rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsrechtliche Erinnerung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrG wegen Nichterhalts der zugrunde liegenden Kostenrechnung. Nichtabhilfeentscheidung der Verwaltung bezüglich der Erinnerung gegen eine Kostenrechnung keine Voraussetzung für die Befassung des Richters bzw. des Gerichts mit der Erinnerung. Unzulässigkeit der Beitreibung bei Nichterhalt der Kostenrechnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Rügt der Kostenschuldner, dass ihm die Kostenrechnung nicht wirksam bekannt gegeben worden sei, bevor Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn ergriffen worden sind, und dass die Vollstreckung deswegen unzulässig sei, so ist von einer auf § 8 JBeitrG in Verbindung mit § 66 GKG gestützten Erinnerung auszugehen. Erinnerungsgegner ist in diesem Fall die Landeshauptkasse und nicht etwa die Bezirksrevisorin, wenn es sich um eine Erinnerung des FG des Landes Sachsen-Anhalt handelt; der Zulässigkeit der Erinnerung steht nicht entgegen, dass keine Nichtabhilfeentscheidung der Landeshauptkasse als Erinnerungsgegnerin vorliegt.
2. Auch eine vollstreckungsrechtliche Erinnerung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrG ist nicht fristgebunden.
3. Eine Nichtabhilfeentscheidung z. B. des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder der Landeshauptkasse als Erinnerungsgegner ist nicht Zugangsvoraussetzung für die Befassung des Richters bzw. des Gerichts mit der Erinnerung. Der Kostenbeamte ist aber, solange noch keine gerichtliche Entscheidung ergangen ist, nach § 19 Abs. 5 Satz 1 GKG berechtigt und verpflichtet, den Kostenansatz zu ändern und damit der Erinnerung ggf. abzuhelfen, wenn er Fehler in der Kostenrechnung feststellt.
4. Aus § 4 Satz 1 JBeitrG ergibt sich im Umkehrschluss, dass eine Beitreibung nach dem Justizbeitreibungsgesetz unzulässig ist, wenn es an der Verpflichtung zur Zahlung oder zur Duldung der Vollstreckung fehlt. Die Vollstreckung darf nach § 4 Satz 1 JBeitrG erst dann durchgeführt werden, wenn der Vollstreckungsschuldner zuvor zur Leistung oder zur Duldung der Vollstreckung verpflichtet wurde; diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der Kostenschuldner die ursprünglich verschickte Kostenrechnung nicht erhalten hat und nach erneuter Bekanntgabe der Kostenrechnung die Kostenforderung fristgerecht bezahlt hat.
Normenkette
JBeitrG § 4 S. 1, § 8 Abs. 1 S. 1; GKG § 19 Abs. 5 S. 1, § 66 Abs. 1; FGO § 130 Abs. 1, § 133 Abs. 1 S. 3; KostVfG § 28 Abs. 2 S. 2, § 38 Abs. 2 S. 3
Tenor
Die Vollstreckung aus der Kostenrechnung (Kassenzeichen:) vom 28. Dezember 2020 war und ist unzulässig.
Tatbestand
I.
Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die zwangsweise Beitreibung der Forderung(en) aus der ihm unter dem 28. Dezember 2020 erteilten Kostenrechnung (Kassenzeichen:) zu dem von ihm anhängig gemachten finanzgerichtlichen Klageverfahren 5 K 7/20.
Der Erinnerungsführer erhob zunächst im Mai 2020 wegen der Einkommensteuer 2014 Klage bei dem Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt, die unter dem gerichtlichen Aktenzeichen 5 K 3/20 in das Prozessregister eingetragen wurde. Für dieses Klageverfahren erhielt der Erinnerungsführer im Juli 2020 eine Kostenrechnung (Kassenzeichen:) über 284,00 Euro, die er in der Folgezeit beglichen hat und die nicht Gegenstand des vorliegenden Erinnerungsverfahrens ist.
Mit Schreiben vom 13. Dezember 2020, das am gleichen Tag bei dem Finanzgericht einging, erhob der Erinnerungsführer sodann Klage wegen der Einkommensteuer für die Jahre 2015, 2016 und 2017. Diese Klage wurde in dem Prozessregister des Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt unter dem Aktenzeichen 5 K 7/20 eingetragen. Zu diesem Klageverfahren versandte das Finanzgericht an den Erinnerungsführer mit Datum 28. Dezember 2020 auf dem Postweg die Kostenrechnung (Kassenzeichen:) über die sog. Vorfälligkeitsgebühr in Höhe von 284,00 Euro. In der Kostenrechnung wird der Erinnerungsführer aufgefordert, die 284,00 Euro „binnen zwei Wochen” auf das näher bezeichnete Konto der Landeshauptkasse zu überweisen bzw. einzuzahlen.
Wegen der Kostenrechnung vom 28. Dezember 2020 kam es im Frühjahr 2021 zu einem Vollstreckungsversuch durch die Obergerichtsvollzieherin G., der der Erinnerungsführer mit Schreiben vom 05. April 2021 entgegentrat. Er führte in seinem Schreiben aus, dass er die Kostenrechnung zu seiner Klage (wegen der Einkommensteuer 2014) beglichen habe. Die Vollstreckungsmaßnahme sei daher für ihn nicht nachvollziehbar.
Nachdem die Landeshauptkasse das vorgenannte Schreiben dem Finanzgericht zugeleitet hatte, teilte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Finanzgerichts dem Erinnerungsführer mit Schreiben vom 14. Mai 2021 mit, dass das Verfahren wegen der Einkommensteuer 2015 – 2017 als weitere bzw. „zweite” Klage erfasst worden sei und er deshalb eine zweite Kostenrechnung – mit dem Kassenzeichen – erhalten habe. Dem Schreiben war jedoch keine Zweitschrift der genannten Kostenrechnung beigefügt.
Der Erinnerungsführer wandte sich sodann mit Schreiben vom 03. Februar 2022 an das Finanzgericht und bat um Mitteilung, wann ihm ...