der Beklagten (Erinnerungsführerin) zu erstattenden Kosten mit Beschluss (Aktenzeichen: 5 K 0/19) vom 03. November 2020 auf 1.408,13 Euro fest. Ihrer Berechnung legte sie einen Umsatzsteuersatz von 19 % zugrunde, weshalb in der festgesetzten Summe die Hälfte des insgesamt ermittelten Umsatzsteuerbetrages (449,65 Euro: 2 =) 224,83 Euro enthalten ist. Zur Begründung führte sie an, die Erklärungen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ...