rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldanspruch für arbeitsloses, unter 21 Jahre altes, formell nicht mehr als arbeitssuchend registriertes Kind bei Teilnahme an einer bei der Arbeitsvermittlung durchgeführten Informationsveranstaltung der Bundeswehr und telefonischer Absage eines Termins für ein Beratungsgesprächs mit dem Vermittler der Agentur für Arbeit wegen Kollision mit dem Termin für Gespräch mit dem Wehrdienstberater. Beweislast für nicht aktenkundiges Telefonat mit der Agentur für Arbeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Registrierung des arbeitsuchenden Kindes bzw. der daran anknüpfenden Bescheinigung der Agentur für Arbeit kommt keine echte Tatbestandswirkung für den Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG zu, so dass ein Kindergeldanspruch auch dann bestehen kann, wenn bei der Agentur für Arbeit elektronisch mit dem Hinweis auf „mangelnde Verfügbarkeit/Mitwirkung” die Löschung des Kindes aus der Bewerberliste der Agentur für Arbeit verfügt worden ist; entscheidend für den Kindergeldanspruch ist vielmehr, ob sich das Kind im konkreten Fall tatsächlich bei der Arbeitsvermittlung als Arbeitsuchender gemeldet hat bzw. diese Meldung alle drei Monate erneuert hat.

2. Ist ein Kind nach den Unterlagen der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit (oder einer nach § 6 a SGB II zugelassenen Dienststelle) nicht als Arbeitssuchender gemeldet ist, kommt eine Anwendung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nur dann in Betracht, wenn der Nachweis geführt wird, dass das Kind ernsthaft, aber erfolglos bemüht war, die Vermittlungsleistungen der Agentur für Arbeit in Anspruch zu nehmen, indem es sich regelmäßig mit der Arbeitsvermittlung in Verbindung gesetzt hat, um sich nach dem Stand der Vermittlungsbemühungen zu erkundigen oder auf Vermittlung eines Arbeitsplatzes zu drängen.

3. Durch Teilnahme an einer bei der Arbeitsvermittlung durchgeführten Informationsveranstaltung der Bundeswehr zur Gewinnung arbeitsloser Jugendlicher hat der volljährige Sohn an einer Vermittlungsmaßnahme der Agentur für Arbeit teilgenommen und hierdurch sein Bewerberangebot bzw. Vermittlungsgesuch erneuert, so dass der Kindergeldanspruch nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG auch dann für drei Monate weiterbesteht, wenn der Sohn mit dem bei der Informationsveranstaltung der Bundeswehr referierenden Wehrdienstberater einen Vorsprachetermin im Kreiswehrersatzamt vereinbart und deswegen telefonisch bei der Agentur für Arbeit ein für den selben Tag angesetztes Beratungsgespräch mit dem zuständigen Sachbearbeiter abgesagt hat.

4. Enthalten die Ausdrucke der elektronisch geführten Akten der Arbeitsverwaltung durchgängig keine Angaben dazu, ob und ggf. wann und zu welchen Terminen das arbeitsplatz- oder ausbildungsplatzsuchende Kind Einladungen zu Beratungsgesprächen bei der Arbeitsvermittlung oder Berufsberatung erhält, und sind regelmäßig neben Vermerken über den Inhalt einzelner Beratungsgespräche „nur” die Entscheidungen des Vermittlers, z. B. die Abmeldung aus der Arbeits- oder Ausbildungsplatzvermittlung, dokumentiert, nicht hingegen der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt, so können die Akten nicht den Beweis dafür erbringen, dass der Vortrag des arbeitslosen Sohnes, er habe den Termin für ein Beratungsgespräch telefonisch abgesagt, nicht zutrifft; hinsichtlich dieser telefonischen Mitteilung, die nicht Gegenstand der Akten der Arbeitsvermittlung ist, bedarf es mithin auch nicht des vollen Nachweises der Falschbeurkundung i. S. d. §§ 415 Abs. 2, 418 Abs. 2 ZPO.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1; SGB III § 38 Abs. 2, 4 S. 2, § 119 Abs. 1; ZPO § 415 Abs. 2, § 418 Abs. 2; FGO § 155

 

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit Streitgegenstand die Festsetzung von Kindergeld für die Monate März 2007 und April 2007 ist.

Der Bescheid der Beklagten vom 14. März 2007 wird in der Gestalt, den er durch deren Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2007 und den Änderungsbescheid vom 30. November 2007 gefunden hat, aufgehoben, soweit Kindergeld für die Monate Dezember 2006 bis Februar 2007 Streitgegenstand ist, und Kindergeld in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum von Dezember 2006 bis Februar 2007 festgesetzt.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Kindergeld für das im April 1986 geborene Kind K. für den Zeitraum von Dezember 2006 bis April 2007.

Die Klägerin bezog für ihren Sohn K. fortlaufend Kindergeld. Dieser hatte die Schulausbildung abgeschlossen und absolvierte danach bis zum 05. Mai 2006 eine Ausbildung zum Rettungssanitäter. Im Anschluss daran war er als Arbeitssuchender bei der Agentur für Arbeit X. gemeldet. Zum 07. November 2006 wurde der Sohn der Klägerin aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet. Als Grund ist in den als „Werdegang” bezeichneten Aufzeichnungen der Arbeitsvermittlung vermerkt: „Mangelnde Verfügbarkeit / Mitwirkung.” Aus den als „Kundenhistorie” bezeichneten Aufzeichnungen der Arbeitsvermittlung ist zu ersehen, dass die ...

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