Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsgebühr von 1,5 für ein Verwaltungsverfahren zur Klärung der Kraftfahrzeugsteuerpflicht für ein Kraftrad bei besonderem zeitlichen Aufwand des Anwalts. bei Kürzung der Gebühren eines Rechtsanwalts durch Anrechnungen auch Kürzung der Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Geschäftsgebühr i. S. d. Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (VV-RVG) ist eine Rahmengebühr i. S. d. § 14 Abs. 1 RVG und zudem eine Grundgebühr, die in allen Angelegenheiten anfällt, deren Erledigung durch die Gebühren der Nrn. 2300 ff. VV-RVG abgegolten wird. Sie gilt für alle Besprechungen einschließlich des gesamten Schriftverkehr mit dem Auftraggeber, dem Gegner und allen Dritten ab. Mit der Geschäftsgebühr werden insbesondere auch alle Nebentätigkeiten, die das Hauptgeschäft fördern und den beabsichtigten Erfolg herbeiführen, abgegolten.
2. Eine mit dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit begründete Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 kann nur gefordert werden, wenn der zeitliche Umfang der anwaltlichen Tätigkeit höher als üblich war.
3. Wegen des zeitlichen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit und der Schwierigkeit der Rechtssache ist der Ansatz einer Geschäftsgebühr für das Verwaltungsverfahren in Höhe einer Mittelgebühr von 1,5 gerechtfertigt, wenn die Kraftfahrzeugsteuerpflicht eines Kraftrades streitig war, diese allein von der Größe des (zutreffenden) Hubraums des Kraftrades abhing, wegen des Einbaus eines gestohlenen Motors erst dessen Hubraum durch Schriftverkehr mit der DEKRA und dem Hersteller des Kraftrades geklärt werden musste und wenn zudem das FA noch im Klageverfahren auf seinem bereits im Vorverfahren eingenommenen unzutreffenden Rechtsstandpunkt beharrt hat, indem es sich trotz bereits vor Erlass der Einspruchsentscheidung nachgewiesener (geringerer) Hubraumgröße des Kraftrades zu Unrecht an die (unveränderten) Feststellungen der Zulassungsbehörde hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen technischer Art (nicht geänderte Eintragungen in den Fahrzeugpapieren) gebunden fühlte, obwohl § 2 Abs. 2 S. 2 KraftStG eine Bindungswirkung nur für Personenkraftwagen und nicht für Krafträder anordnet.
4. Werden die Gebühren eines Rechtsanwalts durch Anrechnungen (Vorbemerkungen zu Teil 3 VV-RVG, Abs. 4) vermindert, kann auch die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV-RVG nur ausgehend von den verminderten Gebühren berechnet werden (Anschluss an das FG Düsseldorf v. 13.11.2009, 10 Ko 1382/08).
Normenkette
RVG § 14 Abs. 1 Sätze 1, 4; RVG Anl. 1 Nrn. 2300, 7002; VV-RVG Nrn. 2300, 7002
Tenor
Auf die Erinnerung vom 15. Februar 2010 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 10. Februar 2010 (2 K 113/08) werden die von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 198,37 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens hat der Erinnerungsführer zu tragen.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Höhe der anzusetzenden Geschäftsgebühr für das Verwaltungsverfahren.
Mit (dem ersten) Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7. Mai 2008 (Bl. 32), auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, wurden die Kosten antragsgemäß und rechtskräftig auf 80,33 EUR festgesetzt.
Mit Schriftsatz (zuletzt) vom 25. November 2008 (Bl. 44) beantragte der Erinnerungsführer die Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 7. Mai 2008 dahingehend, dass ein Streitwert i.H.v. 1.200 EUR und eine 2,5-fache Geschäftsgebühr für das Vorverfahren festzusetzen ist. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Anwaltstätigkeit im Vorverfahren umfangreich und rechtlich schwierig gewesen sei. Da der eingebaute Motor im Kraftrad („Piaggio”) ein Gestohlener gewesen sei, habe dessen geringerer Hubraum ermittelt sowie die Eigentumsfrage mit dem Vorbesitzer und versicherungstechnische Fragen geklärt werden müssen. Es hätten hinsichtlich der Betriebserlaubnis ein DEKRA-Gutachten bzw. eine Bestätigung des Herstellers „Piaggio” eingeholt werden müssen und das Kraftrad habe sich für einen Monat im Polizeigewahrsam befunden, was sämtliche Feststellungen erschwert und verzögert habe. Im Verwaltungsverfahren habe sich der Erinnerungsgegner (FA) unkooperativ gezeigt, wobei auch um durchgeführte Vollstreckungshandlungen gestritten worden sei. Rechtlich schwierig zu klären sei die Frage der Entstehung der Steuer gewesen und welche Nachweise zu erbringen seien. Da das FA viele Unterlagen angefordert habe, habe auch darin eine besondere rechtliche Schwierigkeit gelegen. Erst im Klageverfahren habe das FA der Klage stattgegeben und die Kfz-Steuer von ursprünglich 14 EUR auf 0 EUR herabgesetzt. Schließlich sei die Anwaltsgebühr nach freiem Ermessen des Anwalts zu erheben. Danach sei die 2,5-fache Gebühr angemessen und keineswegs erhöht.
Das FA hielt im Schriftsatz vom 13. Januar 2009 (Bl. 46) eine Gebühr i.H.v. 0,9 für gerechtfertigt, weil es Sache des Kläger...