Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1993
Tenor
1. Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids für 1993 vom 29. März 1995 in Form der Einspruchsentscheidung vom 27. September 1995 wird die Einkommensteuer auf 16.878 DM festgesetzt.
2. Im übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern zu 4/5 und dem Beklagten zu 1/5 auferlegt.
4. Das Urteil wird hinsichtlich der Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war im Streitjahr 1993 Pastor im Dienste der Evangelischen Kirche im Rheinland. Seine Ehefrau erzielte als Büroangestellte Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit.
Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für 1993 machten die Kläger im Zusammenhang mit der Krankheit und dem Tod der Schwester der Klägerin (Frau … + 3. November 1993) stehende Aufwendungen in Höhe von 14.041 DM als außergewöhnliche Belastung geltend. Frau … befand sich zuletzt bis zu ihrem Tod infolge Leukämie im Universitätsklinikum … Sie lebte von ihrem Mann getrennt, der seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nachkam; wegen anderer Verbindlichkeiten unterlag er der Lohnpfändung. Die Verstorbene lebte von Sozialhilfe. Die minderjährigen Kinder befanden sich schon damals in einer Pflegefamilie. Der Vater von Frau … war bereits verstorben. Ihre Mutter bezieht eine Rente, die ihr nur die Übernahme der Kosten für den Grabstein erlaubte.
Außerdem machten die Kläger Aufwendungen für das Traueressen, für die Begleichung von Verbindlichkeiten der Verstorbenen, für Fahrten zum Rosenkranzgebet und zur Beerdigung, Besuchsfahrten in die Klinik nach F. in die Klinik nach L. einschließlich Verpflegungsmehraufwand sowie Kosten im Zusammenhang mit der Wohnungsauflösung geltend.
Der Beklagte hat im Einkommensteuerbescheid vom 29. März 1995 die Aufwendungen nicht anerkannt. Der hiergegen gerichtete Einspruch vom 28. April 1995 blieb ohne Erfolg. Die Einspruchsentscheidung vom 27. September 1995 wurde am gleichen Tage mittels einfachen Briefes zur Post gegeben. Am 27. Oktober 1995 haben die Kläger Klage erhoben.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids vom 29. März 1995 in Form der Einspruchsentscheidung vom 27. September 1995 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen in Höhe von 14.041 DM (abzüglich der zumutbaren Belastung) festzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet, nämlich soweit sie die unmittelbaren Bestattungskosten in Höhe von insgesamt 6.424,75 DM betrifft.
1. Steuerliche Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen
Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, daß der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz – EStG –) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG).
Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Die zumutbare Belastung beträgt bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte über 30.000 DM bis 100.000 DM bei zusammenveranlagten Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben, 5 v.H. des Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 33 Abs. 3 Satz 1 EStG).
2. Unmittelbare Beerdigungskosten
Beerdigungskosten (Erwerb und Herrichtung der Grabstätte, Sarg, Kränze, Transport, Gebühren usw.) sind grundsätzlich Nachlaßverbindlichkeiten und obliegen daher dem oder den Erben. Dritte, die nicht Erben sind, kann deshalb allenfalls eine sittliche Verpflichtung zur Übernahme derartiger Kosten treffen (vgl. BFH, Urteil vom 24. Juli 1987 III R 208/82, BStBl. II 1987, 715). So aber liegen die Verhältnisse im Streitfall:
Aufgrund der vor dem Tod von Frau … gegebenen familiären Situation ist davon auszugehen, daß die Totenfürsorge hier nicht den Erben, sondern – zumindest schlüssig – den Klägern übertragen war, welche zuletzt den engsten persönlichen Kontakt zur Verstorbenen unterhielten (vgl. Palandt. BGB, 55. Aufl., 1996, Rz. 9 Einl. vor § 1922). Als Inhaber der Totenfürsorge traf die Kläger die Pflicht, für eine würdige und alsbaldige Bestattung des Leichnams zu sorgen. Zwar steht dem Totensorgeberechtigten nac...