Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechtigung zur Schätzung, wenn der Übergang des Betriebes auf eine Gesellschaft nicht erklärt wird. Umsatzsteuer 1995

 

Leitsatz (amtlich)

Macht der Steuerpflichtige in seiner Einkommensteuererklärung keine Angaben zu den Einkünften aus einem von ihm in den Vorjahren ausgeübten Gewerbebetrieb, und gibt er auch weder eine Gewerbesteuererklärung für diesen Betrieb, noch Umsatzsteuervoranmeldungen oder eine Umsatzsteuerjahreserklärung ab, so bedeutet dies nicht zwingend, dass der Betrieb im fraglichen Veranlagungszeitraum nicht mehr ausgeübt worden ist. Liegen keinerlei weitere Hinweise für den Übergang des Betriebes auf eine neu gegründete Personengesellschaft vor, ist das Finanzamt nicht an einer Schätzung von Besteuerungsgrundlagen für die Umsatzsteuer gehindert.

 

Normenkette

AO 1977 § 162 Abs. 1

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger war in den Jahren 1992 bis 1995 an der D. und K. GbR beteiligt (Bl. 2 ESt 92, ESt 93 a.E., ESt 94 a.E., ESt 95 gegen Ende), die sich mit dem Vertrieb von Pfannen und Töpfen sowie Suppen und Soßen befasste (Bl. 21, 26). Daneben betrieb er seit 1992 einen Einzelhandel mit Autopoliturmitteln (Bl. 23, 26). Mangels Abgabe einer Gewerbesteuererklärung für 1995 schätzte der Beklagte den Gewerbegewinn des Einzelunternehmens im Gewerbesteuermessbescheid 1995 auf 6.300 DM (GewSt a.E.) und übernahm ihn in den Einkommensteuerbescheid 1995 des Klägers vom 7. September 1998. Der Einkommensteuerbescheid wurde bestandskräftig (ESt 95 a.E.).

Da der Kläger betreffend das Einzelunternehmen für das Streitjahr 1995 keine Umsatzsteuererklärung abgab, schätzte der Beklagte die Umsätze des Klägers in Anlehnung an den für das Vorjahr erklärten Jahresumsatz (11.309 DM, Bl. 2 Rs. USt 93) auf 12.600 DM und setzte ausgehend hiervon die Umsatzsteuer für das Streitjahr durch Bescheid vom 7. Oktober 1997 auf 840 DM fest (USt 95 a.E.). Den dagegen mit der Begründung, die Politur-Umsätze für 1995 seien bei den Umsätzen der GbR für dieses Jahr erfasst, fristgerecht eingelegten Einspruch (Bl. 2, 4 Rb), wies er durch Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 1999 als unbegründet zurück (Bl. 22 ff.). Die Einspruchsentscheidung wurde am Folgetag zur Post gegeben (Bl. 20).

Mit seiner am 29. Juni 1999 erhobenen Klage beantragt der Kläger (sinngemäß Bl. 1),

den Umsatzsteuerbescheid für 1995 in Form der Einspruchsentscheidung vom 26. Mai 1999 aufzuheben.

Er habe ausweislich seiner Einkommensteuererklärung für 1995 sein Einzelunternehmen im Streitjahr nicht mehr ausgeübt. Statt dessen seien die Umsätze aus der „Autopolitur” von der GbR getätigt worden, da sie als Handel mit Haushaltsartikeln zu deren Unternehmensgegenstand gehört hätten (Bl. 1, 26).

Der Beklagte beantragt (Bl. 21),

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Weder aus den Steuererklärungen des Klägers für 1994 und 1995 lasse sich entnehmen, dass sein Einzelunternehmen ab 1995 auf die GbR übergegangen sei, noch sei ersichtlich, dass und in welchem Umfange die Gesellschaft Umsätze aus dem Verkauf von Autopolitur versteuert habe (Bl. 32 f.). Vielmehr habe sich die GbR nach den Feststellungen einer Betriebsprüfung und ihrem Jahresabschluss für das Streitjahr lediglich mit dem Vertrieb von Kochgeräten sowie Suppen und Soßen befasst (Bl. 21, 23).

Für weitere Sachverhaltseinzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten und der beigezogenen Klageakten 1 K 211/99 und 1 K 212/99 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) ist Unternehmer, wer eine gewerbliche Tätigkeit selbständig ausübt. Der Unternehmer hat er für ein abgelaufenes Kalenderjahr eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung abzugeben (§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG). Geschieht das nicht, so hat das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen der Jahresumsatzsteuer zu schätzen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AbgabenordnungAO –).

2. Im Streitfall hat der Kläger zwar für 1995 weder Umsatzsteuervoranmeldungen noch die Jahreserklärung noch eine Gewerbesteuererklärung abgegeben und in seiner Einkommensteuererklärung auch keinen Gewerbegewinn aus seinem Einzelunternehmen mehr erklärt. Das allein bedeutet aber nicht zwingend, dass er im Streitjahr 1995 sein Einzelunternehmen tatsächlich nicht mehr ausgeübt hat. So findet sich weder in den dem Senat vorliegenden Steuerakten des Klägers noch in den beigezogenen Verfahrensakten 1 K 211/99 und 1 K 212/99 betreffend die von der GbR gegen den Beklagten eingeleiteten Klageverfahren der geringste Hinweis, dass der Kläger sein Einzelunternehmen ab 1995 förmlich auf die Gesellschaft übergeleitet oder ab dann den bislang selbständigen Verkauf von Autopoliturmitteln zumindest faktisch nur noch namens der GbR betrieben hat. Nach dem gesamten Inhalt der vorgenannten Klageakten der Gesellschaft bestand deren Unternehmensgegenstand im Einklang mit den Feststellungen einer bei ihr f...

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