Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung. Nachlasspfleger ist gesetzlicher Vertreter der unbekannten Erben. Schätzung der Erbschaftsteuer bei unbekannten Erben
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Nachlasspfleger ist der gesetzliche Vertreter der unbekannten Erben und hat u.a. die Aufgabe, diese zu ermitteln, den Nachlass zu verwalten und die Vermögensinteressen der unbekannten Erben wahrzunehmen. Zu seinen Pflichten gehört auch die Abgabe der Erbschaftsteuererklärung.
2. Der Nachlasspfleger ist der Bekanntgabeadressat, die unbekannten Erben sind die Inhaltsadressaten der Erbschaftsteuerbescheide. Dem Nachlasspfleger ist ein angemessener Zeitraum zum Auffinden der unbekannten Erben einzuräumen.
3.Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass das FA zur Festsetzung der Erbschaftsteuer aufgrund von teilweise nach Wahrscheinlichkeitsgrundsätzen ermittelten Besteuerungsgrundlagen befugt ist, wenn es die Besteuerungsgrundlagen, die die noch unbekannten Erben und ihre Erbanteile betreffen, nicht exakt ermitteln kann.
Normenkette
ErbStG § 31 Abs. 6, § 32 Abs. 2; AO § 162 Abs. 1 S. 1; FGO § 69 Abs. 3, 2 S. 2
Tenor
Der Antrag wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Die Entscheidung ergeht unanfechtbar.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Saarbrücken vom … zum Nachlasspfleger für die unbekannten Erben des am 26. Januar 2006 verstorbenen … bestellt. Nachdem der Antragsteller trotz wiederholter Aufforderungen keine Erbschaftsteuererklärung abgab, erließ der Antragsgegner am 17. Februar 2011 den Erbschaftsteuerbescheid für die unbekannten Erben mit folgenden Daten:
Wertpapiere/Aktien |
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Lt. Anzeige der BANK A vom … |
244.496,00 EUR |
Zinsen bis zum Todestag |
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Lt. Anzeige der BANK A vom … |
1.974,00 EUR |
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Summe Besitzposten |
246.470,00 EUR |
Abzügl. Erbfallkostenpauschale |
10.300,00 EUR |
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Wert des Erwerbs |
236.170,00 EUR |
Abzügl. persönl. Freibetrag (§ 16 ErbStG) |
…5.200,00 EUR |
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Stpfl. Erwerb nach Abrundung |
230.900,00 EUR |
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Erbschaftsteuer (Stkl. III, § 19 ErbStG, 23%) |
53.107,00 EUR. |
Dagegen legte der Antragsteller am 21. Februar 2011 Einspruch ein. Am 28. Februar 2011 beantragte er die Aussetzung der Vollziehung, die der Antragsgegner am 8. März 2011 bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe eines Änderungsbescheids gewährte, weil das Amtsgericht Saarbrücken am 28. März 2011 einen Mindestteilerbschein erlassen hatte.
Der Antragsteller reichte am 15. November 2011 eine Erbschaftsteuererklärung ein. Gemäß Teil-Erbschein vom 12. Dezember 2012 wurde Frau X (nachverstorben am 27. September 2006) Erbin zu einem 1/2 Anteil. Unter Berücksichtigung dieser Gegebenheiten erließ der Antragsgegner am 2. Mai 2013 einen erstmaligen Erbschaftsteuerbescheid für die Erbengemeinschaft Y und Z als Gesamtrechtsnachfolger nach Frau X. Empfangsbevollmächtigter war der Antragsteller. Die von der Bank angezeigten Vermögenswerte wurden mit einem 1/2 Anteil angesetzt. Des Weiteren änderte der Antragsgegner – ebenfalls am 2. Mai 2013 – den Bescheid vom 17. Februar 2011 gegen die unbekannten Erben. Auch in diesem Bescheid setzte er die von der Bank angezeigten Vermögenswerte mit einem 1/2 Anteil an. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung dieses Bescheides wies der Antragsgegner am 16. Juli 2013 zurück. Am 16. August 2013 ergänzte der Antragsgegner den Bescheid vom 2. Mai 2013 um die Vorläufigkeitserklärung nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO.
Am 25. Juli 2013 hat der Antragsteller beim Finanzgericht des Saarlandes sinngemäß beantragt sinngemäß,
die Vollziehung des Erbschaftssteuerbescheides vom 2. Mai 2013 in Form der Änderungsfassung vom 16. August 2013 bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ohne Sicherheitsleistung in voller Höhe auszusetzen.
Gegen die unbekannten Erben könne kein Erbschaftssteuerbescheid erlassen werden. Im Jahre 2011 sei in gleicher Sache bereits ein Verfahren zur Festsetzung der Erbschaftssteuer durchgeführt worden. Mit Schreiben vom 14. März 2011 sei die Vollziehung des Erbschaftsteuerbescheides vom 17. Februar 2011 ausgesetzt worden. Dieser Beschluss sei bis heute nicht aufgehoben worden.
Des Weiteren könne ein Erbschaftssteuerbescheid nicht ergehen, solange die Erben nicht bekannt seien. Vorliegend sei eine Schätzung „ins Blaue hinein” ohne Anhaltspunkte über die Zahl der Erben und deren Steuerklassen erfolgt. Noch nicht rechtskräftig stehe bisher lediglich fest, dass ein Herr O nicht Erbe geworden sei (FG Münster vom 7. Juli 2004 3 V 1796/04, EFG 2005, 883; BFH vom 21. Dezember 2004 II B 110/04, BFH/NV 2005, 704).
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung als unbegründet zurückzuweisen.
Der Steuerfestsetzung lägen die Mitteilungen nach § 33 ErbStG und die Angaben in der Steuererklärung bezüglich der Aktivwerte zu Grunde. Darüber hinaus habe der Antragsgegner die geltend gemachten Schuldposten und die voraussichtlichen Kosten der Nachlassregelung mindernd berücksichtigt. Die Höhe des steuerpflichtigen Erwerbs sei derzeit...