Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollrechtliche Einreihung von Camcordern, deren Funktionen durch eine Software nachträglich erweitert werden können
Leitsatz (redaktionell)
Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG vorgelegt:
Ist ein Camcorder, der bei der Einfuhr nicht in der Lage ist, extern eingehende Videosignale aufzuzeichnen, in die Unterposition 8525 4099 KN einzureihen, wenn bei ihm der Videoanschluss nachträglich durch Verwenden einer bestimmten Software als Videoeingang eingerichtet werden kann, obwohl der Hersteller und der Verkäufer auf diese Möglichkeit weder hingewiesen haben noch sie unterstützen?
Normenkette
ZK Art. 201 Abs. 2; KN Unterposition 8525 40 91; KN Unterposition 8525 40 99; Erl. KN Unterposition 8525 4099 Rz. 12.1; Erl. KN Unterposition 8525 4099 Rz. 12.6
Streitjahr(e)
2001, 2002
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Einreihung von bestimmten Camcordern in die Kombinierte Nomenklatur – KN -. Während die Klägerin die Camcorder der Unterposition 8525 40 91 KN mit einem Zollsatz von 4,9% zuweisen will, ist der Beklagte der Auffassung, die Geräte gehörten in die Unterposition 8525 40 99 KN mit einem Zollsatz von 14%.
Die Klägerin führte u.a. vom 6. Juli 2001 bis zum 28. Februar 2002 aus Japan von ihrer Konzernmuttergesellschaft hergestellte Camcorder der Modelle ......., ....... und ....... in das Zollgebiet der Gemeinschaft ein und ließ sie in dem ihr bewilligten vereinfachten Verfahren in den zollrechtlich freien Verkehr überführen. Die Camcorder meldete sie dabei unter der Unterposition 8525 40 91 KN an.
Die Camcordern der o.a. Modelle waren digitale Video-Camcorder, die im gleichen Gehäuse wie alle Bedienelemente u.a. über einen 2,5”-LCD-Bildschirm verfügten. Die Camcorder hatten einen optischen und digitalen Zoom, automatische Belichtungsprogramme und Einrichtungen zur digitalen Bildübertragung über die IEEE 1394 Schnittstelle. Zudem waren sie mit einem Stereomikrofon und mit einem integrierten Lautsprecher ausgerüstet. Ausgänge der Camcorder konnten unmittelbar oder auch über ein als Docking-Einheit bezeichnetes, mitgeliefertes Zubehör (Modell MV 3 MC) mit einem Fernsehgerät oder einem Videorecorder verbunden werden.
Zum Lieferumfang der Camcorder gehörten u.a. Anschlusskabel und Adapter für Anschlüsse.
Nach den den Modellen beigefügten Bedienungsanleitungen, hinsichtlich des Modells ..... jedoch einer Bedienungsanleitung des baugleichen Modells ........, können die Camcorder nur von ihnen selbst aufgenommene Daten auf andere Geräte übertragen (sog. „dv-out”).
Die Klägerin vertrieb zu jedem der o.a. Modelle auch ein Modell, das nicht nur die vom Gerät selbst aufgenommenen Daten auf andere Geräte übertragen, sondern von dritten Geräten auf den Camcorder übertragene Daten aufzeichnen konnte (sog. „dv-in”). Weder die Klägerin noch die anderen konzernangehörigen Gesellschaften der X/Japan boten an, Camcorder wie die hier streitigen Modelle nachträglich „dv-in”-freizuschalten oder Dritten diese Freischaltung zu ermöglichen.
In ihren Produktinformationen wies die Klägerin u.a. auf die unterschiedlichen technischen Möglichkeiten der hier zu beurteilenden Camcorder und ihrer „dv-in”-fähigen Schwestermodelle hin. Die Kaufpreisdifferenz zwischen den Modellen ..... und .....einerseits sowie ...... und ....... andererseits betrug gegenüber den Händlern 150 bis 160 DM (ca. 80 EUR).
Für die Modelle ......, ...... und ......boten und bieten gewerbliche Anbieter eine „dv-in”-Freischaltung durch Einsatz spezieller Software an.
Aufgrund einer von ihm angeordneten Außenprüfung der Einfuhrabgaben bei der Klägerin prüfte der Beklagte auch die Einreihung der von der Klägerin eingeführten Camcorder und kam in seinem Prüfungsbericht vom 19. Dezember 2002 in Tz. 3.14.4 zum Ergebnis, die Camcorder der o.a. Typen seien in die Unterposition 8525 4099 KN einzureihen, da sie nachträglich so eingestellt werden könnten, dass sie von dritten Geräten auf den Camcorder übertragene Daten aufzeichnen könnten. Dies führe zu erheblichen Zollnachforderungen.
Mit Steueränderungsbescheid vom 7. August 2003 nahm der Beklagte die Klägerin deshalb für Zoll in Höhe von 934.542,90 EUR in Anspruch.
Den dagegen fristgerecht eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 15. September 2004 als unbegründet zurück. Dazu führte er aus, es sei unerheblich, durch wen die nachträgliche Einrichtung einer Aufzeichnungsmöglichkeit von dritten Geräten übertragener Videodaten erfolge. Entscheidend sei allein das Bestehen dieser technischen Möglichkeit im maßgebenden Zeitpunkt.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, die Camcorder seien der Unterposition 8525 40 91 KN zuzuweisen. Sie seien - auch aufgrund ihrer Software - nur „dv-out” fähig. Zudem enthalte das Modell ...... eine ganz andere Hauptplatine als das „dv-in...