Entscheidungsstichwort (Thema)
Nacherhebung von Zoll für eingeführte nur durch den Entzug von Wasser hergestellte Apfelsaftkonzentrate
Leitsatz (redaktionell)
- Es bestehen Zweifel, ob eine Entscheidung des EuGH in dem bereits anhängigen Vorabentscheidungsverfahren C-522/07 (Beschluss des FG Düsseldorf vom 08.11.2007, 4 K 1248/06 Z), das die Einreihung von im Jahr 2005 eingeführtem Apfelsaftkonzentrat „mittleren” Zuckergehalts betrifft, auch die Beteiligten des Streitfalls bindet, in dem Einfuhren der Jahre 2001 und 2002 streitig sind und für die damit andere Fassungen des Anhangs I der KN anzuwenden sind.
- Dem EuGH wird daher ergänzend folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Ist die zusätzliche Anmerkung 5 b) zu Kapitel 20 der Kombinierten Nomenklatur in der Fassung der VOen (EG) Nrn. 2263/2000 vom 13.10.2000 und 2031/2001 vom 6.8.2001 gültig?
Normenkette
KN i.d.F. v. d.VO (EG) 2263/2000 Pos 2009 70; KN i.d.F. v. d.VO (EG) 2031/2001 Pos 2009 79; KN Pos 2106 9098; Kap 20 Anm. 2a; Kap 20 Anm. 5a; KN i.d.F. d. VO (EG) 1776/2001 Kap 20 Anm. 5b; EG Art. 234
Streitjahr(e)
2001, 2002
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Nacherhebung von Zoll für von ihr eingeführte Apfelsaftkonzentrate, die nur durch den Entzug von Wasser hergestellt worden waren.
Nach den Feststellungen des beklagten Hauptzollamts (HZA) ließ die Klägerin in der Zeit vom 13.11.2001 bis zum 11.10.2002 insgesamt 22 Sendungen Apfelsaftkonzentrat mit Zuckergehalt von 65,0 Grad Brix aus Polen in den zollrechtlich freien Verkehr überführen. Dabei meldete sie im Jahr 2001 die Ware unter der Unterposition 2009 70 30 der Kombinierten Nomenklatur (KN) und im Jahr 2002 unter der Unterposition 2009 79 19 KN an und entrichtete den für diese Unterpositionen der KN vorgesehenen Zoll.
Die Prüfungsbeamten des HZA waren hingegen der Ansicht, dass die eingeführten Apfelsaftkonzentrate nach der Zusätzlichen Anmerkung 5 zu Kapitel 20 den Charakter eines Fruchtsafts der Position 2009 verloren hätten und der Unterposition 2106 90 98 KN zuzuweisen seien.
Dementsprechend erhob das HZA von der Klägerin für das eingeführte Apfelsaftkonzentrat mit Bescheid vom 14.08.2003 insgesamt 146.765,78 EUR Zoll nach.
Den dagegen eingelegten Einspruch wies das HZA mit Einspruchsentscheidung vom 15.03.2005 als unbegründet zurück, da der Zuckergehalt der eingeführten Waren über 50 GHT liege. Fruchtsäfte seien als Zubereitungen von Früchten vom Kapitel 20 der KN und dort von der Position 2009 erfasst. Diesen Fruchtsäften könne auch Zucker zugesetzt sein. Der Begriff „zugesetzter Zucker” sei in der Zusätzlichen Anmerkung 5 a) zu Kapitel 20 festgelegt. Danach gelte als „zugesetzter Zucker” jeder Zucker, der nach Anwendung der Zusätzlichen Anmerkung 2 a) zu Kapitel 20 und nach Abzug des in der Zusätzlichen Anmerkung 5a zu Kapitel 20 genannten Wertes, der für Apfelsaft 11 beträgt, erhalten werde. Die Herstellung der Ware durch Wasserentzug ohne jeglichen Zusatz von Fremdzucker sei insoweit ohne Bedeutung. Daraus folge im Ergebnis für Apfelsaftkonzentrate, dass jeder den Wert 11 überschreitende Zuckergehalt als zugesetzt anzusehen sei.
Mit der am 28.09.2001 in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 1776/2001, mit der inhaltlich die Zusätzliche Anmerkung 5 b) zu Kapitel 20 eingeführt worden sei, verlören Fruchtsäften ihre ursprünglichen Charakter als Fruchtsaft der Position 2009, wenn ihr Gehalt weniger als 50 GHT Fruchtsaft betrage, wobei das Erzeugnis eine Dichte von weniger als 1.33g/cm³ bei 20 °C aufweisen müsse.
Da bestimmte Apfelsaftkonzentrate durch Einführung der Zusätzlichen Anmerkung 5 b) zu Kapitel 20 von der Position 2009 der KN ausgeschlossen worden seien, habe die Kommission zum 12.08.2004 die Zusätzliche Anmerkung 5 a) zu Kapitel 20 geändert. Diese Änderung wirke aber nicht zurück und sei deshalb hier unbeachtlich.
Zur Begründung ihrer fristgerecht erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, das eingeführte Apfelsaftkonzentrat habe seinen ursprünglichen Charakter als Fruchtsaft nicht verloren, da ihm kein Zucker zugesetzt worden sei. Die Ware sei aus Früchten und nur durch Wasserentzug hergestellt worden.
Aufgrund der Erwägungsgründe der Verordnung (EG) Nr. 1776/2001 gehe es bei der Zusätzlichen Anmerkung 5 b) zu Kapitel 20 um die Abgrenzung zwischen Fruchtsäften einerseits und Zubereitungen zur Herstellung von Getränken, insbesondere aromatisierten Sirupen andererseits, wobei der Zuckerzusatz bei Fruchtsäften keineswegs ausgeschlossen werde. Insoweit sei 50 GHT nur eine Mindestgrenze, die dann, wenn die Waren wie hier ausschließlich aus Fruchtsaft bestünden, keine Rolle spiele. Die Einfuhrwaren seien nämlich keine Sirupe, sondern Fruchtsäfte.
Der Begriff „Herstellung aus Früchten” in der Zusätzlichen Anmerkung 5 b) zu Kapitel 20 sei im Hinblick auf die Gleichsetzung mit der „Herstellung durch Verdünnen von konzentriertem Fruchtsaft” eng auszulegen und bezeichne nur den unmittelbar aus Früchten gewonnenen Saft, um ...